Für einen begeisterten Reisedrachen ist so eine Pandemie etwas ganz Furchtbares. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass ich mit Frauchen auf eine viertägige Tour gehen darf. Ist zwar quasi nur ums Eck, aber besser, als daheim bleiben. Die letzte Urlaubsreise ist einfach schon zu lange her.

Edelsteine und andere Felsen
15.06.2021

Und so sitzt ein total glücklicher Drache im Regionalexpress Richtung Homburg. Dort ist die Reise natürlich noch nicht zu Ende, aber nicht an jedes Ziel gibt es Direktzüge. Zum Glück ist die Bahn heute pünktlich und so erreichen wir alle Anschlusszüge.

Wir machen einen kleinen Umweg über Idar-Oberstein. Obwohl der Ort gar nicht so weit von daheim ist, waren wir hier noch nie. Tja, drache kennt sich in der weiten Welt oft besser aus, als in der Heimat. Die Bahnstrecke entlang der Nahe gibt es seit 1860, aber das mit der Namensgebung für den Bahnhof war überhaupt nicht einfach. Damals gab es nämlich noch zwei getrennte Städte und Idar wollte überhaupt keinen Bahnhof. Doch der war jetzt nun mal da und bekam den Namen Oberstein-Idar. Dann wurden die Städte zusammengelegt und der Name änderte sich in Idar-Oberstein. Ich frage mich, warum der jetzt plötzlich anders heißen musste. Fanden die Obersteiner wohl auch und überhaupt nicht lustig. Folglich entfernten sie kurzerhand Idar vom Schild.
Meine Güte, so viel Aufstand um einen Namen. Irgendwer hat dann wohl ein Machtwort gesprochen, denn heute prangt wieder Idar-Oberstein am Portal.

Idar Oberstein ist ja bekannt als Edelsteinstadt. Hier am Bahnhof beginnt er zwar nicht, der Edelsteinweg, aber es ist ja egal, wo wir einsteigen. Mal schauen, was ich heute so lernen kann.
1603 erbaute Hans Klein eine der ersten Achatschleifereien an der Auschleife. Die Herren von Oberstein schenkten ihm das notwendige Land und das Wasserrecht. Von wegen schenkten. So ganz umsonst war es dann doch nicht, denn jedes Jahr musste er einen Rosenkranz aus perfekten Steinen abliefern. Ich wüsste jetzt gerne mal, für wen sich der Handel mehr gelohnt hat.

Zum Schleifen war Wasser notwendig und das kam aus einem Teich, welcher vom Idarbach gespeist wurde. Dummerweise zerstörte ein Hochwasser 1918 den Damm. Vielleicht war das aber auch ganz gut, denn man stellte danach auf Elektrizität statt Wasserkraft um.

Läuft drache durch die Stadt, kann er auch heute noch alte Wohn- und Geschäftshäuser der Edelsteinbosse von damals entdecken. Natürlich wird hier heute nicht mehr geschliffen und auch keine Edelsteine mehr verkauft. Aber die Häuser sind recht schön anzuschauen.

Wo wir gerade bei den Industriebossen sind, mache ich noch einen Abstecher ins ehemalige Industrieviertel. Hier gründete der Schlossermeister Friedrich Jakob Bengel 1873 seine Fabrik für Uhrketten. Die steht heute noch und weil er Massenware maschinell herstellte und europaweit verkaufte, war er ziemlich erfolgreich.
Zuerst lebte die Familie über der Fabrik und wann immer die Nichte zu Besuch kam, meinte sie, es würde in der Wohnung schwanken. Hatte sie wohl nicht ganz unrecht, bei den vielen Maschinen, die in den unteren Räumen vibrierten. Unserem Hieronymus hätte es dort bestimmt gefallen. Als bekennender Kreuzfahrtdrache liebt er schwankende Böden.

Das Viertel entwickelte sich rasch zum Industriequartier der Stadt. Mit der Zeit entstanden hier schmucke Villen der Großfabrikanten, aber auch Wohnhäuser für die Arbeiter. Da hat es dann sicher nicht mehr geschwankt, wenn die Nichte ihren Onkel besucht hat.
Apropos Arbeiter. Zu jener Zeit vergab man den Job des Metallpolierers am liebsten an Frauen und bot ihnen einen hohen Lohn. Die waren bestimmt auch viel sorgfältiger als die Männer und mussten ja zu Hause auch das Besteck polieren. Oder glaubt ihr, die Männer hätten das gemacht?

Auf dem Weg zurück in die Stadt, habe ich den perfekten Blick auf die Felsenkirche. Wer hatte nur die glorreiche Idee eine Kirche hoch in den Fels zu hauen?
War da etwa kein Platz im Ort? Wegen Steinschlag musste der Weg hinauf immer wieder gesperrt werden. So leider auch heute. Ich hätte so gerne einen Blick ins Innere geworfen.

1742 wurde die Kirche durch herabstürzende Felsbrocken mal wieder schwer geschädigt. Zum Glück ist keinem ein Stein auf den Kopf gefallen. Doch genug ist genug, dachten sich die Einwohner und forderten einen neue Kirche im Dorf. Doch erst 222 Jahre später sollte der Wunsch in Erfüllung gehen. Bis dahin sind bestimmt noch einige Felsbrocken herabgestürzt.

Nach der vielen Lauferei durch die Stadt, verspüre ich ein Hüngerchen und versuche Frauchen ganz dezent Richtung Marktplatz zu locken. In Oberstein lag der Marktplatz im Mittelalter nicht im Zentrum, sondern außerhalb der Stadtmauer. Das war eher ungewöhnlich, aber bestimmt für die Händler einfacher, denn die Gassen waren doch recht eng.
Im 19.Jhdt musste der Marktplatz und seine Zufahrten abermals vergrößert werden. Leider wurden dabei zahlreiche Häuser abgerissen. Deshalb gibt es heute auch nur noch so wenig schöne Fachwerkhäuser.

Am Marktplatz entdecke ich den Brunnen des glücklichen Edelsteinsuchers. Vielleich hätte ich auch mal irgendwo buddeln sollen. Was so ein Steinchen wohl wert ist? Hätte bestimmt für ein paar Portionen Eis oder eine riesige Tafel Schoki gereicht.
Allerdings sind mir Edelsteine im Moment ziemlich egal, denn mein Drachenbauch grummelt. Frauchen sollte jetzt möglichst rasch eine Futterquelle finden, denn ein hungriger Drache kann ganz schön ungemütlich werden.

Direkt am Markt lädt ein Restaurant zum Schlemmen ein. Es heißt Spießbratenhaus und danach steht mir jetzt auch der Sinn.
Aber was ist das? Von Pommes und Krautsalat werde ich doch nicht satt. Die Kellnerin vertröstet mich, dass mein Spießbraten ganz frisch gemacht wird und gerade am Grill seine Runden dreht. Oh man, macht schneller, ich darbe.

Doch dann kommt eine riesige Portion, die ich gerne mit Frauchen teile.

Danach bin ich pappsatt und kann kaum noch laufen. Fliegen ist ganz ausgeschlossen. Der Spießbraten würde mich nach unten ziehen. Selbst ein Eis kann mich nicht locken, aber ich hoffe, dass wir die nächsten Tage noch mal eines verputzen.

Danach machen wir uns auf den Rückweg zum Bahnhof und ich werde zum Glück getragen. Mein letzter Blick gilt dem Schloss hoch oben auf dem Berg. Auch da kann man zur Zeit nur auf Umwegen hin, da Steinschlag droht.
Wirich II von Daun baute sich 1330 seine Burg auf dem Berg. Wer kommt eigentlich auf einen so bescheuerten Namen? Den wollte ich selbst als Drache nicht haben.
Sein Enkel, Wirich IV baute die Burg zu einer schlossähnlichen Residenz um und errichtete auch gleich die Felsenkirche. Na, da habe ich den Schuldigen ja gefunden. Klar, ein Adelsmann. Der musste ja auch nicht bei Wind und Wetter da hoch laufen, sondern konnte bequem per Pferd vom Schloss aus bergab reiten. Hätte ruhig auch mal an seine Untertanen denken können.

Kurz vor dem Bahnhof treffe ich auf dieses alte Café und Frauchen erzählt mir, dass drache hier früher bestimmt Hiebkouche und Deckeläppelekouche kaufen konnte. Wie gut, dass ich noch so satt bin, obwohl mir bei dem Gedanken an Kuchen schon das Wasser im Drachenmaul zusammenläuft. Aber was waren denn das für leckere Kuchen? Frauchen erklärt mir, die hätte die gute Hausfrau des sonntags gebacken. Ich glaube jetzt nicht, dass irgendeine Hausfrau damals nicht backen konnte, aber es gab bestimmt andere Gründe mal ins Café zu gehen, um ein Stück Kuchen zu essen.
Aber zurück zum Kuchen. Der Hiebkouche ist mein Lieblingskuchen, nämlich Hefekuchen und im Herbst mit Zwetschgen meine absolute Leibspeise. Beim Deckeläppelekouche handelt es sich um einen gedeckelten Obstkuchen. Auch sehr lecker.

Eine Stunde müssen wir noch fahren, bis wir in Gensingen ankommen. Es ist ziemlich heiß und ich wünsche mir jetzt ein kühles Hotelzimmer. Leider ist der Bahnhof ewig vom Hotel entfernt, aber irgendwann haben wir es dann doch geschafft. Zum Glück muss ich die Strecke nicht laufen, sondern darf im Rucksack reisen. Frauchen dachte sicher, dass sie so schneller vorankommt. Wo sie recht hat...
Die Sache mit dem kühlen Hotelzimmer bleibt leider ein Traum. Es gibt keine Klimaanlage und draußen ist es so heiß, wie drinnen. Da hilft auch lüften nichts.
Ich schnappe mir dann einfach Fernbedienung und die zwei Betthupferl und versuche es mit kühlen Gedanken. Frauchen ist es wohl auch zu heiß, denn sie versucht nicht mal Protest einzulegen.


über viele Brücken führt der Weg
16.06.2021

Heute wollen wir uns den RheinBurgenWeg von Trechtingshausen bis Bingen vornehmen. Dachten wir zumindest. Leider hat unser Zug von Gensingen Verspätung und der Anschluss ist natürlich pünktlich. Das reicht uns dann leider nicht zum Umsteigen und wir sehen nur noch die Hecklichter. So ein Mist! Der nächste Zug fährt nämlich erst in einer Stunde. Was tun? Kurzerhand schlage ich vor, die Tour umzudrehen und in Bingen zu starten.

Dazu müssen wir ein Stück am Rhein entlang, um am Hauptbahnhof Bingen in die Tour einzusteigen.
Schön zu sehen, dass bereits wieder Ausflugsschiffe auf dem Rhein unterwegs sind. Fahrkarte gibt es aber nur bei Nachweis eines der drei G (geimpft, genesen, getestet). Können wir heute alles nicht anbieten, aber wir wollen ja auch gar nicht mit dem Schiff fahren.
Kreuzfahrtschiffe sieht man aber leider noch keine.

Vom Hauptbahnhof Bingen müssen wir dann erst mal Höhe gewinnen. Ist hier auch nicht anders, als auf dem Burgensteig. Sehr zu Frauchens Freude geht es eher sanft bergan und schon bald haben wir ordentlich Höhe gewonnen.
Unter uns liegt der Mäuseturm von Bingen. Er soll wohl im 14. Jhdt als Zollwachturm oder als Signalturm gedient haben. Daher auch sein Name, der sich von Muserie (Geschütz) oder Muta (Wegzoll) ableiten soll.
Und das soll ich glauben? Wir Drachen stehen ja total auf Sagen und glauben, dass da auch immer ein Fünkchen Wahrheit dabei ist. Im 10. Jhdt herrschte eine Hungersnot. Erzbischof Hatto II hatte zwar gut gefüllte Kornkammern, wollte aber nicht mit dem armen Volk teilen.
Als sie nicht aufhörten zu betteln, hat er sie in eine Scheune gesperrt und diese anzünden lassen. Wie aus dem Nichts kamen daraufhin Tausende Mäuse aus allen Ecken. Um ihnen zu entkommen, fuhr er mit dem Schiff auf die Insel im Rhein. Doch der Plan ging nicht auf. Die Mäuse folgten und fraßen ihn bei lebendigem Leib auf. Ich frage mich jetzt, welcher Tod nun schlimmer war und ob Mäuse wirklich Menschen fressen? So ganz schlüssig scheint mir die Sage nicht zu sein. Vielleicht sollte man die noch mal umschreiben.

Kurz darauf entdecke ich auch den ersten Wegweiser des heutigen Tages. Wir sind also auf dem richtigen Weg. Noch könnten wir verschiedenen Zeichen folgen, doch ich entscheide mich für den RheinBurgenWeg und der wird uns den ganzen Tag begleiten.

Es geht weiter sanft bergauf. So gefällt uns das. Frauchen muss nicht dauernd Pause machen und ich brauche mir kein Gejammer anhören nach dem Motto “warum tu ich mir das immer wieder an”.

Trotzdem gewinnen wir stetig an Höhe und haben schon bald einen weiteren tollen Blick auf den Rhein.

Und Burg Ehrenfels auf der anderen Rheinseite. Auch sie war einst eine Zollburg. Jetzt weiß ich auch, warum so viele Burgen am Rhein gar nicht so weit oben auf dem Berg liegen. Da musste ja keiner nach Feinden Ausschau halten, sondern hier wurde Geld kassiert.

Der Rhein war bisher unser treuer Begleiter. Doch hier verlassen wir ihn jetzt. Wir haben andere Ziele. Villa Rustica hört sich spannend an, aber was ich von der Hängebrücke halten soll, weiß ich noch nicht so genau.

Doch bevor wir weiterwandern lockt uns das Forsthaus. Es hat einen wunderschönen Garten und draußen darf man ja wieder ohne Test essen.
Frauchen bestellt Salat mit gebackenem Ziegenkäse und der ist mehr als lecker. Die Limonade auch, doch weil ich so hibbelig bin und unbedingt testen will, habe ich sie doch glatt umgekippt. So ein Mist! Das war vielleicht eine Sauerei. Frauchen schaut schon ganz böse, aber der nette Kellner bringt uns rasch ein neues Glas und verlangt später nicht mal was dafür. Den mag ich. Der hat ein Herz für Drachen.
Gerne hätte ich zum Nachtisch noch einen Erdbeerbecher verdrückt. Daraus wird aber nichts, da heute keine Erdbeeren geliefert wurden. Ob das in diesem Urlaub noch was wird mit dem Eis?

Wir machen uns wieder auf den Weg. Nächstes Ziel die Hängebrücke und schon bald taucht sie zwischen den Bäumen auf.
Ach Frauchen, hättest du nicht einen anderen Weg wählen können?


Ich weiß ja nicht so genau, was ich davon halten soll.
Irgendwie sieht das Ganze ziemlich wackelig aus, aber wenn ich auf die andere Seite möchte, muss ich da durch. Ich bin ja eigentlich kein ängstlicher Drache und traue mir schon einiges zu, aber irgendwie hat wohl jeder so seine Phobie.

Vielleicht auch nicht ganz zu unrecht.
Auf halber Strecke wage ich einen Blick in die Tiefe. Zum Glück hält Frauchen mich gut fest, denn es geht hier ziemlich tief hinab.

Trotzdem bin ich froh, als die Brücke nicht mehr unter mir schwankt und ich auf der anderen Seite wieder festen Boden unter den Pfoten habe. Und wehe, es erzählt irgendjemand weiter, dass Wotan Angst vor Hängebrücken hat. Ich werde es vehement leugnen.
Den höchsten Punkt des Tages haben wir auch erreicht und können auf solchen Wegen das Tempo ein wenig erhöhen. Nicht, dass wir unter Zeitdruck wären und hell ist es ja auch locker bis acht Uhr, aber Schneckentempo muss jetzt auch nicht sein.

Apropos Schnecke. Manchmal trifft man im Wald schon auf seltsame Geschöpfe.
Für Frauchen ist das nur die lehmige Unterseite eines umgefallenen Baumes, aber die hat irgendwie auch keine Fantasie. Ich finde, dass sieht nach einem netten Wesen aus. Ich muss nur noch heraus bekommen, was für eins. Irgendwie ist es aber nicht sehr gesprächig. Ob es wohl doch nur ein umgekippter Baum ist?

Ach Menno! Und was soll das jetzt hier? Wollen die einen kleinen Drachen veräppeln?
Der Baum steht doch auf dem Kopf, oder. Ich habe jedenfalls noch keinen Baum mit solchen Ästen gesehen. Ist das hier jetzt verkehrte Welt oder warum hat man diesen Baum auf den Kopf gestellt?

Stellt euch mal vor, selbst die ollen Römer waren hier oben ansässig. Ich frage mich ja immer, ob das denn Sinn gemacht hat. Hätte man nicht besser den Rhein überwacht? Wer mag hier oben wohl lang gekommen sein? Bestimmt ging hier eine Handelsstraße durch.
Frauchen meint, das wäre einst ein Gutshof mit Feldern und Vieh gewesen. Da in der Gegend auch Militär stationiert war, sorgten die Bewohner dafür, dass die immer genug zu futtern hatten.
Von der Villa ist leider nicht mehr viel da. Da braucht es schon viel Drachenfantasie, um sich vorzustellen, wie sie mal aussah.

Oder ein schlaues Frauchen, dass dich an die richtige Stelle führt.
Nicht schlecht, die Herberge. 690 m² Wohnfläche, aufgeteilt auf vier Flügel, soll die Villa gehabt haben. Es gab sogar Fußbodenheizung, fließendes Wasser und schicke Bäder mit Mosaiken. Ist schon irre, was die da mal eben mitten in den Wald gebaut haben.
Trotzdem wäre es mir hier oben etwas zu langweilig gewesen.

Frauchen erzählt mir, dass wir gleich zur Klamm kommen. Da freue ich mich schon doll drauf, denn ich liebe solche Wege. Aber was bitte sind Steckeschlääfer?
Ob das irgend ein Fabelwesen ist, wie unsere Elwetritsche in der Pfalz? Leider ist es so etwas banales, wie Wanderer, die ihre Stöcke (Stecke) über den Boden schleifen (schlääfen). Jetzt bin ich ein wenig enttäuscht, denn die Erklärung gefällt mir irgendwie so gar nicht.

Heißt es nicht, über sieben Brücken musst du gehen? Na, das wird hier wohl nichts. Das waren eher 15. Können auch ein paar mehr gewesen sein, denn irgendwann bin ich mit zählen durcheinander gekommen. Auch freuen wir uns beide, dass wir die Tour umgedreht haben, denn so können wir abwärts durch die Klamm und den Weg besser genießen.



Immer an unserer Seite, der kleine Bach. Da hätten unsere Wasserdrachen Hannes und Hieronymus sich bestimmt gefreut. Der ist nämlich nirgends richtig tief oder sonst wie gefährlich. Da hätte Frauchen bestimmt ein Bad erlaubt. Ob die zwei hinterher in den Rucksack gedurft hätten, steht auf einem anderen Blatt.

Ich zähle so meine Brücken, hüpfe immer mal wieder an den Bach und finde den Weg richtig toll.
Doch irgendwie habe ich ein komisches Gefühl. Ich fühle mich beobachtet. Kann das denn sein oder habe ich jetzt Halluzinationen? Ich habe doch überhaupt keinen Alkohol getrunken.
Frauchen lacht, denn sie weiß warum. "Dreh dich doch mal um", schlägt sie mir vor "und schau dich genau um". Ich habe keine Ahnung, was sie meint, doch dann entdecke ich ihn. Aus dem Baum schaut mich ein Waldgeist an. Na, habt ihr ihn auch entdeckt?

Wenn drache dann erst mal weiß, worauf er achten muss, ist plötzlich der ganze Wald voller Geister. Doch die sind alle ganz lieb und harmlos.
Dann entdecke ich auf der anderen Seite des Baches ein Schwein. Ein wunderschöner Baumstamm führt hinüber aber Frauchen erlaubt mir nicht, auf die andere Seite zu balancieren. Sie ist da leider sehr eigen und Diskussionen bringen gar nichts.
Aber jetzt mal unter uns Drachen. Wo wäre denn da das Problem gewesen? Der Baumstamm ist breit, kein reißender Fluss in Sicht und in die Tiefe geht es auch nicht. Ich fürchte, Frauchen kennt mich zu gut. Sie weiß, dass ich alles versucht hätte, sie auch über den Baumstamm zu locken und das Risiko wollte sie wohl nicht eingehen.


Leider ist auch die schönste Klamm einmal zu Ende. So schade. Das war heute der beste Abschnitt dieser Tour und ich wäre gerne noch weiter durch die Schlucht gewandert und hätte Waldgeister gesucht. Es führt zwar eine weitere Brücke über den Bach, aber unser Weg biegt hier ab.
Ich muss aber dem Brückenwächter wenigstens schnell Hallo sagen. Ich würde mich auch gut als Brückenwächter machen, oder etwa nicht?

Wie gesagt, unser Weg biegt hier ab und ich kann bestätigen, dass wir noch immer richtig sind und dem RheinBurgenWeg folgen.

Allerdings entschließen wir uns dann doch, den direkten Weg zum Schweizerhaus zu wählen. Irgendwie ist uns nach einer Erfrischung.

Das Schweizerhaus ist zum Glück auch unter der Woche geöffnet. Bei uns im Pfälzerwald hat man da ja eher Pech mit den Hütten. So gönnen wir uns mit einer Apfelschorle eine kleine Rast mit Blick auf den Rhein. Den haben wir nämlich inzwischen wieder erreicht.
Eigentlich bräuchte drache überhaupt keinen Urlaub im Ausland machen. Es ist doch so wunderschön bei uns.


Gestärkt geht es weiter zur Burg Rheinstein. Manchmal übersieht drache vor lauter Schildern und Wegweisern den richtigen, aber Frauchen ist ja auch noch da und schnell sind wir uns über die Richtung einig.

Ich sag euch was, bei dem Abstieg bin ich jetzt heilfroh, dass wir heute morgen den Anschluss verpasst haben. Das sieht auf dem Foto gar nicht so steil aus, aber der Weg hat es in sich und Frauchen wäre längst wieder am Jammern. Doch zum Glück geht es für uns bergab und das ist auf diesem schmalen, steinigen Pfad auch alles andere als einfach. Nur die Puste geht einem nicht aus.

Kurze Zeit später entdecke ich eine Art Turm, aber keine Burg weit und breit. Ob der wohl zur nahen Burg Rheinstein gehört hat und ein Ausguck war? Der Blick von hier auf den Rhein und die passierenden Schiffe ist jedenfalls perfekt.

Die Burg kann ich durch die Bäume dann doch erspähen. Die ist ja richtig groß und gut erhalten.

Das war aber nicht immer so. Auch sie war im 14.Jhdt Zollburg. Ich frage mich jetzt aber ernsthaft, ob die Schiffe denn an jeder Burg Zoll zahlen mussten? So viele Burgen, wie es hier am Rhein gibt, wäre das aber ganz schön ins Geld gegangen.
Die Burg diente aber auch der Sicherung und Abwehr von Raubrittern. Da macht der kleine Ausguck doch gleich wieder Sinn. Im 17.Jhdt wurde sie wohl nicht mehr gebraucht und verfiel zur Ruine. Wie gut, dass ein preußischer Prinz sie 1823 kaufte und wieder aufbauen ließ.
Leider sind wir für eine Besichtigung bereits zu spät dran. Wir müssen unbedingt noch mal an den Rhein kommen. Gibt ja noch so viele andere Burgen hier.

Es wird auch langsam Zeit für den Heimweg. Deshalb steigen wir hier Richtung Rhein ab und folgen selbigen bis zum Bahnhof Trechtingshausen.
Und wieder hat unser Zug Verspätung, so dass es mit dem Anschluss eng oder sogar unmöglich werden könnte. Trotzdem nehmen wir ihn, als er endlich einfährt und beschließen bereits in Bingen Stadt umzusteigen. Da hätten wir dann genug Zeit. Dann bleibt der blöde Zug aber im Hauptbahnhof Bingen stehen. Irgendwie haben wir kein Glück, dabei wollen wir doch nur noch ins Hotel.
Zum Glück setzt er sich aber irgendwann wieder in Bewegung und Frauchen kann sich entspannen. Uns bleiben letztendlich 15 Minuten Umsteigezeit.

bei den Eremiten
17.06.2021

Heute wollen wir den Eremitenpfad laufen. Frauchen glaubt nämlich, dass der schön flach ist. Ob sie sich da mal nicht täuscht?
Buslinien gibt es hier leider nicht besonders viele und so bleibt uns nur die 3.5 Kilometer bis zum Einstieg zu Fuß zu laufen und das bei den Temperaturen.
Nach einer Stunde haben wir es geschafft und ein netter Baum lädt zu einer kurzen Rast im Schatten ein.
Ich raste lieber im Mohnfeld. Die sind aber auch zu schön.

Von unserem Baum, bzw Mohnfeld geht es dann direkt auf den Eremitenpfad.
Also, so ein Eremitenleben wäre ja nichts für mich. Die durften außer geistlichen Büchern (und da zählt "der Name der Rose" sicher nicht dazu), einem Kruzifix und dem Bild der Mutter Gottes nichts besitzen. Schoki war bestimmt auch verboten.

Zuerst kommen wir zu einem Steinbruch. Da waren aber ausnahmsweise nicht die ollen Römer am Werk. Hier würde ich gerne ein wenig länger verweilen, denn es ist so schön kühl unter den Felsen. Aber hilft ja nichts, wir wollen ja den ganze Pfad erwandern.

Noch ein gutes Stück geht es entlang von Weinreben. Inzwischen kann man sogar schon die kleinen Trauben erkennen. Bis die aber reif zur Ernte sind, wird es wohl noch eine ganze Weile dauern.

Und warum geht es kurz danach steil nach oben? Ich bin doch kein Eremit, der irgendwie Buße tun muss. Zu mal es kurz darauf wieder bergab geht. Zu sehen gab es da oben auch nichts. Das war jetzt irgendwie schon gemein und Frauchen ahnt wahrscheinlich inzwischen, dass es auch heute nicht flach voran geht..

Ob ich sie mit ein paar Blümchen aufheitern kann? Soll doch bei Frauen funktionieren. Ich beschließe aber, sie besser stehen zu lassen. Bei der Hitze würden die sofort die Köpfe hängen lassen und das wäre doch schade.

Zumindest geht es aber nicht gleich wieder bergauf, sondern schön flach durch ein Tal mit Wiesen und Feldern.

Ich denke mal, die Eremiten hätten auch keinen Bock gehabt ständig auf den Berg zu klettern, wenn sie nach Hause wollten. So haben sie ihre Felseneremitage aus einem Felsen im Tal gehauen.
Dieser Ort war für die Menschen schon immer magisch. Bereits vor den Eremiten gab es hier Heiligtümer und Kultstätten.
Im 7.Jhdt kamen dann die Einsiedler und dachten sich wohl, der Felsen ist ja schon da, also müssen wir ihn nur aushöhlen. Ob das jetzt aber weniger Arbeit war, wage ich zu bezweifeln.
Wie tief mag das wohl in den Felsen hineingebaut sein? Immerhin hat die große Felsenwohnung 90 m² und ist zur Zeit bestimmt schön kühl. Nicht wie unsere Dachwohnung daheim. Doch leider kann drache das Innere wegen Steinschlaggefahr nicht mehr besichtigen.

Ein Ritter aus Stein weckt mein Interesse. Was mag es mit dem Standbild auf sich haben?
Der Legende nach war das wohl ein räuberischer Rheingraf. Aha, die gab es also nicht nur im Odenwald. Auf der Flucht vor dem Tod am Galgen stürzte sein Pferd über die Felswand. Ich bin ja immer sehr offen für Legenden, aber wieso sollte man einem solchen Menschen in einem Kloster ein Denkmal setzten?
Ich glaube, dass ist wohl eher die Grabstätte eines Ritters aus heimischen Adel. Vielleicht hat der immer ordentlich gespendet oder so.

Ich würde mich ja so gerne noch ein wenig mehr hier umschauen. Wozu wohl die quadratischen Löcher im oberen Bereich waren? Bei einer Burg hätte ich jetzt auf Schießscharten getippt, aber muss man ein Kloster verteidigen?
Frauchen erlaubt mir nur ein einziges Foto aus der Nähe. Aber sie hat ja recht. So einen Felsbrocken möchte ich nicht auf den Kopf bekommen. Frauchen sagt zwar immer, ich hätte einen Dickschädel, aber ob das reicht?
Frauchen darf sich freuen, denn es geht weiterhin im Tal entlang. Ich weiß aber, das der Rückweg auf der anderen Seite des Berges lang führt. Da steht übrigens auch unser Baum.
Dauert auch gar nicht lange und ein Wegweiser zeigt hinein in den Wald. Zum Glück ist es aber diesmal der weniger steile Pfad. Drache muss ja auch mal Glück haben (und Frauchen erst).
Was mir aber ein wenig Sorge bereitet, ist das Warnschild am Baum. Unser Weg führt nämlich durch einen Eichenwald und der ist Heimat der gemeinen Eichenprozessionsspinner. Die sind nicht ganz ohne und können böse Allergien hervorrufen. Ich muss mich zuhause mal schlau machen, zu welcher Jahreszeit die denn ihre Nester bauen. Heute haben wir jedenfalls weder Nester noch Rauben entdecken können. Zum Glück.

Wir wandern stetig bergauf durch den lichten Eichenwald. Ob es hier vielleicht auch Wildschweine gibt? Die mögen doch Eicheln oder?

Ich bin ein wenig voraus gelaufen. Als Drache mit Flügeln habe ich es etwas leichter, wenn es bergauf geht. Ich kann sie zur Unterstützung einsetzen. Richtig fliegen traue ich mich heute wegen dem Warnschild nicht. Trotzdem bin ich vor Frauchen oben und entdecke diese tolle Bank. Die ist jetzt erst mal fest in Drachenhand.

Ich mache es mir gemütlich und bewundere die tolle Aussicht. Lange währt die Ruhe aber nicht, denn schon kommt Frauchen angeschnauft. Bin ja ein netter Drache und so mache ich ihr ein wenig Platz, dass sie wieder zu Atem kommen kann.

Wir haben es auch fast geschafft und sind nach wenigen Metern oben.
Der Eremitenpfad bezeichnet das als Tor in die Welt, weil man vom dichten Wald in die Weite der offenen Landschaft tritt. Da mag ja was dran sein, aber für uns Reisedrachen gibt es nur ein Tor in die Welt und das ist der Frankfurter Flughafen. Leider waren wir schon so lange nicht mehr dort. Es wird Zeit, dass reisen und fliegen wieder einfacher wird.

Die Weite der offenen Landschaft liegt jetzt aber tatsächlich vor uns. Insgeheim bin ich ja froh, dass wir aus dem Eichenwald draußen sind, aber da war es wenigstens schattig und kühl. Hier draußen brennt die Sonne heute doch sehr. Deshalb halten wir uns am nächsten Aussichtspunkt auch nicht so lange auf. Obwohl der Platz richtig schön ist.


Von hier geht es durch die Weinberge hinab. An der Straße angekommen, kürzen wir ein wenig ab. Der Pfad führt von hier nur noch durch die Weinberge und am Ende dieser Straße steht unser Baum, an dem wir die Tour begonnen haben.
Der wirft immer noch genug Schatten und so tanken wir ein wenig Kraft, bevor wir den Rückweg ins Hotel antreten. Schatten ist auf dem weiteren Weg keiner mehr und so sind wir froh, dass sich von Zeit zu Zeit eine Wolke vor die Sonne schiebt.

Brückenhäuser
18.06.2021

Wir hatten für den heutigen Tag eine weitere Wanderung geplant, aber dafür ist es viel zu heiß. Frauchen beschließt daher, wir fahren mit der Bahn nach Bad Kreuznach und lassen uns einfach ein wenig treiben. Warum auch nicht. Wir müssen ja nicht alles gesehen haben.

Der Bahnhof liegt zum Glück zentral und schon bald sind wir mitten im Zentrum.
Vor 800 Jahren entstanden hier zwei Stadtviertel, getrennt durch Nahe und Mühlenteich. Witzigerweise heißt der ältere Teil Neustadt.
Dort liegt auch der Salzmarkt, wo früher mit Salz gehandelt wurde. Kein Wunder, dass sich in der Nähe Metzger und Gerber ansiedelten, denn beide benötigten das weiße Gold für ihr Geschäft. Wobei ich es jetzt nicht so toll fände, wenn es beim Metzger nach Gerberei riecht. Obwohl, damals roch es beim Metzger wahrscheinlich auch nicht so appetitlich. Gab ja noch keine Kühlung und so.
Wer mit Salz handelt, muss sicher auch irgendwo nächtigen und so steht hier auch das älteste Gasthaus der Stadt. Ist aber Fake. Das Originalgebäude war so marode, dass es abgerissen werden musste und die Stadt es nach historischem Vorbild neu gebaut hat. Dann vom ältesten Gebäude der Stadt zu sprechen, ist aber ordentlich geschwindelt oder etwa nicht?

Neben dem Salzmarkt gab es auch noch den Eiermarkt. Hier wurden aber nicht nur Eier verkauft, sondern auch Fisch, Früchte und Töpferwaren.
Was diese beiden zu bereden haben, wüsste ich ja schon gerne. Der eine Typ war sicher auf dem Markt einkaufen. Ob der Mönch sich wohl erhofft, etwas von den Waren abzubekommen? Wäre eigentlich eine clevere Idee. Der muss ja an Markttagen nur die Leute anquatschen, denen irgendwie ein schlechtes Gewissen einreden und darauf bauen, dass sie ihm etwas von ihren Einkäufen abgeben. Könnte mir vorstellen, dass das im Mittelalter funktioniert hat.

Zum Abschluss schauen wir uns noch die Brückenhäuser an. Die sind jetzt hier nicht so spektakulär, wie die Krämerbrücke in Erfurt, aber haben auch ihre Geschichte.
Eigentlich dürfte es sie gar nicht geben, denn die alte Nahebrücke hätte nicht bebaut werden dürfen. Innerhalb der Stadtmauern war aber irgendwann kein Platz mehr und so gab es wohl findige Bürger, die auf den Brückenpfeilern diese Häuser bauten. So ein Haus entsteht aber doch nicht in einer Nacht und Nebel Aktion. Das dauert doch schon ein Weilchen. Da muss die Stadt aber alle Augen zugedrückt und außerdem noch weggeschaut haben. Oder war da etwa Bestechung im Spiel? Wer weiß, wer weiß.


Für heute haben wir genug besichtigt. Nach den zwei Wandertagen war das richtig schön entspannend.
Morgen geht es wieder nach Hause. Es war zwar nur ein kurzer Urlaub, aber es tat gut, nach dem langem Lockdown mal wieder fast normal verreisen zu können.
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Violetta (Dienstag, 22 Juni 2021 12:54)
Hallo Wotan,
wir waren ja sooo gespannt, wo es euch wohl hinverschlagen würde, als wir gesehen haben, dass ihr wieder auf Tour geht und jetzt konnten wir endlich von euren Erlebnissen lesen. In der kurzen Zeit habt ihr echt viel gesehen und erlebt! Mir hat ja die Klamm am besten gefallen, die würde ich auch gerne mal erkunden. Bei Hängebrücken wird vielen mulmig, wie ich hörte, auch unserer Mama Moni, die offensichtlich nicht nur nicht höhenfest, sondern auch nicht hängebrückenfest ist. Aber du brauchst dir ja eigentlich keine Sorgen zu machen, du kannst ja die Flügel ausbreiten und drüberfliegen, wenn du nicht über die schwankende Bürcke marschieren willst. Das ginge sogar als Notfalloption, wenn die Brücke doch irgendwie morsch sein sollte! Aber ich hab ja gut reden, ich war leider noch nie auf einer Hängebrücke... Aber vielleicht wird es ws bei einer unserer zukünftigen Wanderungen...
Liebe Grüße,
Violetta