Weltkulturerbe Völklinger Hütte

Ich liebe Lost Places. Jetzt ist die Völklinger Hütte nicht wirklich ein verlassener Ort, aber irgendwie dann doch. 

Ein Besuch steht schon lang auf meiner Agenda uns so nutze ich einen freien Tag, besorge mir ein Saarland-Ticket und schon kann das Abenteuer Industriekultur beginnen. 

Mit der Bahn kann ich bis fast vor die Tore fahren. Vom Bahnhof ist es nur ein kurzes Stück durch die Unterführung und schon begrüßt mich ein übergroßer, oranger Hüttenarbeiter. 

Stahlarbeiter

 

1881 kaufte Carl Röchling ein stillgelegtes Stahlwerk in der Stadt und machte daraus ein florierendes Geschäft. Mehr als 17 000 Menschen arbeiteten hier zu Hochzeiten, darunter während des zweiten Weltkrieges auch viele Zwangsarbeiter, Die Arbeitsbedingungen zu jener Zeit waren alles andere als gut.

 

Doch wie das in der Industrie so ist, irgendwann sank die Nachfrage und der Betrieb wurde letztendlich 1986 eingestellt.

 

Heute ist die Völklinger Hütte Weltkulturerbe und ich mache mich daran, die Höhen, Tiefen und verwunschenen Ecken der riesigen Anlage zu erforschen.

 

Nachdem ich meinen Eintritt bezahlt habe, stehe ich erst mal in der riesigen Gebläsehalle. So ein Hochofen benötigt ordentlich Luft, um diese hohen Temperaturen zu erzeugen. Riesige Gebläse sorgten hier dafür, dass ihnen im wahrsten Sinne des Wortes nicht die Luft ausging. Strom wurde dazu nicht benötigt, denn in dieser Anlage wurden alle Nebenprodukte, die bei der Stahlherstellung so anfielen, wiederverwertet. 

Gebläsehalle Völklinger Hütte
Gebläsehalle Völklinger Hütte

In diesem Fall sorgte das Rohgas aus der Kokerei für den Antrieb. 


Doch auch die vielen kleinen Meßgeräte und Apperaturen faszinieren mich. Fast noch mehr, als die imposanten Räder. 

Vor mir liegen 7 km Rundgang durch das Gelände. Weiter geht es durch die Sinterhalle, einst die größte ihrer Art. 

Hier wurden sozusagen Erzklumpen gebacken. Das Feinerz, vermischt mit Koks, wird mittels eines Laufbandes durch Öfen geschleust und dort angezündet. Heraus kommen dann grobe Erzklumpen zur Weiterverarbeitung 

Doch irgendwoher mussten die Rohstoffe ja auch kommen und gelagert werden. Das geschah in der anschließenden Möllerhalle. Auch die hat, wie fast alles hier, riesige Dimmensionen. Im oberen Bereich kam die Ware mit Eisenbahnwagons an, um dann im unteren Bereich in die schwebenden Loren umgeladen zu werden. Heute wird hier kein Kalk und Eisenerz mehr gelagert, sondern Kunst ausgestellt. Nicht so ganz mein Ding und deshalb geht es für mich schnell weiter zur nächsten Station. 

Nicht ohne einen Blick nach draußen zu riskieren. Hier hat die Natur bereits angefangen sich kleine Bereiche zurückzuerobern. Das ist für mich Kunst. 

Jetzt wird es aber spannend. Ein Schild weist mich darauf hin, dass ab hier Helmpflicht herrscht. Ist das jetzt gut oder schlecht? Ausgerüstet mit einem schicken blauen Helm geht es über eine steile Eisentreppe in luftige Höhen. Nur nicht nach unten schauen und darauf hoffen, dass diese Treppen regelmäßig auf Rostfraß überprüft werden. Wird schon, es gibt ja zum Glück sowas wie den deutschen TÜV. Der Aufstieg lohnt sich aber, denn von der Gichtbühne in 27 Meter Höhe hat man einen guten Blick auf die Anlage. 

Gichtbühne Völklinger Hütte
Hochofen Völklinger Hütte

Die heißt jetzt aber nicht so, weil man sich hier die Gicht geholt hat. Obwohl, hier oben war es sicher zugig und kalt, da hat sich so mancher Stahlarbeiter wohl ein Zipperlein eingefangen. Nein, Gicht nennt man den obigen Teil des Hochofens und davon stehen hier stolze sechs Stück. Teilweise hat der Rost aber schon ordentlich genagt. Da sind meine Bedenken bezüglich der Treppen jetzt doch gar nicht so abwegig.

 


Die Monorailbahn brachte die Rohstoffe hier herauf, damit die Öfen damit bestückt werden konnten. Wenn ich mir vorstelle, dass während der Weltkriege auch Frauen hier oben gearbeitet haben. 

Wenn mir die Treppen nicht zu schmal und steil wären, könnte ich jetzt noch hoch hinauf auf die Aussichtsplattform. Das erspare ich mir aber, sondern trete den Weg nach unten an.

 

Damit ist der Rundgang aber noch lange nicht beendet und für mich beginnt hier der schönste Teil der Anlage, das Paradies.

Oder sollte man eher sagen die Hölle?

Hier befand sich die Kokerei, wo bei Temperaturen von 1130°C Steinkohle in Koks umgewandelt wurde. Bei den Temperaturen kombiniert mit Rauch, kam man sich sicher nicht wie im Paradies vor. Nach der Schließung des Werkes, geriet dieser Teil in Vergessenheit. 

25 Jahre hat es niemanden interessiert, nur Tiere und Pflanzen belebten das Areal. Inzwischen ist hier ein malerscher Garten entstanden und ich liebe diesen Teil der Anlage. Hier wird kein Unkraut gejätet und die Natur darf sich das Gebiet zurückerobern. So gefallen mir Lost Places. 

Doch es gibt in diesem Teil noch mehr zu entdecken, nämlich Street Art oder sollte man besser sagen Garden Art? 

Jedenfalls findet sich versteckt an den Ruinen so manches Stück Kunst. Leider nicht direkt auf Stein gemalt, sondern auf Papier und dann auf Stein geklebt. Ist das dann überhaupt echte Street Art? Mir jedenfalls gefällt es und oft muss man auch ganz genau hinschauen, um das überhaupt zu entdecken. 

Völklinger Hütte

 

Am Ende des Rundgangs durchs Paradies komme ich wieder an der Helmvergabe raus. So schön ist der jetzt auch wieder nicht, dass ich ihn behalten wollte, also kommt er zurück ins Regal.

 

Ich verabschiede mich noch von der Gruppe von Arbeitern, die man übrigens überall auf dem Gelände findet, und mache mich auf den Weg zum Ausgang.

 

Fazit für mich: der Ausflug hat sich auf jeden Fall gelohnt, aber man sollte für die Besichtigung ausreichend Zeit mitbringen.

 

 

 

Anreise
Anreise

mit der Bahn bis Völklingen

vom Bahnhof 5 Minuten zu Fuß

Einkehr
Einkehr

Café Umwalzer