Na, wie lautet die richtige Antwort auf "Hummel, Hummel"? Wer es weiß, ist schon fast kein "Quiddje" mehr. So nennt der Hamburger alle, die nicht dort geboren sind. Bin ich leider nicht, aber im Herzen bin ich Hamburger und das zählt ja vielleicht auch.
Hamburg ist meine Stadt in Deutschland und ein Besuch längst überfällig. Deshalb nutze ich die Gelegenheit eines günstigen Musical Besuchs, mich dort mal wieder umzuschauen.
der Norden ruft
07.08.2015


Was mag nur wo auf der Strecke gen Norden los sein? Genau 89 Tage vor Abfahrt habe ich schon keinen Sparpreis 2. Klasse für die Bahn mehr bekommen. Da muss ich dann wohl 1. Klasse fahren, aber
ehrlich gesagt, es gibt schlimmeres ;) Da Platzkarten für die 1. Klasse inzwischen kostenlos sind, habe ich mir einen Einzelsitz vorreserviert. Noch weiß ich nicht, dass ich mir das auch
hätte sparen können.

Dabei fängt alles so gut an. 39°C hat es heute in Mannheim und im Büro gefühlte 10°C mehr. Wie froh bin ich da, dass es nach Feierabend Richtung kühler Norden geht. Laut Anzeige hat der Zug auch nur 5 Minuten Verspätung und das kann man ja noch als pünktlich durchgehen lassen. In der ersten Klasse funktioniert die Klimaanlage noch. Aber scheinbar nur dort. Der nach Frankfurt beorderte Bordmechaniker zuckt nur hilflos mit den Schultern, was so viel heißt wie dieser Zug bewegt sich heute nicht mehr.
Wo baut die Bahn nur ihre Züge? Deutsche Wertarbeit ist das nicht.

Zum Glück fährt die Bahn jede Stunde nach Hamburg.
In Frankfurt herrscht aber erstmal Chaos, denn für diese Temperaturen sind die Züge wohl nicht ausgelegt und die Klimaanlagen fallen reihenweise aus. Nicht, dass man aus den vergangenen heißen Sommern was gelernt hätte. Wozu auch - reibungslose Fahrten mit der Bahn sind ja auch irgendwie langweilig.
Wie gesagt, in Frankfurt herrscht Chaos - keiner weiß, ob der nächste Zug pünktlich ist und wo er einfährt, denn Gleis 8 ist noch durch unseren belegt. Wohin auch mit dem guten Stück? Schließlich Zug-Einfahrt auf Gleis 9. Durchsagen werden aber total überbewertet - wer braucht die schon. Sollen doch die Kunden schauen, wo sie bleiben. Gleis 9 wäre eigentlich vorgesehen gewesen für den ICE nach Berlin und so bleibt es natürlich nicht aus, dass einige Reisende im falschen Zug sitzen. Ich bin inzwischen doppelt froh, dass es mit der 2. Klasse nicht geklappt hat, denn der Kampf um die Sitzplätze dort hätte meine Stimmung dann ganz auf den Tiefpunkt gebracht.
Als Nervennahrung gibt es jetzt erstmal eine Runde Kekse.

Wlan gibt es inzwischen auf für umme, da werde ich die vier Stunden Fahrtzeit (zusätzliche Verspätung noch nicht eingerechnet) schon rum bekommen. Denkste, auch das hat so seine Tücken und schon
bei Kassel-Wilhelmshöhe haben wir eigentlich keine Lust mehr. Wer sich in deutschen Landen auskennt, weiß aber, dass uns noch ein Stück Fahrt bevorsteht. Und selbst der Schaffner mit
dem Korb kostenloser Süßigkeiten schafft es nicht, mich mit der Deutschen Bahn auszusöhnen.

Wälle und Wellen
08.08.2015


Hamburg begrüßt mich mit Schietwedder, aber das hält mich nicht von der Stadterkundung ab.
Planten un Blomen liegt mir ja sozusagen zu Füßen, deshalb werde ich den Tag mit einer Besichtigung desselben beginnen. Der riesige Park folgt dem Verlauf der ehemaligen Wallanlagen und man kann noch heute Reste des alten Stadtgrabens erkennen. Von den ursprünglich 22 Bastionen ist leider nur eine einzige erhalten geblieben. Ursprünglich war hier der Hamburger Zoo beheimatet. Seit 1935 fanden regelmäßig Gartenschauen statt und die Anlage bekam ihren Namen.
Immer dem alten Wall entlang, geht es vorbei am Rosengarten mit über 300 verschiedenen Arten

(nein, so sieht kein Hamburger Schietwedder aus. Die Fotos entstanden am Sonntag bei strahlendem Sonnenschein).

und dem Japanischen Garten
(so sieht Schietwedder aus)




Etwa auf Höhe des Hamburg-Museums verlasse ich die Grünanlage. Was mich wundert ist, dass in Hamburg noch keiner auf die Idee kam einen großen Teil des Parks einzuzäunen und Eintritt zu verlangen. Das funktioniert in Mannheims ehemaligen Ausstellungsgelände ja auch.

Kaum habe ich den Park verlassen, werden meine Blicke magisch von einem unscheinbaren Haus angezogen.
Die Jungs hätte ich auch gerne an meiner Hausfassade. Hat was von Chippendales oder sind das etwas Olivias wilde Jungs?
Mein Weg führt mich weiter durch die Peterstraße mit ihren alten Hamburger Kaufmannshäusern. Könnte mir schon vorstellen, in so einem Haus zu wohnen.

Ziel ist kein anderes als der Michel von Hamburg – eines der Wahrzeichen dieser Stadt und das liegt sicher nicht in erster Linie daran, dass er die größte Kirche Hamburgs mit der größten Turmuhr Deutschlands ist. Sein 132 Meter hoher Turm überragt die meisten Gebäude der Stadt und dient noch heute als Orientierungspunkt (oder erstes Zeichen der Heimat) für die auf der Elbe einlaufenden Schiffe. Was wir heute sehen, ist bereits die dritte Generation des Wahrzeichens. Beide Vorgänger wurden durch Brand in den Jahren 1750 und 1906 bis auf die Grundmauern zerstört und wieder aufgebaut. Den zweiten Weltkrieg hat der gute aber fast unbeschadet überlebt.
453 Stufen müsste ich mich jetzt nach oben quälen, gäbe es da nicht den hochmodernen Fahrstuhl. Die Aussicht vom Turm über Hamburg wäre aber definitiv auch die Stufen wert gewesen (und das selbst wie heute bei schlechter Sicht).
Warum wohl ist der Motorradführerschein Pflicht, wenn man sich beim Michel als Pfarrer bewirbt? Weil einmal im Jahr der MOGO stattfindet, ein Motorradgottesdienst, an dem bis zu 27.000 Motorradfahrer teilnehmen. Anschließend geht es dann im Konvoi durch Hamburg zum Feiern aufs Land.





Wieder unten, geht es gleich noch ein Stück tiefer in die Gruft. Sie erstreckt sich unterhalb des gesamten Kirchenschiffes und bot im zweiten Weltkrieg als Luftschutzraum Sicherheit für die Anwohner. Keine Gruft ohne Gräber und so liegen hier unter anderem Bach und der Erbauer der Kirche.
Die extra Gebühr für die Besichtigung kann man sich aber sparen.
Verweilen wir noch ein paar Augenblicke in der Nähe. Wir befinden uns in einem der Hamburger Gängeviertel. Entstanden sind diese Armenviertel durch die steigenden Bevölkerungszahlen im 18. Jhdt. Typisch für diese Gegend war ein Vorderhaus an der Hauptstraße, in dessen Hinterhof zwei weitere Häuserreihen entlang eines schmalen Ganges standen. Nur 25 m² mit einem Plumpsklo pro Häuserblock standen einer Familie mit bis zu fünf Personen zur Verfügung. Mitbewohner in Form von Ungeziefer waren in den feuchten Wohnungen an der Tagesordnung und um die hygienischen Zustände stand es auch nicht zum Besten.

Die Fachwerkhäuser am Krayenkamp sind ähnlich aufgebaut, doch handelt es sich hierbei um eine Art Altersversorgung für Witwen der eher wohlhabenden Krameramtszunft. Die Mitglieder handelten mit Gewürzen oder Seidenstoffen und hatten in der Stadt ihren festen Laden mit Wohnraum. Verstarb ein Händler, durfte die Frau das Geschäft nicht alleine fortführen, sondern es wurde an einen neuen Kramer vermietet. Wohin aber mit den Witwen? Man konnte sie ja schlecht auf die Straße setzten und so entstanden 1676 zwanzig Freiwohnungen, alle nach demselben Schema. Eine dieser Wohnungen kann man heute noch besichtigen. Sehr altersgerecht waren die allerdings nicht. Im Erdgeschoss liegen ein kleines Wohnzimmer und eine Miniküche ohne Tageslicht. Über eine schmale Treppe geht es nach oben zur guten Stube mit einem Bett. Eine weitere Treppe führt auf den Dachboden mit Luke zum Innenhof. Hier wurde Wäsche getrocknet und über die Öffnung Brennstoff angeliefert.
Jetzt will ich aber endlich den Duft der großen weiten Welt schnuppern und nach nur wenigen Gehminuten liegen sie vor mir: die Landungsbrücken und der alte Elbtunnel.

Im Jahre 1911 galt der Alte Elbtunnel sicher als Sensation. Notwendig war er, um den Hafenarbeitern einen Verbindungsweg zu den Landungsbrücken zu bieten. Ganze Pferdefuhrwerke brachten die Fahrstühle zur Tunnelsohle und auch heute noch kann er unter der Woche mit Pkws befahren werden. Mit den neumodischen Tunneln kann er sicher nicht mehr mithalten, aber er hat seinen festen Platz als Touristenattraktion – mit Recht, wie ich finde.
Mit dem Fahrstuhl geht es 23 Meter in die Tiefe und dann 426 Meter geradeaus unter der Elbe durch. Die zwei gekachelten Röhren mit ihren Reliefs in Form von Langusten und Flundern haben eine ganz eigene Atmosphäre. Ein bisschen unheimlich, aber auch faszinierend. Hoffen wir mal, dass die Röhren auch nach über 100 Jahren noch wasserdicht sind.
Für Fußgänger und Radfahrer ist der Spaß kostenlos und am anderen Ende wartet die Aussichtsplattform mit einem atemberaubenden Blick auf die Landungsbrücken.

Diese sind aus dem Stadtbild von Hamburg auch nicht wegzudenken. Früher ging es von hier auf große Fahrt nach Übersee. Die ersten Anleger aus dem Jahr 1839 dienten aber noch der Löschung von Kohledampfern. Erst 1907 entstand die Anlegestelle der Überseelinien, bestehend aus schwimmenden Pontons, die über neun beweglichen Brücken mit dem Abfertigungsgebäude verbunden waren.



Wer hier steht, den packt unweigerlich das Fernweh, Landratte hin oder her. Dagegen hilft nur eine Barkassenfahrt durch den Hamburger Hafen, dem Tor zur Welt. Er ist der größte Seehafen in Deutschland und der drittgrößte in Europa. Aber, wieso eigentlich Seehafen? Hat da jemand im Erdkundeunterricht geschlafen? Es sind von Hamburg aus noch gute 100 Kilometer die Elbe hinauf bis man die Nordsee und somit Meer erreicht. Wie gut, dass die Elbe mehr als 15 Meter tief ist und so auch die großen Pötte in Hamburg anlegen können. Das reicht aus, ihn als Seehafen einzustufen.

Na dann wollen wir uns mal mit einer der Barkassen gemütlich durch den Hafen schaukeln lassen und nicht alles für bare Münze nehmen, was der Kapitän da vorne am Ruder so erzählt. Auf so einer Tour wird wohl auch ein wenig Seemannsgarn gesponnen.
Einiges ist aber auch Fakt, nämlich dass
- Hamburg mehr Brücken hat als Venedig, Amsterdam und London zusammen (angeblich 2321 Stück)
- die größte Rolltreppe Europas im Kaispeicher zu finden ist
- sich hier der größte zusammen hängende Lagerhauskomplex der Welt befindet
- im Hafen die modernsten und teuersten Containerbrücken der Welt stehen (made in China - Schande über uns)
- er, was die Fläche betrifft auf Platz 1 steht
- was den Umschlag betrifft nur auf Platz 11
- 10.000 Schiffe pro Jahr den Hafen anfahren und von hier in über 170 Länder weiterfahren
- der Moldauhafen, als Relikt des Versailler Vertrages für 99 Jahre an die Tschechei verpachtet ist
- aber auch, dass von den einst vier Großwerften nur noch Blohm und Voss (mit noch 1600 Mitarbeitern) übrig geblieben ist
Und wer einmal die Hamburger Skyline vom Wasser aus gesehen hat, mag mir vielleicht zustimmen, dass Hamburg, wenn nicht die schönste Stadt der Welt, so doch die schönste in Deutschland ist. (und für mich auch immer bleibt. Wer mich kennt, der weiß auch welche einzige Stadt auf dieser Welt für mich noch vor Hamburg kommt - und nein, es ist nicht Ludwigshafen am Rhein)


Hamburg ohne Reeperbahn ist wie München ohne Hofbräuhaus oder Kapstadt ohne Tafelberg – da muss man einfach gewesen sein. Damit ich nicht ziellos durch die Gassen wandere, schließe ich mich einer Tour an und von den Jungs kann man echt noch was lernen.


Apropos Meile, die Reeperbahn erhielt ihren Namen von Taumachern, den so genannten Reepschlägern, die für die Herstellung von Schiffstauen eine mindestens 300 Meter lange Bahn brauchten.
Hier befindet sich auch der Geldautomat mit dem höchsten Umsatz Deutschlands
(30 Millionen/Jahr). >>>
Die umsatzstärkste Tanke gibt es seit 2013 nicht mehr und welch Überraschung: das Hauptgeschäft haben die nicht mit Benzin gemacht.

Aber nicht nur das. Gegen 19:00 Uhr kommt es zum Kreischalarm, wenn Kiez-Ikone Olivia Jones aufläuft.
Sie hat nicht nur mehrere Etablissements auf dem Kiez und ist damit der größte Arbeitgeber, sondern macht auch geführte Touren durch St Pauli. Will man daran teilnehmen, muss man ganz früh planen. Neidisch bin ich aber trotzdem nicht, denn erstens ist ihre Tour kürzer als die meine und es nehmen viel mehr Personen teil.

Wer kennt nicht den Song
„Auf der Reeperbahn nachts …“.
Und wer hat ihn gesungen?
Na, kein geringerer als Hans Albers. Dafür wurde auch ein Platz nach ihm benannt und seine Statue drauf gestellt. Das macht den Platz dann auch gleich zum bekanntesten auf der Reeperbahn, wenn auch nicht unbedingt zum schönsten. Kreisförmig reihen sich hier hauptsächlich Kneipen aneinander und jeder findet irgendwo seinen Musikgeschmack, sei es Live oder aus der guten alten Jukebox. Mann sollte hier nicht unbedingt den Gentleman spielen, wenn ihn des nachts eine Dame anspricht. Mit großer Wahrscheinlichkeit benötigt sie keine Hilfe, sondern erwartet ein wenig Geld für ihre Dienste und dabei handelt es sich sicher nicht darum, ihm den nächsten Taxistand zu zeigen.

Was haben Hamburg und Liverpool gemeinsam?
Na klar, die Beatles. Nicht weit vom "Star Club“, wo alles begann wurde den Jungs 2008 ein Denkmal gesetzt. Auf einer nachempfundenen Vinylscheibe stehen die Pilzköpfe als Schattenumrisse. Wer sich schon immer mal als Beatle fühlen wollte, hat hier die Gelegenheit.
Den Club gibt es heute nicht mehr, aber einen Gedenkstein, auf dem die Creme de la Creme der Musikgeschichte verewigt ist. Sie alle waren einmal hier oder haben ihre Kariere hier begonnen.

Das Dollhouse ist der Klassiker unter den Table-Dance-Lokalen in Hamburg. Wer jetzt aber glaubt, Frau käme hier nicht auf ihre Kosten, der irrt. Inzwischen tanzen auch Männer gegen bares an der Stange. Soviel zur Gleichberechtigung!

Gleich zu Beginn der Reeperbahn findet sich Hamburgs neuste Errungenschaft, die tanzenden Türmen. Nein, sie tanzen nicht wirklich, aber geht es nach dem Architekten, sollen sie ein Tango-tanzendes Paar darstellen. Glaubt man jedoch dem Volksmund, sind es die X-Beine einer Dirne, die hier auf Freier wartet oder zwei Betrunkene, die sich gegenseitig halt geben. Passt ja auch viel besser zur sündigsten Meile der Welt.

Der Spielbudenplatz hat eine lange Geschichte.
Heute stehen hier die bekannten Theater Schmidts Tivoli und das denkmalgeschützte St Pauli-Theater. Doch schon 1795 eröffneten hier die ersten Holzbuden, die Kunst anboten und kein geringerer als der alte Hagenbeck stellte hier 50 Jahre später Seehunde als lebendes Viehzeug aus.
Wer mal was besonderes erleben möchte: hier findet jedes Jahr Santa Pauli, Hamburgs geilster Weihnachtsmarkt statt.

Wo steht wohl die berühmteste Polizeiwache der Welt?
Na klar, in der Davidstraße auf der Reeperbahn und es bedarf schon eines Kalibers wie Jan Fedder alias Dirk Matthies um in diesem Hexenkessel für Ordnung zu sorgen. Für Warmduscher ist hier kein Platz und ja, ich bin bekennender Fan vom "Großstadtrevier“, das hier zwar nicht gedreht wird, aber zu Hause ist.
Zu finden sind hier angeblich auch die teuersten Einzelzimmer mit dem wenigsten Komfort in ganz Hamburg und selbst die Beatles haben diese getestet (sicher nicht ganz freiwillig).
Übrigens gilt auf St Pauli Waffenverbot (nachzulesen auf den Schildern am Eingang zur sündigen Meile). Aber der Kiez wäre nicht der Kiez, gäbe es nicht ein Waffengeschäft.

Erna und ihre Kneipe "zum Silbersack" waren eine Institution auf dem Kiez. Sie funktionierte als Sparkasse für Seeleute und später auch Hafenarbeiter. Damit man nicht in Versuchung kam, seine ganze Heuer an einem Abend zu versaufen, gab man, wenn man clever war, Erna einen Teil zur Aufbewahrung. Sie führte genau Buch und es heißt, es sei nie Geld weggekommen.

Keine Kneipe auf St Pauli ist so berühmt wie die „Ritze“. Wer Rang und Namen hat auf dem Kiez, ist hier zu finden. Hier wurden aber auch schon Leute vom Hocker geschossen oder bekamen was in die Fresse und im berühmten Boxstudio nebenan trainierten die Klitschkos.
Eigentlich sollte sie "zur Spalte" heißen, da nur ein schmaler Weg dort hin führt. Das war der Stadt aber zu frivol und wurde abgelehnt. "Ritze" wurde genehmigt und man erkannte zu spät, dass durch die zwei aufgemalten Frauenbeine, die Bedeutung sich veränderte und jetzt mindestens genauso anrüchig war.

Überhaupt ist die Reeperbahn schon lange keine Piste für einsame Seeleute mehr und auch hier hat, wie man sieht die Emanzipation Einzug gehalten. Olivias "Wilde Jungs" ist der einzige Menstrip Europas nur für Frauen. Fehlen eigentlich nur noch die männlichen Bordsteinschwalben oder vielleicht doch eine "Herbertstraße" für Damen.
Was man in 2.5 Stunden auf dem Kiez so alles erfährt, darunter auch Dinge, die man vielleicht lieber nicht gewusst hätte. Egal, interessant war es allemal und ich werde den Abend jetzt weniger sündig ausklingen lassen
Hering, Labskaus und die weite Welt
09.08.2015

Was um alles in der Welt treibt einen am Sonntag um 5:00 Uhr aus dem Bett? Sonntagfrüh ist Fischmarktzeit und der gehört für die meisten auf die To-do-Liste, wenn man sich denn so früh aus den Federn schwingen mag. Hartgesottene können natürlich auch am Samstag durchfeiern und ihre Kietztour mit einem Fischbrötchen beenden.
Allerdings sollte mal jemand den Hamburger Verkehrsbetrieben stecken, dass sonntags Fischmarkt ist und jeder Touri, der was auf sich hält entweder auf der Reeperbahn durchmacht oder früh aufsteht. Ist doch klar, dass die Busse irgendwann voller sind als Sardinenbüchsen. Pech für den, der nicht mehr reinpasst; um die Zeit fährt der nächste Bus erst 30 Minuten später (und ist mit ganz viel Pech auch voll).
Ganz ehrlich, eigentlich müsste man sich den Stress gar nicht machen. Der Wochenmarkt zuhause ist genauso spannend, aber nicht so überlaufen. Zugegeben, die Auswahl an Fisch ist grösser, aber wer kauft im Urlaub schon ein paar Steigen Fisch und das Krabbenbrötchen gibt es auch an den Landungsbrücken. Wenn man denn schon meint, man müsste sich den Fischmarkt antun, bietet sich ein Brunch in der alten Fischauktionshalle an. Der ist sogar günstiger als das Frühstück im Hotel und mindestens genau so lecker.





Zum Glück entschied man sich aber 1978 das Bauwerk zu erhalten und nach alten Plänen zu restaurieren. So erstrahlt sie heute wieder in ihrer ganzen Pracht.
1894 entstand hier am Anlandungsplatz der Elbfischer eine Halle für den Fischhandel. 48 Jahre später wurde sie ein Opfer der Bomben und nach dem Krieg nur notdürftig wieder in Stand gesetzt. Mitte der 50iger war dann Schluss mit Auktionen und die Fischhändler suchten sich einen anderen Platz. Die einstmals prächtige Halle verfiel zusehends.


Gestärkt mache ich mich mit der U-Bahn auf den Weg nach Ballinstadt. Ich kann zwar nicht verstehen, wie man eine Stadt wie Hamburg verlassen will, aber 1580 war das wohl anders. Um die 5 Millionen Menschen haben geglaubt in Amerika eine bessere Zukunft zu finden. Vom Tellerwäscher zum Milliardär – oder so ähnlich. Die Reederei Hapag und die Stadt Hamburg verdienten sich damals eine goldene Nase mit den Auswanderern und so entstand hier eine komplette Auswandererstadt inklusive Synagoge und Kirche. Warum die Menschen glaubten, Amerika sei besser und welche Strapazen sie auf sich nahmen, kann man hier sehr eindrucksvoll nacherleben. Für den einen oder anderen hat sich am Schluss der Traum sogar erfüllt.
Sollte bei jemanden demnächst Bremerhaven auf der Städteliste stehen, empfehle ich den Besuch des Auswandererhauses. Dort finde ich die Umsetzung des Themas noch gelungener.


Hier liegen auch die historischen Kaianlagen mit den Kränen des Hafenmuseums.
Wer schon immer mal einen Hafenkran sein eigen nennen wollte, ab nach Hamburg. Da kriegt man die Dinger für einen Euro. Hannes findet die Idee spitze, doch den Zahn muss ich ihm gleich ziehen. Bei dem günstigen Preis muss irgendwo ein Haken sein. Der Transport muss nämlich selber organisiert werden. Wir könnten ja mal die Chinesen fragen, wenn sie wieder neue Kräne anliefern.
Ein Museum am Tag ist aber genug und so fahre ich noch eine Station weiter,


Kaum sind wir in den Magdeburger Hafen eingebogen, legt das Boot am Anleger des Internationalen Maritimen Museums an. Wie gesagt, ein Museum reicht pro Tag. Trotzdem steige ich hier aus, denn ich befinde mich nun im Herzen der neuen HafenCity.

Für mich geht es mit der neuen maritimen Circle-Line weiter in die Hafen-City. Der Bootsjunge hat heute seinen ersten Tag und noch etwas Probleme mit dem Verkauf der Tickets. Vom Anleger an der Ballinstadt geht es durch eine schmale Einfahrt in den Hansahafen.


vorbei an den riesigen Schwimmkränen und dem Kai für die großen Roll-on-Roll-off-Schiffe.
Aber die interessieren mich nur peripher, denn vor mir liegt in ihrer ganzen Schönheit die neue HafenCity.

Zwei Schritte und ich stehe vor Deutschlands bekanntestem Piraten, Klaus Störtebeker. Der wurde hier 1401 geköpft und der Schädel im Hamburger Museum soll angeblich seiner sein.
Die Legende besagt, dass Störtebeker dem Bürgermeister der Hansestadt das Versprechen abgetrotzt haben soll, all jenen Männern das Leben zu schenken, an denen er nach seiner Enthauptung noch vorbeizugehen vermochte. Nach elf Männern war Schluss, denn der Henker stellte ihm ein Bein und brachte ihn so zu Fall. Genutzt hätte es sowieso nichts, denn der Bürgermeister hielt sich nicht an sein Versprechen und lies alle Piraten köpfen.
Alles neu in der HafenCity und so konnten sich die Architekten austoben, wie beim Unileverhaus oder dem Marco Polo Tower mit seinen Luxuswohnungen. Ich möchte gar nicht wissen, was da wohl so eine 2-Zimmer Wohnung kostete. Den Turm finde ich scheußlich, aber der Blick mag dafür entschädigen.
Immer am Wasser entlang führt mich der Weg vorbei an den Marco Polo Terrassen zum Sandtorhafen. Er war vor 150 Jahren das erste künstliche Hafenbecken der Stadt und ist heute Heimat vieler noch fahrtüchtiger Schiffsveteranen.




Pünktlich um 14:10 biegt mein Schiff in den Sandtorhafen ein und bringt mich vorbei an der Cap San Diego und der Rickmer Rickmers zurück zu den Landungsbrücken

Ein paar Minuten bleiben mir noch für ein maritimes Mittagessen (= Krabbenbrötchen) bevor ich mich auf den Weg zum Bahnhof machen muss.
Es fällt mir schwer. Hamburg ist einfach meine Stadt in Deutschland und hier am Hafen könnte ich Stunden verweilen ohne mich zu langweilen. Aber, watt mutt datt mutt und ich komme ja im Oktober nochmal zurück.
„Hummel, Hummel“ – „Moers, Moers“
(wäre die korrekte Antwort für alle Wahl-Hamburger)