immer Ärger mit dem Regengott
22.11.2015


Wie bereits mehrfach erwähnt gibt es hier im Süden Tempel ohne Ende. Sehr schöne und interessante Tempel, ohne Frage, aber ich freue mich jetzt auf ein paar Tage, die der Natur gewidmet sind.
Dazu verlassen wir den Staat Tamil Nadu und begeben uns nach Kerala.
Das bedeutet im Klartext: 130 Kilometer in engen Kurven die West-Ghats hinauf winden. In strömenden Regen versteht sich, denn der ist seit gestern Abend mal wieder unser ständiger Begleiter.
Ob wir wohl doch Shiva verärgert haben, der sich kurzerhand mit dem Regengott verbündet hat?

Gefreut hatte ich mich schon auf den Besuch des Periyar Wildschutzgebiets. Zu verdanken haben wir das Gebiet den Briten. Die ließen den Periyar-Fluß aufstauen, um die Trockenheit im angrenzenden Tamil Nadu zu bekämpfen. Der Maharaja wiederum befürchtetet, dass seine Jagdgebiete sich in Kürze in Teeplantagen verwandeln würden. Daraufhin erklärte er kurzerhand den Bereich um den Stausee als Reservat.

Im Park war eigentlich eine Wanderung vorgesehen, aber bei dem Zustand der Wege, wird das Programm geändert und wir fahren mit Jeeps. Da haben wir wenigstens ein Dach über dem Kopf, aber das mit den wilden Elefanten wird wohl nichts. Dort wo wir entlang fahren, werden die sich kaum rumtreiben.

Trotzdem ist die Landschaft sehr schön, nur schade, dass durch den Regen die Sicht sehr begrenzt ist. Durch unendliche Teeplantagen und über matschige Wege geht es zu einigen Aussichtspunkten. Weit, weit oben auf einem Hügel und nur mit Fernglas erkennbar, sind ein paar Gaurs zu sehen. Die lass ich jetzt mal als Wildsichtung durchgehen. Hoffentlich habe ich später im Nagarhole Park mehr Glück.
Auf der Rückfahrt ins Hotel muss mein armer Schutzengel wieder ganze Arbeit leisten. So kriminell, wie unser Fahrer durch die Gegend rast und Busse überholt, warte ich jede Sekunde darauf, dass es kracht. Ist aber zum Glück nichts passiert.

eine Bootsfahrt
23.11.2015


Wie bereits erwähnt, haben wir inzwischen die Grenze nach Kerala überschritten, dem nach Goa zweitkleinsten Staat Indiens. Man sagt, wer hierher kommt, würde seine Heimat schnell hinter sich lassen und die Tourismuswirtschaft spricht gar von "God's own Country".
Mir fällt sofort auf, dass die Orte hier sauberer sind und auch die Häuser weniger armselig.
Außerdem gibt es mehr Kirchen, denn 20% der Bevölkerung sind Christen. Angeblich liegt das an der Busensteuer. Die gab es hier wirklich. Früher war es den Frauen verboten Oberteile zu tragen und je nach Größe und Schönheit des Busens wurde eine Steuer erhoben. (auf so eine bescheuerte Idee kann auch nur ein Mann kommen). Jedenfalls bot die Kirche den Frauen an, wenn sie zum Christentum überträten, dürften sie Oberteile tragen und damit der Busensteuer entgehen. Da wäre ich als Frau auch konvertiert.

Trotz des wieder eingesetzten Regens machen wir uns zu Fuß auf den Weg durch eine Gewürzplantage und entdecken Pfeffer, Muskat, Zimt, aber auch Bananen.
Auf einem der Elefanten wäre ich auch gerne geritten. Patschnass wäre ich zwar trotzdem geworden, aber wäre nicht ständig Gefahr gelaufen mich im Schlamm auf die Nase zu legen. Und mehr Spaß hätte es auch gemacht.
Langsam geht es wieder bergab Richtung Backwaters. Dazu aber später mehr. Immerhin schimmert am wolkenverhangenen Himmel das erste Blau durch. Das Wetter wird doch wohl nicht besser
werden?

Rechts und links der Straße liegen riesige Teeplantagen, die nach einiger Zeit von Gummibäumen abgelöst werden.
Bis zu 15mal werden die Sträucher per Hand bepflückt. Verwendung finden nur die Knospe und die oberen beiden Blätter.

Die eine oder andere Kirche liegt auch am Wegesrand. In Kerala gibt es vergleichsweise viele Kirchen. Immerhin sind 20% der hiesigen Bevölkerung Christen.
(Ich sage nur: Busensteuer)

Gegen Nachmittag erreichen wir bereits unser Hotel am Ufer des Vembanad-See. Kein Programm für heute; relaxen ist angesagt. Nichts für mich und so schließe ich mich einer Bootsfahrt an.
Vom Bootsanleger geht es erst ein Stück am Ufer entlang. Hier wachsen Wasserpflanzen und Fischreiher gehen auf Nahrungssuche.
Am Ufer wächst in Hülle und Fülle der Lebensbaum Keralas, die Kokospalme. Fünf Milliarden Kokosnüsse werden hier pro Jahr geerntet und bieten somit acht Millionen Menschen ein
Einkommen.
Richtig interessant wird es aber erst, nachdem wir in einen der Kanäle eingebogen sind. Hier spielt sich das Leben der Bevölkerung ab. Gerade ist die Schule zu Ende und viele Kinder machen sich auf den Heimweg. Sie winken uns fröhlich zu.
Der Kanal dient aber auch als Badewannenersatz und Fischer machen sich bereit mit ihren Booten hinaus auf den See zu fahren.
Eine Stunde fahren wir durch die Kanäle und dann fängt es wieder an zu schütten. Wäre ja auch zu schön gewesen, wenn ich heute meinen Sonnenuntergang über dem See bekommen
hätte.

Lagunen und Kanäle
24.11.2015


Es zieht uns noch tiefer in die Backwaters. Dieses Lagunensystem aus künstlichen Kanälen und Seen wird gespeist von 44 Flüssen, die an den Hängen des West-Ghats entspringen.

Am Ufer liegen bereits unsere Reisbarken bereit. Ursprünglich waren diese langgezogenen, rattangedeckten Holzboote für den Transport von Reis, Kokosnüssen und Gewürzen gedacht, heute transportieren sie in erster Linie Touristen. Bei den Originalboote sorgten zwei Bootsleute mit Lanzen für den Antrieb. Heute werden mehr und mehr Holzboote mit Motor verwendet und vorbei ist es mit der Stille. Trotzdem ist so eine Zeitreise in das Leben Keralas etwas wunderbares.
Nachdem die Gruppe auf vier Boote verteilt und jeder mehr oder weniger zufrieden mit seinen Mitbewohnern ist, lichten wir die Anker, ich übernehme das Ruder und wir schippern erst Mal ein Stück am Seeufer entlang.
Doch schon bald biegen wir ein in das Gewirr der Kanäle. An jeder Biegung gibt es neues zu entdecken und manchmal kommt man sich vor, wie in einem natürlichen Tunnel, wenn die Baumwipfel der Palmen sich in der Mitte berühren.
Nicht nur wir sind auf den Kanälen unterwegs, sondern auch Händler und Fähren aller Art.
Irgendwann wird es Zeit für die Mittagspause. So viel schauen, macht hungrig. Kurzer Hand werden die Boote an ein paar Palmen festgezurrt und die Crew serviert uns gebratenen Fisch.
Yummy!!

Eigentlich wäre nach dem köstlichen Mahl eine Siesta angebracht. Die Kabine wäre schon einladend, aber dann verpasse ich ja, was sich rechts und links am Ufer abspielt.
Also mache ich es mir lieber an Deck gemütlich und beobachte die vorbeigleitende Landschaft. Und was es da nicht alles zu sehen gibt: farbenprächtige Hindutempel,

die Kirchen der Christen,
viele große und kleine Brücken
und die Häuser der Bauern und Fischer.
Letzteren können wir beim Auswerfen ihrer Netze beobachten, aber auch vom Ufer aus lässt sich mit einer improvisierten Angel fischen.
Kinder spielen in den Fluten und Frauen erledigen ihren Abwasch. Waschtag ist heute auch und selbst die Ziege bekommt ein Bad verpasst.

Wer aufmerksam die Gegend studiert, kann sich an den vielen bunten Kingfishern erfreuen.
Wenn dann noch die Sonne gelbrot untergeht, fühlt man sich fast wie im Paradies. (nur Afrika ist schöner)


Die Bootsfahrt war richtig schön und ich würde gerne noch bleiben. Kerala gehört zwar zu den kleineren Bundesstaaten, aber wir sind noch lange nicht durch mit "Gods own country"