Speyer, tierisch gut


Ich bin Magnus und liebe Städtetrips. Mich zieht es meistens in die weite Welt, aber heute habe ich mir Speyer vorgenommen. Drache ist viel zu selten in der Heimat unterwegs und wisst ihr was, in Speyer ist tierisch was los.  

Wir beginnen unsere Tour am Altpörtel. Er soll eines der höchsten Stadttore in Deutschland sein. Ganz ehrlich, der ist auch ganz schön beeindruckend und nur dem Prior des Karmeliterklosters hat er es zu verdanken, dass er heute noch steht. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 wurde nämlich die Stadt Speyer platt gemacht und man wartete schon mit brennender Lunte auf das Signal. Zum Glück wohnte der französische Marschall im nahen Karmeliterkloster und der Konvent konnte ihm glaubhaft versichern, dass die morschen und baufälligen Mauern des Klosters den gewaltigen Stoß beim Einsturz des Turmes nicht überstehen würden. Sie müssen sehr überzeugend gewesen sein, denn wie ihr seht steht der Turm noch heute.

Ist euch auch aufgefallen, dass es hier zwei Ziffernblätter gibt?  Das große zeigt die Stunde und das kleine die Viertelstunde. Früher war nämlich nur die Stunde wichtig. Da hat drache sich nicht um viertel vor oder halb getroffen und damit die Reisenden schon aus der Ferne sehen konnten, ob sie denn wohl pünktlich waren, ist das Stundenziffernblatt so viel größer.  

Bevor wir uns auf den Weg durch die Stadt machen, folgt mir noch in den Torbogen. Dort befindet sich ein eiserne Stab. Was der wohl zu bedeuten hat? 

Nun, die Stadt Speyer hatte lange ein eigenes Maßsystem, an das sich jeder Händler halten musste und das hier ist der sogenannte Speyerer Schuh. Sieht so aus, als ob ich ziemlich genau einem solchen Schuh entspreche. Das kommt auch hin, denn so ein Schuh entspricht in etwa 28.89 Zentimetern.  

Wir wandern weiter und kommen an diesem Einhorn-Brunnen vorbei. Warum der hier steht, habe ich nicht herausgefunden. Vielleicht hat es etwas mit der Einhorn-Apotheke am Markt zu tun, Da steht auch eines oben auf dem Dach.

Ich muss dann auch gleich mal schauen, was der Fisch da unten so interessantes erblickt. Da ist aber nichts zu sehen. Ich finde, ich würde mich auch gut als Brunnenfigur machen. Nur weiß ich nicht, ob ich den ganzen lieben langen Tag Wasser spucken wollte. Feuer käme wahrscheinlich nicht so gut an oder was meint ihr?

Die Gailergasse führt uns zur Kirche St Joseph. Die ist jetzt nichts besonderes, aber ich finde es so toll, wie sie sich in dem Auto spiegelt. Die Besitzerin, die zurückkam, als Frauchen das Foto machte, muss auch gedacht haben, da sind ein paar Bekloppte unterwegs. Nachdem ich ihr versprochen habe, dass ich dem Auto nichts tue, durfte Frauchen das Foto schießen.

Interessanter ist die Gedächtniskirche mit ihrem mächtigen Turm. Was glaubt ihr, wie hoch der ist? Er ist der höchste Kirchturm der Pfalz und 346.14 Speyerer Schuh hoch. Wieviel das ist, habt ihr auf der Tour ja bereits gelernt

Im Inneren ist sie wunderschön mit ganz vielen tollen Glasfenstern. 

Erbaut wurde sie zur Erinnerung an den Reichstag zu Speyer 1529. 14 Reichsstädte und sechs Fürsten fanden den Beschluss, die Reformation der Kirche rückgängig zu machen gar nicht toll und protestierten dagegen.

Natürlich darf dann im Eingang auch dieser Herr nicht fehlen. Den kennt ihr, oder? Klar das ist Luther mit der Bibel in der Hand.

Doch genug von Gotteshäusern für den Moment. Wir kommen auf unserem weiteren Weg an den Überresten der Stadtmauer vorbei und ob ihr es glaubt oder nicht, einer der drei Türme nennt sich Drachenturm.

Ich hatte ja die leise Befürchtung, dass man dort früher Drachen eingesperrt hat. Doch diese drei Jungs versichern mir glaubwürdig, dass das wohl nicht so war. Ich glaub das jetzt einfach mal.

Doch dann entdecke ich die perfekte Drachenburg für unsere Bande. Ist die nicht toll? Ich will die gleich einpacken und mit nach Hause nehmen, doch Frauchen fragt mich ernsthaft, wo wir die denn aufstellen sollen? Ich bin ja für ihr Arbeitszimmer, aber irgendwie kann ich sie nicht überzeugen und so bleibt diese tolle Burg, wo sie ist. 

Die Brezel ist für Speyer wohl sowas, wie die Bratwurst für Nürnberg. Sie ist zum Nationalgebäck geworden und deshalb steht auf dem Marktplatz auch der Brezelbube. 

Manche Speyerer glauben ja, die Brezel sei eine lokale Erfindung, aber das ist dann doch wohl eher Wunschdenken.

Im Mittelalter war die Brezel etwas besonderes und wurde nur für bestimmte Personenkreise gebacken. Ich könnte mir vorstellen, dass hier aufgrund der Bedeutung des Doms schon früher viele Brezeln gebacken und das Gebäck dadurch zum Nationalgebäck wurde.  

Wir sind zurück im Zentrum und was muss ich da entdecken? Einen Georgsbrunnen gibt es auch. Ich mag den Typ ja so gar nicht und der kann froh sein, wenn er mir nie über den Weg läuft. Der Drache sieht irgendwie auch nicht aus, als wäre er bereits tot. Ich bilde mir zumindest ein, er hätte mir zugezwinkert. Der verstellt sich also nur und wird gleich angreifen. Hoffe ich jedenfalls. 

Da ich die Tour ja unter das Motto "tierisch was los" gestellt habe, muss ich jetzt mal heraus finden, was für Tiere denn hier unten Wasser speien. Es sind nur Löwen und Widder. Leider keine Drachen dabei.

Gegenüber steht das schöne Rathaus. Früher stand hier die "Alte Kanzlei", aber im Gegensatz zum Altpörtel war da keiner, der sich schützend vor sie geworfen hätte und so wurde sie 1698 platt gemacht.  

Doch eigentlich wollen wir in den Kulturhof hinter dem Rathaus und den Speyerer Raben suchen. Frauchen ist echt zu blöd. Wenn ich euch erzähle, wie oft wir durch den Hof gelaufen sind und diesen Raben gesucht haben. Dabei ist der doch gar nicht so klein. Ich habe ihn ja gleich entdeckt, aber ich dachte mir, lass Frauchen ruhig mal suchen. Maximilian heißt er übrigens, aber ich habe nicht herausbekommen können, welche Bedeutung er für Speyer hat. Vielleicht kann uns da mal jemand aufklären.

Nachdem Frauchen ihren Blick auch mal nach oben gewendet und den Raben endlich entdeckt hat, wird es Zeit für uns Richtung Judenhof zu laufen. Dort wollen wir um 14:00 Uhr an einer Führung teilnehmen und uns die Überreste der jüdischen Kultur anschauen. Als "Jerusalem am Rhein" bezeichnete man im Mittelalter die jüdischen Gemeinden von Worms, Mainz und Speyer. Heute sind sie UNESCO Welterbe.

In Speyer stehen noch die Überreste der Frauen- und Männersynagoge. Der Gottesdienst fand getrennt statt. Das Hauptgeschehen war in der Männersynagoge und die Frauen konnten durch Schlitze in der Wand von der benachbarten Frauensynagoge teilnehmen oder besser zuhören.  

Besonders gut erhalten ist hier noch die Mikwe, das Ritualbad. Viele Stufen geht es hinunter in einen Vorraum. Also der Baumeister, der diese Treppe gebaut hat, muss besoffen gewesen sein. Keine Stufe gleicht der anderen. Alle sind unterschiedlich breit und hoch. Frauchen meint, das wäre Absicht. Die Besucher sollten sich konzentrieren, wenn sie zum Bad hinabsteigen. Na, wenn das so ist.

Im Vorraum konnte man sich dann entkleiden und ist von dort einzeln hinabgestiegen ins eigentliche Bad. 

Das Wasser einer Mikwe muss "lebendiges Wasser" sein, deshalb lagen sie so tief auf Höhe des Grundwasserspiegels. Sieben Stufen müssen hinabführen und das Becken muss mindestens 500 Liter fassen. Muss ja genug Wasser da sein, damit man dreimal untertauchen kann.

Ich weiß ja nicht, ob ich in dieses Becken eintauchen wollte. Ich hoffe, das sah früher etwas einladender aus. 

Bevor wir das Judentum verlassen und uns dem Dom zuwenden, sag ich noch schnell hallo zu den Gelehrten. Ich habe heute viel gelernt.

Der Dom ist ja schon ein mächtiges Bauwerk. 134 m ist er lang und die Türme haben eine stattliche Höhe von 71.20 bzw 65,60 m. Damit ist er die größte erhaltene romanische Kirche der Welt und zählt natürlich zum UNESCO Weltkulturerbe. 

Vielleicht bin ich ein Kunstbanause, aber irgendwie beeindruckt mich das alles nicht wirklich. Nicht mal Wasserspeier gibt es.

Mal schauen, was er im Inneren so zu bieten hat. 

Vom Inneren des Doms bin ich ziemlich enttäuscht. Da habe ich schon schönere gesehen. Zugegeben, er ist sicher in erster Linie wegen seiner Kaisergräber so berühmt, aber auf alte Sarkophage habe ich jetzt keine Lust mehr.

Eine Kerze habe ich aber doch angezündet. Ist bei mir so Tradition, wenn ich in eine Kirche kommen. Und schaut mal, da ist auch wieder der Rabe. Irgendeine Bedeutung muss er also doch für die Stadt haben.

An der Fassade entdecke ich vier geflügelte Gestalten. Leider ist wieder kein Drache dabei. Kann ja eigentlich auch nicht, denn wofür stehen die vier? Na, wer weiß es? Genau, sie stehen für die vier Evangelisten Johannes, Matthäus, Markus und Lukas. Da wollte wohl keiner von einem Drachen symbolisiert werden.

Nachdem ich mir die Domfassade noch ein wenig genauer betrachtet habe, bin ich schließlich doch noch auf ein paar Drachen gestoßen.

Vor dem Dom entdecke ich dann diese riesige Schale. Ob das wohl so ein Ganzkörper-Taufbecken ist, wie Pepe einige auf seiner Toskana-Tour gesehen hat? 

Aber dann würde es doch sicher nicht im Freien stehen. 

Es handelt sich hier um den Domnapf, der wohl die Grenze zwischen der Reichsstadt Speyer und dem Hochstift markierte. Wer in Speyer verurteilt wurde, suchte oft Zuflucht hinter dem Napf, denn dort galt bischöfliches Recht.

Doch auch Urteile wurden hier vollstreckt und böse Jungs und Mädchen nackt und mit einem Sandstein um den Hals 700 m bis zum Altpörtel geschickt. War für die Bevölkerung natürlich eine Gaudi. 

1580 Liter soll das Teil ja fassen. Das muss ich mir jetzt mal genauer anschauen. Übrigens wird der Domnapf jedes mal mit Wein gefüllt, wenn ein neuer Bischoff gewählt wird. Der Wein wird dann ans Volk verteilt. Da muss ich bei Gelegenheit doch mal wieder herkommen.

Für heute habe ich genug über die Stadt Speyer gelernt. Es gibt aber noch so viel mehr zu entdecken. Alleine für das Technikmuseum braucht drache ja schon einen ganzen Tag. Ich komme also sicher noch mal zurück.


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