winterlicher Schlosspark


Drachen sind friedliche Lebewesen. Die Geschichten von blutrünstigen Drachen sind schlichtweg erfunden, damit die Siegfrieds dieser Welt besser dastehen.

Doch diese Woche war es vorbei mit friedlich in der Drachenburg. Uns reicht es jetzt. Schon im Dezember waren wir kaum unterwegs, da ja überall die Weihnachtsmärkte ausfielen und den Januar haben wir auch zuhause verbracht. Wir sind doch Dragons on Tour und wollen endlich wieder was erleben. Also haben wir Frauchen vor ein Ultimatum gestellt: entweder es geht endlich wieder auf Tour oder wir nehmen die Bude auseinander. Wie das enden würde, wollte sie wohl nicht austesten, folglich hat sie versprochen wieder mit uns auf Tour zu gehen. Es gäbe ja schließlich Museen für schlechtes Wetter. 

Doch heute morgen schien die Sonne vom strahlend blauen Himmel und so habe ich (Pius) unser Frauchen aus dem Bett gescheucht, damit sie es sich ja nicht anders überlegt.

Gemeinsam sind wir dann mit der Bahn nach Schwetzingen gefahren. Das ist nicht so weit entfernt und hat einen wunderschönen Schlosspark.

In heutigen Zeiten ist es ja nicht mehr ganz so einfach, spontan etwas zu unternehmen. Früher hat Frauchen eine Eintrittskarte gekauft und gut war. Heute muss drache erst nachweisen, dass er unter die 2G-Regel fällt und sich dann auch noch einchecken. Zum Glück ist aber heute nicht viel los und wir sind schnell durch alle Kontrollen.

Hinter dem Eingang muss ich mich erst mal orientieren. Das ist schon ein riesiger Park, den der gute Carl Theodor da hat anlegen lassen. Und was es da so alles zu entdecken gibt. Lasst euch mal überraschen.  

Mitte des 18. Jhdts wurde hier im Schloss ein rauschendes Fest gefeiert, als sich Carl Theodor und Elisabetha Auguste die Ehe versprachen. Glücklich war die Beziehung wohl von Anfang an nicht, denn der gute Carl wurde nur durch die Hochzeit zum Kurfürsten und das hat ihm seine Frau wohl öfters aufs Brot geschmiert. Hätte er sich mal besser vorher überlegt, wen er da heiratet. Aber mal ehrlich, ich glaube die meisten dieser adeligen Ehen waren keine Liebesbeziehungen. Da ging es doch immer nur um Macht. Wenigstens hat so ein Schloss ja genug Zimmer, um sich aus dem Weg zu gehen.  Vielleicht hat der Carl auch deshalb soviel Energie in den Ausbau und die Gestaltung des Schlossparks gesteckt, weil er dann seine Ruhe hatte und sich in sein Badehäuschen zurück ziehen konnte. Immerhin residierte der kurpfälzische Hof von April bis Oktober hier in Schwetzingen und es soll eine der schönsten Sommerresidenzen in Europa gewesen sein. 

Ich mache mich jetzt jedenfalls auf den Weg, um diesen Schlossgarten zu erforschen und treffe direkt auf diese Bäumchen. Die Früchte sehen aus wie kleine Äpfel, aber ich traue der Sache dann doch nicht und probiere sie lieber nicht. Nach der Vorgeschichte sind es sicher keine Liebesäpfel. Nicht, dass Elisabetha hier irgendwelche Giftäpfel gepflanzt hat. Frauen können ja schon ziemlich fies sein. Man denke nur an Schneewittchen.

Die Sonne scheint so schön und der Tag ist noch jung, da können wir heute eine große Runde durch den Park drehen. Mein erstes Ziel ist die Moschee. Doch seht ihr die vielen Bäume rechts von mir? Das sind alles Kirschbäume und wir sollten unbedingt noch mal her kommen, wenn die blühen. Das sieht bestimmt fantastisch aus.

Den Eingang zum Moscheegarten bewachen zwei Löwen. Die sind aber ganz friedlich und lassen mich ohne Probleme passieren. Sollten sie mal auch nicht. Ich bin zwar viel kleiner, aber ich kann Feuer spucken und Krallen kann ich zur Abwehr auch ausfahren. Denkt man gar nicht, wenn man mich so betrachtete, oder?

Dann stehe ich vor der Moschee. Ihr wundert euch bestimmt, wieso es im Schlossgarten eine Moschee gibt. Man könnte ja jetzt denken, der Kurfürst hätte viele Diener aus dem Morgenland gehabt und ihnen ein Gotteshaus gebaut. Ist aber nicht so und wenn man genau hinschaut, erkennt drache auch, dass es sich hier nicht um eine echte Moschee handelt. Es gibt keine Waschräume und die arabischen Inschriften sind auch fehlerhaft. An manchen Stellen sind die Punkte falsch gesetzt. Tja, so was sieht mein geschultes Drachenauge sofort. Schließlich beherrsche ich die arabische Schrift perfekt. Das habt ihr jetzt nicht wirklich geglaubt, oder? Die Info stand auf einer Tafel im Inneren der Moschee.

Weiter geht es durch den Wandelgang bis zum Eingang der Moschee. Schaut doch nur, was die Sonne für tolle Muster zaubert.

Der Carl hat sich ja schon genau überlegt, wie er seinen Garten haben wollte und so entstand gegenüber der Moschee ein antiker Tempel. Der ist nicht etwa im Laufe der Zeit verfallen, sondern wurde gleich als Ruine gebaut. Ich stelle mir unter einem römischen Tempel zwar etwas anderes vor, aber Frauchen meint, das wäre wohl ein römisches Kuppelgrab. 

Was ich an diesen Schlossgärten so faszinierend finde, sind die vielen Wasserwege und das es überall diese Durchblicke gibt. Also ganz ehrlich unter uns Drachen, für mich sieht das Teil nicht mal römisch aus.

Wenigstens die Treppe hinauf zum Tempel hätten sie ja anständig bauen können. Muss doch nicht alles Ruine sein. Wie soll ich denn hier bitte hoch kommen?

Frauchen, ich könnte da ein wenig Hilfe gebrauchen.

Der Aufstieg hat sich aber gelohnt, denn von oben hat drache noch mal einen schönen Blick auf die Moschee und weil immer wieder die Sonne heraus kommt, spiegeln sich alle Gebäude so schön in den Seen.

Ich folge den Wasserläufen und schaut mal, wen ich da unterwegs treffe. Könnte ihr das Nagetier erkennen? Der war gar nicht scheu, aber ich habe mich trotzdem nicht näher ran getraut. Nicht, dass der mich noch für einen leckeren Happen Grünzeug hält. Ja,ja, ich weiß, ich kann Feuer spucken und Krallen ausfahren. Aber was drache kann und dann am Ende doch tut, sind zwei paar Stiefel und ich gehe lieber auf Nummer sicher.

Aus der Ferne kann ich schon den Apollotempel sehen. Das bedeutet, wir sind jetzt wieder auf einer Linie mit dem Schlossgebäude, nur das drache es nicht sehen kann. Hier ganz in der Nähe hat der Carl sich sein verstecktes Badehaus in einem intimen Garten gebaut. Mauern und Hecken schließen das Areal perfekt ein. Angeblich kam er ja zum Musizieren und Studieren hier her. Wer weiß, was der Kurfürst so studiert hat. Weit genug vom Schloss war es ja entfernt und ein Kostverächter war unser Carl bestimmt auch nicht, wenn ihr wisst, was ich meine. Irgendwo müssen seine zahlreichen außerehelichen Kinder ja gezeugt worden sein.

 

Ich zeig euch jetzt meinen Lieblingsplatz im Park. Dieser tolle Vogelbrunnen ist auch im geheimen Garten um das Badehaus versteckt. Im Sommer ist es noch viel schöner, wenn die ganzen Vögel Wasser speien. 

Und noch eine Besonderheit gibt es in diesem geheimen Garten, das Ende der Welt. Natürlich ist die Welt hier nicht wirklich zu Ende. Es ist nur eine Illusion, aber gut gemacht. Selbst die Felswände um das Gemälde sind nur gemalt. Schade, dass ich da nicht näher hin kann, um mir das mal genauer anzuschauen.

 

Normalerweise dreht Frauchen an diesem Punkt um und läuft zum Hauptgebäude zurück. Ich möchte mir aber noch gerne das römische Wasserkastell anschauen. Da es von hier nur ein kurzer Abstecher ist, willigt Frauchen ein und wir verlassen den intimen Garten des Kurfürsten. Ob seine Gattin wohl von dem Badehaus wusste?

Auch dieses Wasserkastell wurde von Anfang an als Ruine gebaut. Jedenfalls kann ich hier ein Kastell in dem Gemäuer erkennen.

Über dieses Aquädukt fließt aber sicher kein Wasser mehr zum Kastell. Im Inneren gibt es zwar einen kleinen Wasserfall, der sich in den Teich ergießt, aber gespeist wird der wohl von anderer Stelle. 

 

Ich habe mich ja schon bei dem Grabtempel gewundert, warum die das als Ruine errichtet haben. Frauchen meint, das hätten die damals immer so gemacht, nicht nur hier. Sollte wohl an die Vergänglichkeit des Menschen und seiner Werke erinnern. Ob das aber allen so bewusst war? 

Ich erkenne auf Gemälden auch nie, warum der Maler eine bestimmte Farbe gewählt hat oder warum eine Figur nach rechts und nicht nach links schaut. Muss drache auch nicht, oder?

Dann treten wir aber doch den Rückweg an und kommen noch mal am Apollotempel vorbei. Der erhebt sich hinter einem kleinen Naturtheater. Passt ja, ist doch Apollo der Gott der schönen Künste. Hochkraxeln mag ich jetzt aber nicht mehr. Die Treppenstufen sind hier ähnlich unregelmäßig, wie am Tempelgrab.

Die Aussicht ist bestimmt toll, aber für heute reicht es.

 

Auf geheimen Wegen schlagen wir uns zum Hauptgebäude des Schlosses durch und treffen zum Abschluss noch auf dies Jungs. Was der arme Schafsbock ihnen wohl getan hat, dass sie ihn so in die Mangel nehmen? Ich habe es nicht heraus bekommen. Die sollen nur aufpassen, dass er sich nicht irgendwann wehrt. Der hat zwar keine Krallen und kann auch nicht Feuer spucken, aber so ein Stoß mit seinen Hörnern verursacht bestimmt mehr, als nur blaue Flecken.  

Weit ist es von hier nicht mehr bis zum Ausgang und so sind wir pünktlich zur Abfahrt des Busses an der Haltestelle.

Das war seit langem mal wieder ein schöner Ausflug und ich hoffe Frauchen hält ihr Versprechen und unternimmt jetzt wieder öfter was mit uns. 


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