Schlösser im Münsterland


Man muss wirklich nicht immer in die weite Welt reisen, wenn man in einem so tollen Land wohnt. In der Heimat gibt es noch so viele schöne Flecken, die ich nicht gesehen habe.

Als bekennender Romantiker werde ich mir dieses Jahr das Münsterland mit seinen vielen Wasserschlössern vornehmen. Natürlich ist auch die eine oder andere Schlossübernachtung eingeplant.


Burgen und Schlösser
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StepMap Burgen und Schlösser



Wasser marsch

on board

06.04.2014

 

Früh am Morgen geht es los Richtung Münsterland. Wenn Engel reisen, scheint ja sonst eigentlich die Sonne, aber der Wettergott meint es nicht so gut mit mir. Kaum bin ich auf der Autobahn, stecke ich auch schon mitten in einer Nebelbank. Bei Frankfurt hat die Sonne kurzzeitig den Kampf gewonnen doch das ändert sich rasch während ich mich auf der A45 über die diversen Mittelgebirge kämpfe. Nach drei Stunden habe ich den Möhnesee erreicht und die Sonne endgültig auf meiner Seite.

Der See ist Trinkwasserreservoir für das Ruhrgebiet. Der Damm wurde 1908 bis 1912 von Arbeitern vornehmlich aus Italien und Kroatien erbaut und galt damals als der massivste Damm Europas. Nach der Fertigstellung dauerte es nicht lang bis der Möhnesee sich zu einem beliebten Naherholungsgebiet entwickelte. In den 20igern waren Bootsfahrten ein beliebtes Wochenendvergnügen. Noch heute legt ein Katamaran zu einstündigen Rundfahrten ab der Sperrmauer ab. Die Sonne scheint inzwischen von einem fast wolkenlosen Himmel und hat bereits genügend wärmende Kraft, sodass ich mir dieses Vergnügen gönne und mir an Deck den Wind um die Nase wehen lasse.

alte Wassermühle

Weiter geht es nach Soest. Hier ist heute Frühlingsfest und entsprechend viel los. Man kann auf eigene Tour einen Altstadtrundgang machen und wird dabei zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt geleitet. Ich lasse mich lieber durch diese von Fachwerkhäusern und engen Gassen geprägte, ehemalige Hansestadt treiben und beschränke mich dabei auf die Gegend um den Marktplatz. Einer der wenigen Barockbauten der Stadt ist das Rathaus mit seiner neun-bogigen Halle, über der der Schutzpatron der Stadt, St. Patrokulus, thront. Von hier ist es nicht weit zur Teichsmühle aus dem 19. Jhdt. Zurück am Marktplatz suche ich mir ein Plätzchen für ein spätes Mittagessen und werde im Ratskeller fündig. (Es gibt Spargel, was sonst zu dieser Zeit und in einer Spargelgegend) Leider fallen nach einiger Zeit die ersten Regentropfen. Zum Glück konnte ich mein Essen aber rechtzeitig beenden. Ein abschließender Bummel bringt mich über den ehemals 3km langen Stadtwall zum Osttor, dem einzigen erhaltenen von ehemals 10 Stadttoren. Nun wird es aber Zeit sich auf den Weg zu machen zu meinem heutigen Übernachtungsziel in Bad Sassendorf.


alle meine Tiere

Schloss Hovestadt

07.04.2014

 

Von wegen verarmter Adel. Im Münsterland gibt es 100 Schlösser und davon sind ca. die Hälfte in Privatbesitz und nur von außen zu besichtigen. Dazu gehört auch Schloss Nummer eins für heute. Schloss Hovestadt wurde im Mittelalter wegen seiner strategisch günstigen Lage am Lippe-Übergang mehrmals zerstört, aber immer wieder aufgebaut.


Seit 1733 ist es im Privatbesitz der Grafen von Plettenberg. Den restaurierten Barockgarten darf man aber besichtigen. Leider bin ich etwas zu früh dran und entscheide mich erst mal für einen Rundgang um das Schloss.

Auf der Schlosswiese tollen schon die ersten Osterlämmer herum. Wenn man denen zuschaut, überlegt man sich doch zweimal, was Ostern auf den Tisch kommt. Schließlich ist auch der Barockgarten offen, aber die Warterei hat sich nicht wirklich gelohnt.

Haus Vornholz

Weiter geht es zum nächsten Schloss in Privatbesitz, dem Haus Vornholz. Es war im 12 Jhdt. Sitz der Ritter von Ostenfelde und beherbergt heute ein Kavallerie Museum. Leider ist das nur für Gruppen und nach Voranmeldung zu besichtigen. Eigentlich schade, wo es doch das bedeutendste auf deutschem Boden sein soll. Da könnte sich der Adel doch ein Taschengeld nebenbei verdienen.

Schloss Loburg

Schloss Loburg ist zwar nicht in Privatbesitz, kann aber ebenfalls nur von außen besichtigt werden, da es ein Gymnasium beherbergt. 1294 wurde dieses Haus erstmals erwähnt und 1760 zum barocken Vergnügungsschloss umgebaut (was auch immer das bedeuten mag) Noch heute zeugen die historischen Rhododendronbestände im Schlosspark vom ehemaligen englischen Garten.

viel zu große Schuhe

So, für heute habe ich erst mal genug von Schlössern und der Suche nach ihnen. Da die meisten, wie bereits erwähnt, in Privatbesitz sind, sind sie leider auch nicht vernünftig ausgeschildert und ich bin den einen oder anderen Umweg gefahren. Kommt davon, wenn man ohne Navi auskommen möchte.

Außerdem bekomme ich langsam Hunger  und steuere Telgte an. Seit Jahrhunderten ist die Stadt Jahr für Jahr Ziel von rund 100 000 Pilgern und damit die bedeutendste Wallfahrtsstätte im Münsterland. Auch die traditionelle Kutschenwallfahrt an Christi Himmelfahrt mit über 100 geschmückten Pferdegespannen zieht die Menschen aus Nah und Fern an.

Mein Ziel ist der Marktplatz, denn hier beginnt die Telgter Spurensuche. Rote Pflastersteine bilden einen 2,5 km langen Rundweg. Er führt nicht nur zu den klassischen Sehenswürdigkeiten, sondern auch zu zehn Skulpturen, die einen historischen Bezug haben, wie der Stadtausrufer am Marktplatz oder der Pferdekauf (noch heute ist im September Pferdemarkt) Manche regen aber auch zum Nachdenken an, wie die Kröte, die warnend den Finger hebt, weil es den Brunnen, der ihr Refugium bot nicht mehr gibt. Oder die Eidechse, die früher in den Gemäuern des alten Telgte zu finden war. Ihr Lebensraum gehört heute längst dem Menschen, der verglichen mit den Echsen erst seit wenigen 100.000 Jahren die Weltbühne bevölkert und schon dabei ist sein eigenes Grab zu schaufeln.

Nach so viel Geschichte knurrt mir jetzt der Magen und ich suche mir ein nettes Lokal am Marktplatz.


deutsche Dichterin

Rüschenhaus von vorne

08.04.2014

 

Heute geht es zuerst zum ehemaligen Wohnhaus der Dichterin Annette von Droste Hülshoff, dem Rüschhaus. Es vereinigt die Elemente eines westfälischen Bauernhauses und barocken Herrensitzes. Die Hofseite ist symmetrisch gestaltet und sieht aus wie ein gewöhnlicher Bauernhof. Wandert man jedoch einmal um das Anwesen, gelangt man zur Gartenfront und dem schön angelegten Garten. Diese Seite diente der Repräsentation und wirkt eher wie ein Herrensitz. Das Anwesen ist im Rahmen einer Führung zu besichtigen, allerdings mag ich nicht noch eine Stunde warten, zumal es gerade wieder zu regnen beginnt. Dieses Aprilwetter aus Regen und Sonne wird mich den ganzen Tag begleiten. Zum Glück scheint die Sonne wenigstens während der Besichtigungen und der Regen sucht sich die Zeit aus, in der ich sowieso im Auto sitze.


Skulpturen im Barockgarten

 

Ich bleibe der Dichterin auf den Spuren, denn nicht weit entfernt befindet sich Burg Hülshoff, in der sie geboren wurde. Besonders eindrucksvoll ist hier die Vorburg mit gleich zwei Wehrtürmen. Auch Burg Hülshof kann man im Rahmen einer Audioführung besichtigen. Gezeigt werden die ehemaligen Gemächer der Burg. Man gewinnt dabei einen Einblick in die Lebensgewohnheiten des münsterländischen Adels zur damaligen Zeit.

Burg Hülshoff

Burg Hülshof
von der anderen Seite des Grabens

Haus Welbergen liegt als nächstes an der Strecke. Hierbei handelt es sich um einen ursprünglichen Gräftenhof, erkennbar an dem ausgedehnten Gräftensystem. Gräfte ist das westfälische Wort für Wassergraben. Viele Adelshäuser waren zu Verteidigungszwecken von solchen umgeben. Oft dienten sie auch als Mühlenteich. Haus Welbergen ist nicht nur von Wasser umgeben, sondern verfügt zusätzlich über eine Vorburg mit Zugbrücke und eine Ringmauer. Wer hätte da schon einsteigen können? 1730 wurde das Gebäude im barocken Stil umgebaut und 1960 hat man dann einen entsprechenden Barockgarten angelegt.

Jetzt habe ich für heute aber erst mal genug von Wasser; kommt es doch auch regelmäßig von oben.

Bevor ich jedoch mein Hotel für heute ansteuere, mache ich noch einen Stopp in Bad Bentheim. Hier findet sich die einzige Höhenburg des Münsterlandes. Imposant thront sie auf einem Sandsteinrücken. War das christliche Zentrum der Burg die Kirche, so war das strategische Zentrum der Pulverturm. Er ist der älteste Teil der Burg und steile Holztreppe führen hinauf auf eine Plattform. Von hier wurde nach Feinden Ausschau gehalten und noch heute hat man, gutes Wetter vorausgesetzt, einen fantastischen Ausblick. Sollte es bei einem Angriff zum schlimmsten kommen, konnte man sich immer noch im Turm verbarrikadieren. Nach Kriegszerstörung im 18. Jhdt. war die Burg unbewohnbar geworden und diente bis 1865 als Gefängnis. Erst 1863 wurde sie zum Schloss umgebaut.

 

 

 



Schlössersuche

Schloss Ahaus

09.04.2014

 

Zum Glück regnet es heute nicht. Leider bleibt der Himmel bedeckt und die Sonne spitzelt nur ab und zu ein wenig durch die Wolken. Dafür komme ich mir heute wieder vor wie auf einer Heimatrallye des ADAC, nur das es am Abend für die gefundenen Schlösser keine Punkte und Preise gibt.

Schloss Ahaus ist ja noch einfach zu finden. Erbaut wurde es 1689 als Jagdschloss. Dafür ist es erstaunlich großzügig. Jagdschlösser habe ich mir immer kompakter vorgestellt. In den beiden Torhäusern sind ein Schul- und ein Torhausmuseum untergebracht.

 

Schloss Varlar

Danach wird es spannend und ich muss wieder mehrmals meine Karte zur Hand nehmen. Dumm, dass viele Schlösser und Herrenhäuser eben nicht mitten im Ort liegen. Leider sind, wie bereits erwähnt, viele nicht oder erst sehr spät ausgeschildert. Wäre doch gelacht, wenn ich die beiden im Bezirk der Gemeinde Rosendahl nicht finden würde. Nummer eins, Schloss Varlar ähnelt wirklich mehr einem Schloss als die vielen Wasserburgen, die bisher an meiner Route lagen.

Schloss Darfeld

Nummer zwei, Schloss Darfeld ist nur durch einen kurzen Spaziergang zu erreichen. Wäre aber schade, wenn ich mir dieses Teil hätte entgehen lassen, ist es doch ein Märchenschloss schlechthin. Fehlt nur noch der Prinz auf seinem weißen Pferd. Hier würde ich direkt einziehen und es steht auf meiner Rangliste ab sofort on top.

Coesfeld, welches ich für ein Mittagessen ansteuere, hätte man getrost weiträumig umfahren können. Selbst die Damen und Herren in der Touristinformation scheinen nicht viel auf Stadtmarketing zu geben, dauert es doch eine ganze Weile bis man mich nach meinen Wünschen fragt. Dabei will ich doch nur einen Stadtplan und wissen, ob es einen ausgeschilderten Rundweg gibt. Den Stadtplan bekomme ich, die Sehenswürdigkeiten muss ich mir selber zusammen suchen. War aber nicht so schwer, da es kaum welche gibt. Also rasch den Hunger gestillt und dann nichts wie weg.


Blütenträume

Jugendburg Gemen

10.04.2014

 

Mit dem Sonnenschein wird es wohl nichts mehr auf dieser Tour. Selbige hat beschlossen sich endgültig hinter den Wolken zu verstecken. Nach einem ausgiebigen Frühstück (hat ja schließlich EUR 13.00 extra gekostet) geht es zur ersten Burg, der Burg Gemen. Sie ist eher eine kompakte Anlage und der älteste Teil, der Bergfried ist von 1280. Zu besichtigen ist sie leider nicht, da sie als Jugendbildungsstätte des Bistums Münster dient.

Schloss Raesfeld

Weiter geht es zum nahen Schloss Raesfeld, ebenfalls eine Bildungseinrichtung. Von den ehemals 4 Flügeln stehen heute nur noch der Westflügel - mit dem höchsten Turm Westfalens - und der Nordflügel.

In der Vorburg richtete Reichsgraf Alexander II, Besitzer des Schlosses, im sogenannten Sterndeuterturm ein Observatorium ein.

 

Drachen zwischen Blüten

Noch ein letztes Schloss liegt auf dem heutigen Weg. Da es erst um 13.00 Uhr öffnet bin ich noch etwas früh dran und stärke mich im nächsten Ort bei Kaffee und Kuchen. Das Warten hat sich aber gelohnt, denn Schloss Lembeck ist im Rahmen einer Führung zu besichtigen. Mit Filzpuschen an den Füßen erforschen wir Salons und Säle in der Atmosphäre des 17. und 18.Jhdts. Mir haben es die alten Holzfußböden angetan, die so herrlich knarren wenn man darüber läuft. Die vier Kronleuchter aus Morenoglas (einer davon fast zwei Meter hoch) möchte ich allerdings nicht putzen müssen. Berühmt ist dieses Wasserschloss auch für seinen Rhododendrongarten. Die ersten blühen schon. Wie toll muss es erst in ein paar Wochen aussehen, wenn alle in rosa oder weißer Blüte stehen. 


und zum Schluß nochmal: Wasser marsch

11.04.2014

 

Langsam wird es Zeit für den Heimweg. Wasser habe ich in den letzte Tagen genug gesehen. Zum Abschluss muss es aber nochmal sein. Auf dem Weg nach Hause komme ich am historischen Schiffshebewerk Henrichenburg vorbei.

Als es 1899 von Kaiser Wilhelm II eingeweiht wurde, jubelte die Menge und noch heute fühlt man sich ehrfürchtig, wenn man vor diesem größten Bauwerk am Dortmund-Ems-Kanal steht. Seit über 40 Jahren liegt dieser gigantische Aufzug bereits still. Eine Treppe (132 Stufen) führt hinauf auf die Brücke zwischen den beiden Haupttürmen, von wo aus man einen fantastischen Ausblick auf die Stahlkonstruktion hat.

Unterhalb des Hebewerks liegen einige historische Schiffe. Eines davon ist die MS Franz-Christian. 


An Bord kann man erfahren, wie eine typische Binnenschifferfamilie vor 50 Jahren gearbeitet und gelebt hat. Ziemlich beengt ging es da zu, wenn sich eine Familie eine kleine Kabine zum Schlafen, Essen und Leben teilen musste. Für Privatsphäre war da kein Platz. 

 

Von hier geht es jetzt in 3,5 Stunden direkt nach Hause. Insgesamt bin ich in sechs Tagen 645 km durchs Münsterland gefahren (ein paar Umwege mit eingerechnet) und habe 16 Wasserschlösser und eine echte Burg gesehen.