Mistelzweige & Zebras
18.12.2016


Heute heißt es wieder früher aufstehen, denn ich will auf dem Heimweg noch eine Stopp in Heilbronn machen. Auch dort gibt es einen Weihnachtsmarkt.
Entstanden ist die Stadt im Mittelalter. Ein schiffbarer und fischreicher Fluss, fruchtbarer Boden und wildreiche Höhen zogen die Menschen an. 1281 erhielt Heilbronn das Stadtrecht und 52 Jahre später das Privileg den Fluss aufzustauen und einen Hafen anzulegen. Beste Voraussetzungen, um sich hier anzusiedeln.
Vom Bahnhof aus geht es schnurgerade bis über den Neckar.
Auf der Brücke sitzt ein Hase und angelt. Wozu eigentlich? Wenn ich im Bioleistungskurs richtig aufgepasst habe, sind die doch Vegetarier.


Nicht weit von hier steht der Deutschhof. Der war ursprünglich eine Residenz, wurde aber im 19.Jhdt zur Kaserne umfunktioniert.

In der Kramstraße stoße ich auf einen wunderschönen Arkadenbau. Der fand vielseitige Verwendung. Unter der Woche tagte hier im Obergeschoss das Gericht, während sich am Wochenende die Bürger bei Festen und Hochzeiten vergnügten. Das war aber noch nicht alles. Ursprünglich waren die Hallen des Erdgeschosses offen und hier fand der Fleischmarkt statt.
Der Löwe an der Säule hat seinen Anteil jedenfalls bekommen.

Dann einmal scharf rechts abbiegen, dem Fluss folgen und ich stehe vor dem Götzenturm. Er ist einer von nur noch zwei erhaltenen Türmen der einstigen Stadtmauer. Auch hier balanciert in luftiger Höhe ein Scheibenmensch. Wer hat denn da wohl von wem abgeschaut?


Gleich daneben das Deutschordensmünster St. Peter und Paul. Schaut man genau, erkennt man, dass der Unterbau des Kirchturms anders ist. Ist er auch, denn er stammt von der ehemaligen Marienkapelle von 1250. Das macht ihn (zu mindestens teilweise) zum ältesten Bauwerk der Stadt.


Hoch oben auf dem Turm thront das "Männle“. Also irgendwie haben es die Schwaben mit Figuren auf Türmen.
Auf dem Weg zum Marktplatz (oder Weihnachtsmarkt) kommen wir an St. Kilian vorbei und was fällt sofort ins Auge? Der Turm natürlich und nicht, weil er etwa besonders hoch wäre, nein er ist achteckig und das ist für Kirchtürme doch eher ungewöhnlich. Ebenso ungewöhnlich finde ich, dass sein Baumeister am Westturm die religiösen Missstände der damaligen Zeit darstellen durfte. Oder vielleicht hat er es einfach getan und keiner hat es wirklich bemerkt oder sich nicht getraut was zu sagen.

Ebenfalls on Top meine besonderen Lieblinge, die Wasserspeier und Figuren.

Im Inneren der Kirche findet man noch ein Schmuckstück, einen spätgotischen Schnitzaltar. Zum Glück waren die Figuren im Jahre 1944, als Heilbronn platt gemacht wurde, sicher im Stollen des Salzbergwerks Kochendorf verstaut. Sonst könnten wir sie heute sicher nicht bewundern.

Das Hafenmarkt nichts mit Hafen zu tun hat, habe ich ja gestern in Esslingen gelernt. Auch hier am Fuße des Hafenmarkturmes fand bis zum zweiten Weltkrieg der Töpfermarkt statt.
Er war aber, wie man vermuten könnte, kein Turm der Stadtmauer, sondern gehörte zum ehemaligen Franziskanerkloster. Das wurde 1688 von den Franzosen niedergebrannt. Die Bürger spendeten damals Geld, aber das reichte wohl nur, um zu mindestens den Turm wieder aufzubauen. Hoch vom Turm blickt der Phönix. Der ist ja bekannt dafür, aus der Asche wieder aufzuerstehen. Hat jetzt aber nichts mit den französischen Brandlegern zu tun, sonder soll an den Wiederaufbau der Stadt nach dem Luftangriff im Dezember 1944 erinnern.
Bleiben wir bei diesem schicksalhaften Tag. Im Innenhof des Rathauses befindet sich nämlich eine Ehrenhalle zum Gedenken an jenen Tag.

Auch wenn es so scheinen mag, selbst das Rathaus hat jenen Tag nicht überstanden. Das es noch fast so aussieht wie 1417, verdankt es der Tatsache, dass es 1950 nach historischen Vorbild wieder aufgebaut wurde. Zum Glück, denn so können wir uns noch heute an den schönen Arkaden und der Freitreppe erfreuen.
Übrigens gibt es auch hier eine astronomische Uhr aus dem Jahre 1579. Wo und wie hat die wohl den 4.12.1944 überlebt?


Heilbronn ist ja über die Landesgrenzen hinaus bekannt für das Käthchen von Heilbronn. Das hat es aber so nie gegeben und ist nur die Heldin in dem gleichnamigen Stück von Heinrich von Kleist.
Ein Haus darf Käthchen in der Stadt aber doch ihr eigen nennen. Warum man wohl das Steinhaus aus dem 14. Jhdt so benannt hat? Vielleicht ist es einfacher den ausländischen Gästen ein Käthchenhaus vorzusetzen, als ihnen zu erklären wieso es in Heilbronn nie ein Käthchen gab.
Wie schon in Esslingen, ist es auch in Heilbronn schwierig am Marktplatz Fotos zu machen, da immer irgendeine Glühweinbude im Weg ist. Soll ich das jetzt mal als Zeichen nehmen und den kulturellen Teil des Tages beenden? Ich soll, denn mehr hat Heilbronn nicht zu bieten.
Dann schauen wir mal, was der Weihnachtsmarkt so her gibt. Zum Glück ist heute Montag und noch zu früh für die arbeitende Bevölkerung. Bis die in Scharen einfallen, werde ich bereits auf dem Heimweg sein.
Ich habe mich ja auf den ersten Blick unsterblich in diese Zebras verliebt.
Apropos verliebt, bevor meine Jungs jetzt Blödsinn unter dem Mistelzweig treiben,



lenke ich sie lieber mit einer Runde Essen ab. Heute auf dem Programm: Langos mit Apfelmus. Lecker!
Gestärkt treten wir dann den Heimweg an.