Unterwegs auf dem Burgensteig (2)

(Jugenheim bis Zwingenberg)


Das Wetter ist wieder besser und so können Rosalie und ich (Oskar) uns heute die zweite Etappe des Burgensteigs vornehmen. Auf dem Weg liegen zwei Schlösser. Na, wenn das nichts für meine kleine Prinzessin ist. 

18°C
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von Schloss zu Schloss

08.05.2021


14.9 km
14.9 km

Mit den Öffentlichen geht es bis Seeheim-Jugenheim, wo Hieronymus und Karlchen ihre Tour beendet haben. Von der Haltestelle laufen wir bis zum Ende der Ludwigstraße, wo wir wieder auf den Burgensteig treffen. Bevor wir aber unsere Schritte Richtung Zwingenberg lenken, steht noch der kleine Abstecher zum Schloss Heiligenberg auf dem Programm.

Nachdem wir den Berg erklommen haben, stehen wir plötzlich vor einem goldenen Kreuz. Die Kinder der Großherzogin Wilhelmine haben es nach ihrem Tod hier errichten lassen, weil es wohl der Lieblingsplatz ihrer Mutter war. Stolze acht Meter ist es hoch und heute das Wahrzeichen von Jugenheim. Eigentlich wirkt es gar nicht so groß und wir bezweifeln, dass man es von der Stadt aus sehen kann. Was soll's, andere Städte haben auch Wahrzeichen, die drache leicht übersehen kann. Ich sag nur Manneken Pis oder die kleine Meerjungfrau.  

Ich bin ja ganz begeistert von der alten Zentlinde. 800 Jahre soll die alt sein und muss schon ordentlich gestützt werden. Was die wohl schon alles erlebt hat? Unter ihren Zweigen wurde einst das Zentgericht abgehalten. Die könnte bestimmt Geschichten erzählen. Hoffentlich kann man sie noch eine Weile erhalten.

Und dann bekommt Rosalie plötzlich ganz glänzende Augen. Bekommt sie immer, wenn wir Kirchen oder Klöster besichtigen. Selbst wenn es nur Ruinen sind. Wie bekomme ich sie hier nur ganz schnell weg, bevor sie mir wieder den Hochzeitsmarsch trällert. Ich mag sie ja echt gern, aber geht es nicht auch ohne Hochzeit?

Sie wollte gerade los legen, da habe ich sie zum Schlossweiher gelotst. "Lass uns mal schauen, ob da Fische drin sind", habe ich sie gelockt und es hat tatsächlich funktioniert. Puh, da habe ich für heute noch mal Glück gehabt. Fische waren natürlich keine im Weiher und jetzt stellt euch mal vor, die sind da früher tatsächlich mit kleinen Booten drauf gefahren. Mal ehrlich, da machst du doch zwei Ruderschläge und bist am anderen Ende. Ich werde ja den Verdacht nicht los, dass die gar nicht groß gerudert sind, sondern mitten im Teich Händchen halten oder vielleicht auch mal ein scheuer Kuss angesagt waren.  Ihr seht schon, ich kenn mich da aus.

Rosalie will jetzt aber zum Schloss. Als kleine Prinzessin liebt sie Schlösser, aber dieses findet sie etwas langweilig. Viel zu wenig Türmchen ist ihr Kommentar.

Nun, das Schloss war ursprünglich auch nur ein Hofgut und wurde später als adelige Sommerresidenz genutzt. Da braucht man wohl keine Türmchen und sonstigen Schnickschnack.

Rosalie will es jetzt wissen. Ob da wohl ein Prinz lebt? Doch auf ihr Klopfen macht keiner auf. Ist auch besser so. Sie ist ja schließlich meine Prinzessin, was braucht sie da einen Prinzen. Ob ich ihr verraten soll, dass hier schon lange kein Prinz mehr wohnt und das Schloss unter anderem als Standesamt fungiert. Lieber nicht, sonst bekommt sie wieder glänzende Augen.

Wusstet ihr, dass hier auf dem Heiligenberg auch russische Zaren lebten? Wie das Leben und die Liebe so spielt bei Adeligen. Der russische Thronfolger Alexander kommt auf Brautschau nach Europa, verliebt sich in Prinzessin Marie und heiratet sie. Diese ist die Schwester von Prinz Alexander, dem zu jener Zeit Hofgut Heiligenberg gehört. Der folgt seiner Schwester nach Russland und verliebt sich in eine Hofdame. Geht gar nicht! Also müssen sie fliehen, heiraten trotzdem und ziehen nach Heiligenberg. Zarin Marie findet das wohl nicht so schlimm, denn sie besucht ihren Bruder sechs Jahre später und schon bald gehen sie und ihr Mann Zar Alexander II in Schloss Heiligenberg ein und aus. Natürlich muss dann der halbe Hofstaat mit und die Bediensteten haben dann hier in diesem schmucken Russenhaus gewohnt. 

Wie gut, dass das bei uns Drachen nicht so kompliziert ist. Oder vielleicht doch?

Bevor wir Schloss Heiligenberg endgültig verlassen, zeige ich Rosalie noch den Laubengang. Man nennt ihn auch Liebespfad. Vielleicht kann ich ja ein kleines Küsschen von ihr erhaschen, wenn keiner hinschaut.

Vom Heiligenberg geht es zunächst auf bekanntem Pfad zurück nach Jugenheim, dort ein Stückchen durch den Ort und dann sind wir wieder im Wald.

Ihr kennt das ja schon. Manchmal zweigt der Wanderpfad von den breiten Wegen ab. Rosalie hat es sofort entdeckt und steuert bereits auf den Trampelpfad zu.

Ganz ehrlich, hier haben die uns aber ein wenig reingelegt, denn nach kurzer Zeit trifft der schmale Pfad wieder auf den Hauptweg. Nun denn, vielleicht wollten sie ein wenig Abwechslung in die Tour bringen.

Trotzdem kann ich nicht meckern. Der Burgensteig ist echt super ausgeschildert und noch können wir auch dem roten A für den Alemannenweg folgen. Die beiden laufen hier noch parallel, wird sich aber bald ändern. Allerdings sollte drache stets die Augen offen halten, denn nicht immer sind die Hinweise an Bäumen.

Ist wohl auch besser so, denn der eine oder andere Baum mit Zeichen wird schon mal gefällt. Solange die Zeichen ersetzt werden, soll mich das aber nicht stören.

Heute ist ein Wellentag. Was das ist? Das habe ich mir ausgedacht, denn unser Weg führt uns heute in sanften Wellen durch den Wald. Es gibt sehr zur Freude unseres Frauchens kaum steile Anstiege. Dafür ist der Weg aber auch selten auf einer Höhe, sondern geht wirklich mehrmals bergauf und bergab. Wie ihr aber sehen könnt, ist die Steigung nicht der Rede wert und selbst Frauchen hat nichts zu meckern.

Ein Stück begleitet uns ein Bach und obwohl es die letzten Tage viel geregnet hat. führt er kaum Wasser. Rosalie und ich wären ja zu gerne im Bachbett weiter gewandert, aber Frauchen meint, dann müssten wir nach Hause fliegen. Mit schlammigen Pfoten würde sie uns nicht in den Rucksack lassen. So eine Gemeinheit. Auf dem Weg wäre bestimmt irgendwo ein Brunnen zum Säubern gewesen.

Am Ernst Pasque Denkmal legen wir eine kleine Rast ein. Der war wohl Dichter und Sänger. Bitte, wie gut muss man denn singen können, damit man hier im Wald ein Denkmal bekommt? Oder reicht es, wenn man Mitbegründer des VVV Alsbach war? Müssten dann hier nicht noch mehr Denkmäler rumstehen? Ich hab's, ist bestimmt die Kombi aus beiden.

Tja und dann wird der Weg doch noch ein wenig steiler. Wundert euch das? Mich nicht. Wir sind nämlich in der Nähe vom Alsbacher Schloss und wo befinden sich im Odenwald die Burgen und Schlösser? Genau, hoch oben auf dem Berg. 

Dann haben wir Schloss Alsbach erreicht. Rosalie meint, das wäre überhaupt kein Schloss. Liegt wohl an ihrer Definition von Schloss. Für Rosalie ist ein Schloss nur dann ein Schloss, wenn es aussieht, wie aus einem Disney Film entsprungen. Vielleicht sollte ich mal mit ihr nach Neuschwanstein fahren. 

Aber irgendwie hat sie schon Recht. Das Alsbacher Schloss war wohl mehr eine Trutzburg als ein Adelssitz.

Adel schon mal gar nicht. Im 14. Jhdt war sie eine Ganerbenburg, dh sie hatte sechs Eigentümer. Dumm, wenn sich einer nicht benehmen kann und reiche Frankfurter Kaufleute überfällt. Dann haben plötzlich alle kein Zuhause mehr, denn die Stadt Frankfurt ließ sich das nicht gefallen und eroberte und zerstörte die Burg. Vielleicht gelang es deshalb einem der Erben die anderen auszuzahlen und die neu errichtete Burg sein Eigen zu nennen. Zumindest zu 5/6. Einer wollte wohl nicht verkaufen.

Jetzt frag ich mich aber ernsthaft, warum das Ding Alsbacher Schloss und nicht Burg heißt.

Ich sinne noch so vor mich hin, da muss ich mit Schrecken feststellen, dass Rosalie verschwunden ist.

Zum Glück entdecke ich sie auf einer Blumenwiese vor dem Schloss. Sie möchte, dass ich ihr einen Kranz aus Gänseblümchen mache. Oh weh, ich weiß doch überhaupt nicht, wie das geht. Hätte ich mal Kunibert gefragt. Der hat mir doch letztens so ein Ding aufs Haupt gesetzt. Zum Glück kann ich sie überreden, dass ein Sträußchen  hinterm Ohr auch hübsch aussieht. Tut es doch auch oder etwa nicht?

Zufrieden machen wir uns wieder auf den Weg Richtung nächstem Schloss. So weit werden wir heute aber nicht mehr wandern. Ob es sich bei dem Auerbacher Schloss um ein echtes Schloss handelt, werden Kunibert und Pelle für uns herausfinden.

Frauchen ist ganz verzückt, dass der Weg auch weiterhin so sanft ansteigt. Dadurch sind wir schneller unterwegs, als eingeplant.

Gut für uns, denn so erlaubt sie uns, eine Weile auf den Baumstämmen herum zu turnen. Macht echt Spaß. Du musste nur aufpassen, dass du nicht abrutschst und irgendwo zwischen dem Gehölz verschwindest. Das würde mächtig Stress mit Frauchen bedeuten. 

Nach einer Weile haben wir uns ausgetobt und laufen weiter. Doch schon nach wenigen Schritten erreichen wir eine Kreuzung. Hier treffen sich Alemannenweg, Burgen- und Nibelungensteig. Damit haben wir unser Etappenziel fast erreicht. Wir verlassen für heute den Burgensteig und folgen dem Nibelungensteig hinunter nach Zwingenberg. Auch der Alemannenweg ändert hier die Richtung. Ab sofort werden unsere Drachenkumpel nur noch dem blauen Burgtor folgen können.

Rosalie hat den Weg schon gefunden. Wir befinden uns ziemlich hoch über Zwingenberg und so geht es mehr oder weniger steil bergab. Oh weh, ich will gar nicht daran denken, dass unser Frauchen beim nächsten mal hier wieder hoch muss.



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