(Bensheim bis Heppenheim)
Drago ist ebenfalls ganz neu bei uns eingezogen und findet wandern total spannend. Hannes hat sich spontan bereit erklärt, ihn zu begleiten.
Unterwegs treffen sie auf seltsame Waldbewohner.


Wichtel und andere WalDbewohner
29.05.2021

Unsere heutige Tour startet in Bensheim. Das Städtchen ist an sich schon einen Besuch wert und auf der Homepage kann drache sich einen Flyer runterladen und sich auf einen historischen Stadtrundgang begeben. So viel Zeit haben Drago und ich (Hannes) heute aber nicht und so bestaunen wir nur die paar Sehenswürdigkeiten, die auf dem Weg liegen.
Dazu gehört der Marktplatz mit dem Marktbrunnen. Letzterer mag ja ganz hübsch sein mit seinen vielen Figuren, aber ein drachentötender St Georg on Top geht bei uns überhaupt nicht.

Die alten Fachwerkhäuser sind da schon bedeutend besser. Davon gibt es in der Stadt noch einige. Haus Fleck ist eines davon und war früher mal eine sogenannte Fleischschranne. Was das wohl ist? Eigentlich nichts anderes, als offene Verkaufsstände der Metzger. Die konnten hier ihre Waren verkaufen und damit auch keiner betrügt, stand hier alles unter städtischer Preisaufsicht.

Der berühmten Fraa vun Bensem wollte Drago unbedingt einen Besuch abstatten. Er hätte zu gerne gewusst, warum sie denn hier ein Denkmal hat, aber die gute Frau war nicht sehr gesprächig. Vielleicht mag sie keine Drachen. Dabei ist Drago ein ganz lieber.
Frauchen hat ihm dann erklärt, dass die Frau geholfen habe, die schwedischen und französischen Truppen aus der Stadt zu vertreiben. Sie kannte wohl einen Geheimweg, durch den die bayrischen Truppen in die belagerte Stadt eindringen und diese befreien konnten.
"Dafür hat sie sich ein Denkmal verdient", meint Drago anerkennend, obwohl er immer noch traurig ist, dass sie ihm das nicht selbst erzählt hat.

Es gäbe noch so viel mehr in Bensheim zu entdecken, doch unser eigentliches Ziel ist ja der Burgenweg und den ersten Hinweis finden wir ein paar Straßenecken weiter.

Das bedeutet, dass wir heute wieder direkt in den Weg einsteigen können und nicht erst ein paar Kilometer Anmarsch haben.
Drago entdeckt auch gleich den Wegweiser zu unserem ersten Ziel. 1.5 Kilometer bis zum Hemsberger Turm hören sich jetzt nicht so schlimm an.
"1.5 Kilometer bergauf schon", wirft Frauchen ein.
"Ach, der liegt doch auf der Ebene", grinst Drago und flüstert mir zu: "Hat ja keiner was von Tiefebene gesagt."

Doch erst müssen wir ein Stück durch bewohntes Gebiet laufen, bis wir endlich im Wald ankommen.
Hier verlassen wir kurz den Burgensteig und wenden uns nach links.
Frauchen ist etwas verwirrt, folgt uns aber ohne Fragen zu stellen.

Doch schon bald erkennt sie den Grund. Ich wollte doch unbedingt bei Familie Wichtel vorbeischauen. Die wohnen hier am Stadtrand unter einen Baum.
Das ist fast wie bei den Elfen in Island. Dort triff drache auch überall auf Elfenwohnungen und wisst ihr was? Die haben in Island sogar einen Elfenbeauftragten, der sich um die Belange der kleinen Wesen kümmert. Ist etwa eine Straße geplant, wo Elfenhäuser stehen, dann muss die Straße eben ein Stück weiter rechts oder links gebaut werden. Ich bin ja total für einen Drachenbeauftragten in Deutschland, damit wir auch endlich mal mehr Rechte bekommen. Als erstes müssten dann alle Drachentöter-Statuen weg.
Ich wäre ja zu gerne auf einen Tee bei den Wichteln geblieben, aber Frauchen drängt zum Aufbruch und so muss ein kurzer Smalltalk genügen.
Zurück am Burgensteig, muss Frauchen eine Entscheidung treffen: kurz und steil oder länger und mit gemäßigter Steigung.

Was ist denn heute mit Frauchen los? Sie entscheidet sich doch tatsächlich für kurz und steil. Sie meint, es seien ja nur 150 Meter.
Nun gut, wir haben sie gewarnt, denn die 150 Meter haben es echt in sich. Der Weg ist steil, schmal und nach dem Regen der letzten Tage auch sehr rutschig.
Nach einer kurzen Verschnaufpause auf halber Strecke, sind wir aber gut oben angekommen.
Wenn Frauchen aber geglaubt hat, das wäre es mit Steigung gewesen, hat sie sich böse getäuscht. Auf schmalen Wegen geht es weiter bergan.
Uns gefällt der Weg; hat ein bisschen was von Urwald.

Und dann kommt, was kommen musste, ein Ast versperrt den Weg.
"Allez hopp!" versuchen wir Frauchen zu einem Sprung zu überreden, doch sie verweigert die Mitarbeit. Darf die das?
Anfeuern bringt uns auch nicht weiter und Schoki zum Locken haben wir leider nicht dabei. Frauchen bleibt bockig und sucht sich einen Weg um den Ast herum, auch wenn sie dabei durch den Schlamm muss.

Auch hegt sie Zweifel, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Sie verdächtigt uns doch tatsächlich, wir würden sie in die Irre führen, um sie zum Sprung zu animieren. Zum Glück kann ich dem widersprechen, denn ich habe den Wegweiser längst gefunden.

Ein Stückchen weiter auf dem Urwaldpfad lockt mich dieser Baumstamm und ich muss unbedingt hinaufklettern.
"Allez hopp!" versucht Frauchen mich jetzt zum Sprung zu animieren, aber ich trau mich nicht. Das ist mir doch zu hoch und ob ich aus dem hohen Gestrüpp darunter je wieder herausfinden würde, wage ich auch zu bezweifeln. Da lass ich mich lieber von Frauchen runterheben und Drago braucht gar nicht so hämisch zu grinsen. Der hat sich schließlich nicht mal hoch getraut.

Immer weiter geht es bergauf und wir treffen auf diese Hütte. Wer mag da wohl wohnen? Für Wichtel ist sie viel zu groß, Drachen wohnen in Höhlen und Hexen haben in der Regel Knusperhäuschen. Vielleicht ist das aber auch gar keine Wohnstatt, sondern ein Käfig. Womöglich für Drachen? Wir schauen dann doch lieber, dass wir Land gewinnen.

Dann haben wir endlich den Bismarckturm auf dem Hemsberg erreicht. Wir fragen uns zwar, warum man 1902 dem Reichsminister hier oben ein Denkmal errichten musste, aber es wird sich wohl einer was dabei gedacht haben.

262 Meter sind wir bis hier hochgekraxelt und das schreit nach Frühstückspause, findet Frauchen.
Wo sie recht hat.. Auch wir wären nicht abgeneigt, uns ein paar Aprikosen zu teilen.

Nach kurzer Rast geht es weiter und Drago meint, er müsse jetzt doch mal nach Rapunzels Haar rufen. Das dies der Bismarck- und nicht der Rapunzelturm ist, lässt er nicht gelten. Doch er findet kein Gehör und es fallen keine Haare.
"Die mag bestimmt keine Drachen", grummelt er. Glaube ich jetzt weniger, denn in der Barbie-Verfilmung hat sie sogar einen Drachen als Freund.

Was wir eben noch mühsam hochgekraxelt sind, steigen wir jetzt wieder ab und gelangen in die Ebene.
Zwischen den Wingerten geht es sanft auf und ab. Die Sonne scheint, aber es ist noch nicht zu heiß. So macht wandern Spaß.

Drago ist ganz hingerissen von der roten Farbe des Klatschmohn und würde am liebsten einen großen Strauß pflücken. Zum Glück kann ich ihm das ausreden, denn die wären wahrscheinlich schon platt, bevor wir überhaupt zuhause wären. Verstehen kann ich ihn aber. Klatschmohn ist einfach nur schön.
Mitten zwischen den Weinbergen entdecken wir diesen Platz. Ein Rast- oder auch Treffplatz nur für Mädels. Ob die uns Drachenjungs erlauben würden, hier eine kleine Rast einzulegen? Wir würden ja Platz machen, wenn die Mädels kommen. Obwohl, wir könnten ja sehr charmant sein und ein wenig flirten. Vielleicht dürfen wir dann sogar bleiben und wären Hahn (äh Drache) im Korb.

Da keine Mädels in Sicht sind, ziehen wir weiter. Am Hambacher Kreuz vorbei geht es stetig weiter bergab Richtung Hambacher Tal. Ob wir Frauchen schon mal vorwarnen sollten, dass es von dort wieder bergauf geht? Bis auf 350 Meter müssen wir hoch.
Ach was, sie wird es schon merken.

Kurz darauf sind wir auf der anderen Seite vom Tal wieder im Wald und es geht, wie angekündigt, bergauf. Im Vergleich zu dem Anstieg heute morgen, ist der hier aber harmlos.
Den schafft sogar unser Frauchen ohne zu schnaufen und mit wenigen Zwischenstopps.
Auf der rechten Seite des Weges begleitet uns ein kleiner Bach. Ich wäre ja zu gerne mal dort hingelaufen, denn als Wasserdrache ziehen mich Gewässer magisch an. Aber schaut euch nur mal die Pflanzen am Wegesrand an. Bis ich kleiner Drache mich da durchgewühlt habe, sind die anderen wahrscheinlich längst fort.
Fliegen kann ich als Wasserdrache auch nicht, also bleibe ich schön bei Frauchen auf dem Weg,

Drago ist da anders. Immer wieder verlässt er den Pfad und erkundet verwitterte Baumstümpfe. Überall muss er seine Nase reinstecken oder sogar hineinkriechen. Ich ermahne ihn vorsichtig zu sein. Drache weiß ja nie, wer oder was in so einem Loch haust. Einmal kommt er bedeckt mit Spinnweben aus so einem Loch hervor. Ich glaube, dass war selbst ihm dann nicht mehr so geheuer und er ist fortan auf dem Weg geblieben. Zugegeben hätte er es aber niemals.
Nach einem weiteren Kilometer, verkündet Frauchens App, dass wir gleich den höchsten Punkt der heutigen Wanderung erreicht haben und so ist es auch.
Von hier können wir weit in die Ebene schauen und es macht uns irgendwie auch stolz, wenn wir wieder einen Anstieg geschafft haben.

Von nun an, geht es erst mal bergab. Leider ist dieser Weg durch die Regenfälle der letzten Tage an vielen Stellen sehr matschig. Deshalb hüpfen wir lieber in Frauchens Rucksack und lassen uns tragen. Matschige Pfoten bedeuten nämlich am Abend eine Fahrt in dem Ungetüm, das sich Waschmaschine nennt und darauf haben wir so überhaupt keinen Bock.

Am Amphibientümpel legen wir eine weitere Rast ein. Da kommen wir auch wieder aus dem Rucksack und schauen uns das genauer an. Hat ein bisschen was von Jurasic Park mit den vielen Farnen und dem Tümpel. Wir legen uns auf die Lauer, in der Hoffnung irgendein Amphib zu entdecken. Frauchen würde ja so gerne mal einen Feuersalamander sehen, aber das ist wohl wie mit den Tigern in Indien. Da musst du zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.

Während Drago und Frauchen weiter (erfolglos) Ausschau halten, wandere ich ein Stückchen weiter zu einer kleinen Quelle.
Hab mich aber nicht reingetraut. Nicht, dass ich Angst hätte oder wasserscheu wäre. Ich bin ja schließlich ein Wasserdrache und liebe das nasse Element, aber nasser Drache bedeutet Rucksackverbot, was heute zu Matschfüßen führt und was dann kommt, wisst ihr ja.

Trotzdem war ich erfolgreicher als Frauchen und Drago, denn ich habe einen Feuersalamander entdeckt. Ok, nur einen gemalten, aber immerhin.

Vom Tümpel sind es noch etwa 2 Kilometer bis zur Starkenburg. Kurz vor dem Ziel starrt uns plötzlich etwas aus dem Gebüsch an. Drago denkt zuerst, es wäre eine Fledermaus, wegen der großen Ohren, doch Frauchen klärt uns auf.
Es handelt sich um den Hund Melampus, der auf der Burg lebte. Eines Tages kam der Feind und er kämpfte, bis er sich schwer verletzt in einen Tunnel rettete, wo er aber seinen Verletzungen erlag. In diesem Tunnel soll ein Burgschatz vergraben sein, der noch heute vom Geist des Hundes bewacht wird.
Klingt ja voll spannend. Ob wir mal nach dem Tunnel und dem Schatz suchen sollen? Ich fürchte aber, da spielt Frauchen nicht mit.

Die Starkenburg wurde 1065 erbaut und war eng mit dem Kloster Lorsch verbunden. Sie sollte die Ländereien des Klosters sichern und den Mönchen Schutz bieten, sollte es von Nöten sein. Da macht es vielleicht sogar Sinn, dass der geheime Tunnel angeblich bis zum Kloster in Lorsch führte. Wie sonst hätten denn die Mönche gesichert auf die Burg fliehen sollen. Luftlinie sind das wohl nur etwa 10 Kilometer, aber war man damals schon in der Lage, so einen Tunnel zu graben? Und warum hat ihn bisher noch keiner entdeckt?

Die Starkenburg ist die erste Burg auf unserer Tour, bei der wir nicht vor verschlossenen Toren stehen und uns auch im Burghof ein wenig umsehen können. Liegt vielleicht auch daran, dass sie eine Jugendherberge ist.
Seit Mitte des 18. Jhdt verfiel die Burg nach und nach. Später wurden baufällige Teile durch neue Gebäude ersetzt. Da hätte man ja mal nach dem geheimen Tunnel suchen können. Was drache heute hier sieht ist also leider nicht wirklich eine alte Burg, aber was soll's.

Mit einem letzten Blick auf den Dom und die Altstadt von Heppenheim beenden wir unsere heutige Etappe auf dem Burgensteig. Von hier geht es für uns hinab in den Ort und weiter zum Bahnhof.

Wir sind sicher, dass es auch in Heppenheim ein paar schöne Eckchen gibt. Darüber werden euch Kasimir und Hugo auf ihrer Tour berichten.
Kommentar schreiben
Chilli (Dienstag, 01 Juni 2021 22:23)
Hallo ihr lieben Reisedrachen,
da habt ihr ja wieder einen wundervollen Ausflug gemacht! Wir finden übrigens auch, dass Deutschland einen Drachenbeauftragten bekommen sollte, vielleicht sollten wir mal eine Petition starten? Die Idee, als erstes die Drachentöter-Statuen zu entfernen und endlich mal Aufklärungsarbeit über das wahre nicht-Jungfrauen-fressende naturell von Drachen zu leisten sollten wir definitiv ganz oben auf die Liste der Aufgaben eines solchen Beauftragten stellen!
Dass ihr euer Frauchen nicht dazu bringen konntet, über den Ast zu hüpfen, ist ja echt schade. Nichtmal anfeuern hat geholfen?! Die Menschen werden auch immer unkooperativer, ich muss schon sagen. Unsere mama Moni wird auch immer öfter aufmüpfig...
Liebe Grüße von Chilli & der Drachenfamilie