Kuh-riosum und mehr

Zweimal im Jahr steht ein Besuch vom Blühenden Barock auf meiner Agenda. Da ich den Schlosspark aber schon zig mal besucht habe, beschränkt sich der Spaziergang daher meist auf die jeweilige Ausstellung. Eigentlich ist dafür die Anfahrt aber zu lang und so beschließe ich in diesem Jahr auf der Rückfahrt einen Stopp in Bietigheim zu machen. Das liegt sowieso auf der Strecke. 

Taxifahrer am Bahnhof Bietigheim Bissingen

Am Bahnhof begrüßt mich ein Taxifahrer. Den brauch ich aber nicht. Ich werde zu Fuß entlang der Enz zur Altstadt laufen. Wäre wahrscheinlich auch nicht weit mit ihm gekommen, denn er ist nur eine von vielen Skulpturen der Stadt. 

Vom Bahnhof geht es ein Stück bergab, bis ich das Ufer der Enz erreiche. Der Weg ist schattig und ohne Autoverkehr. Allerdings müsste ich eigentlich auf die andere Seite, um in die Altstadt zu gelangen. Dazu bietet sich kurz darauf die Gelegenheit, gekrönt mit einem wunderschönen Blick auf das Viadukt. 

Nun weiß man zwar, dass bereits die Römer und Kelten sich hier herumgetrieben haben, aber ich wage dann doch zu bezweifeln, dass diese Brücke aus jener Zeit stammt.

Auch hätte ich noch ein Stückchen auf der anderen Enz-Seite bleiben können. Dann hätte ich aber diesen tollen Blick verpasst.

Viadukt über die Enz

 

Kurz hinter dem Viadukt wechsle ich dann doch noch mal die Ufer, denn hier wimmelt es nur so vor Kunst. Irgendwie scheinen die Bietigheimer ein Faible für Pferde zu haben, denn im Bürgergarten finden sich gleich zwei davon.

 

 

Pferdeskulptur in Bietigheim

 

 

 

Noch besser aber gefällt mir der Holzstapel mit den Insekten.

 

 

 


Doch zurück zur anderen Seite, wo sich weitere Kunstobjekte finden.

Adam in Bietigheim

 

und auch die Enz-Blume sprudelt fröhlich vor sich hin.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich folge der Metter, die hier auf die Enz trifft. Schmale Brücken führen hinüber in die Altstadt. 

Ob der gute Adam wohl auch ein paar Kandisäpfel genascht hat? Die Figur verrät ihn und wenn er nicht aufpasst, schmeißt Eva ihn aus dem Paradies. Heute ist im das Wetter wohl auch zu feucht, denn er trägt einen Hut gegen den Regen. 

Das stört die beiden Badenixen weniger

Enz-Blume in Bietigheim

Hexenwegle in Bietigheim

 

 

Auf der anderen Seite folge ich dem Hexenwegle. Von hier geht es über kleine Brücken ins Obergeschoss der unter mir liegenden Häuser. Clevere Idee, denn so konnten die Leute auch bei Hochwasser in ihre Häuser gelangen. Ob hier wohl auch Hexen wohnen? Der eine oder andere Blick in den Vorgarten könnte den Schluss nach sich ziehen.

 

Das Backhaus am Ende der Straße untermauert meine These dann noch. Doch eigentlich entstanden diese 1808 auf königliche Verordnung zur Brandverhütung und um Energie zu sparen. Wahrscheinlich auch, um Geld ins Stadtsäckel zu bekommen, denn hier musste gegen Gebühr gebacken werden. 

 

 

altes Backhaus in Bietigheim

Nur ein paar Schritte weiter und ich stehe am Marktplatz mit Rathaus und Marktbrunnen. 

Von hier geht es entlang der Hauptstraße mit weiteren Fachwerkbauten, wie dem Hornmoldhaus mit seinen dominanten Andreaskreuzen. 

Hornmoldhaus Bietigheim

Aber auch viele Steinhäuser mit Wappen und Verzierungen sind hier zu finden und über allem wacht der Pavian.


Das Bietigheimer Schloss haut mich jetzt nicht so wirklich vom Sockel. Ohne Stadtplan hätte ich es wohl auch kaum als solches erkannt. War laut Reiseführer auch nur ein Amtsschloss des Vogtes. Da war wohl nicht so viel Prunk angesagt.

Villa Visconti  Bietigheim
Bietigheimer Schloss

 

Am Ende der Straße steht mein Lieblingshaus der Stadt. Es hat jetzt kein besonders tolles Fachwerk oder ist extrem alt. Die Villa Visconti wird nicht mal im beschilderten Stadtrundgang erwähnt. Ich finde sie einfach nur toll und könnte hier Stunden verweile, um all die vielen Kopfskulpturen von berühmten Persönlichkeiten zu erforschen. 300 sind es an der Zahl, da ist man schon eine Weile beschäftigt.

 


Davor steht “der Turm der grauen Pferde”. Ich sag ja, die haben hier ein Faible für Pferde. Mich erinnert er ein wenig an die Bremer Stadtmusikanten.

Weiter geht es durch das Schwätzgässle. Das ist aber so versteckt, dass ich es erst gar nicht finde. Der Eingang ist nämlich hinter einem Torbogen der Hauptstraße. 

Hier sind noch Teile der alten Stadtmauer mit Wehrgang erhalten. Das Teilstück ist zwar restauriert und man kann/darf auch hinauf, aber ich muss ja nicht überall rumkraxeln. 

Stadtmauer Bietigheim

Ich befinde mich hier jetzt wirklich im ältetsten Teil der Stadt. Es ist erstaunlich, wie viele alte Fachwerkhäuser hier noch stehen, darunter auch das kleinste Bürgerhaus der Stadt. Wie schön, dass es in Deutschland noch solche Städtchen gibt, die man in aller Ruhe auf sich wirken lassen kann, ohne sich ständig in einer Meute von Selfie knipsenden Asiaten wiederzufinden. Von mir aus kann das auch bitte so bleiben. 

Die Burgkelter daneben hat die Zeiten überlebt. Auch sie wurde durch den Einsturz und später ein weiteres Mal durch Brand zerstört, aber immer wieder neu errichtet. Tja, Wein wird halt immer getrunken. 

 

 

Vor mir liegt jetzt die Evangelische Stadtkirche. Eigentlich jetzt nichts besonderes, denn Kirchen gibt es in jedem noch so kleinen Kaff. Doch diese war einst die Burgkapelle der Bietigheimer Burg, die die Enzfurt sichern sollte. 1291 wurde die Burg von den Grafen von Würrtemberg zerstört. Übrig blieben nur Teile der Bergfrieds. Der wurde wieder hergerichtete und diente bis zu seinem Einsturz als Glocken- und Wachturm.

 

 


Ich lass mich jetzt noch ein Weilchen durch die engen Gassen der Altstadt mit ihren vielen Fachwerkhäusern treiben. Besonders schön ist die Schieringerstraße. Hier steht wirklich ein Haus neben dem anderen und eines schöner, als das nächste. 

Darunter auch ein paar stattliche dreistöckige Bürgerhäuser. 

Fachwerkhäuser in der Altstadt von Bietigheim

Schaut man genauer hin, entdeckt man Wappen und Inschriften.

Gleich gegenüber (wir sind ja an der Stadtgrenze) der Pulverturm mit Wehrgang.

 

An der oberen Stadtmauer steht noch ein weiteres Backhaus. Dieses wird auch heute noch gelegentlich von den Landfrauen genutzt. 

Pulverturm Bietigheim

Und dann bin ich wieder auf der Hauptstraße und mein Rundgang fast beendet. 

Hier steht der Fräuleinsbrunnen mit Wasserspeiern und einer Meerjungfrau on top. Aber seit wann haben die den einen zweigeteilten Fischschwanz? Oder ist das bei einer Melusine, wie sich die Dame eigentlich bezeichnet, anders? 

Schwatzweiber von Bietigheim

 

Durch das untere Tor (das einzig erhaltene) verlasse ich die Stadt. Erbaut wurde es aus Steinen der zerstörten Burg.

 

Davor der Torbrunnen. Der diente einst als Pferdetränke für die Pferde der Fuhrleute und befand sich an anderer Stelle, nämlich außerhalb der Stadtgrenze. Doch er musste weichen, weil eine Straße wichtiger war.

 

Ein kurzer Stop bei den Schwatzweibern muss sein. Was die sich wohl so alles zu erzählen hatten? 

Stadttor Bietigheim

Kuh-riosum Bietigheim

 

Bevor ich mich jetzt entlang der Enz auf den Rückweg zum Bahnhof mache, muss ich noch einen Blick auf eine heiß diskutierte Skulputur werfen. So ganz in Ordnung fanden die Bietigheimer das Kuh-riosum nicht, dass da plötzlich auf ihrem Kronenplatz stand. Verstehe gar nicht warum. Wer hat schon ne Kuh auf einer Milchkanne in seiner Stadt stehen und eigentlich sieht sie doch ganz nett aus. Ich denke, inzwischen haben sie sich mit ihr arrangiert.