


Bei dieser Reise handelt es sich um eine Produktschulung im Rahmen meiner Tätigkeit als Travelagent. Die Einladung erfolgte durch Lufthansa und NH-Hotels. Dieser Artikel war aber keine Bedingung und ist im Rahmen meiner Reiseberichte entstanden. Er spiegelt meine private (unkäufliche) Meinung wieder.
Mein letzter Barcelona Besuch ist schon ein paar Jährchen her. Da kommt ein Büroausflug am Wochenende gerade recht. Mal schauen, wie weit die mit der Sagrada Familia inzwischen sind.






early birds und night owls
06.07.2018


Allerdings frage ich mich, warum ich immer zur den Night Owls gehöre, wenn die Gruppen eingeteilt werden. Ich möchte auch mal ein Early Bird sein.
Jammern hilft ja aber nichts und um 18:00 Uhr geht es dann auch für uns endlich Richtung Frankfurt Airport, wo wir die Autos sicher in der Tiefgarage des NH zurück lassen.
Den halbstündlichen Shuttle haben wir natürlich verpasst und müssen auf den nächsten warten. Ob sich der Besuch der Lounge da überhaupt noch lohnt?
In Zeiten von Handy & Co sind wir natürlich alle längst mit einer elektronischen Bordkarte versehen. Die müsste ich an der Kontrolle nur noch auf den Display zaubern, doch sie weigert sich erst mal hartnäckig. Ich und Technik halt. Sieht so aus, als sei mir heute kein Lounge-Besuch vergönnt. Schließlich ist es inzwischen schon nach 20:00 Uhr und das Boarding soll bereits um 20:35 Uhr beginnen. Ein Stoßgebet gen Himmel und endlich erscheint die Zugangskontrolle auf dem Display. Geht doch! Zum Glück ist bei Security um die Zeit nicht mehr viel los und die Lounge nicht weit vom Gate.

Ich halte mich an den Erdbeeren schadlos; die sind einfach nur lecker und dann ist schon wieder Zeit zum Aufbruch.
Mein Stil zu reisen war das heute nicht wirklich. Ich liebe es viel Zeit am Flughafen zu haben und ganz entspannt in den Reisemodus zu schalten.

Da die restlichen Nachteulen dort auf uns warten, schauen wir dann doch noch vorbei.
30 Minuten sollten für einen Happen und ein Gläschen Wein reichen.

Am Gate angekommen, ist noch lange kein Boarding in Sicht. Da hätte ich auch noch ein paar mehr Erdbeeren essen können. Verspätung heißt das Unwort und war da nicht was mit Nachtflugverbot am Frankfurter Airport? Wäre ja ganz klasse, wenn der Flug jetzt gecancelt wird. Dann können die Early Birds uns ein paar nette Fotos per WhatsApp schicken. Endlich ertönt dann aber doch der erlösende Satz: Ihr Flug LH 1138 nach Barcelona ist jetzt zum Einsteigen bereit. Heute zum Glück ohne boarden nach Zahlen (äh, Sitzreihen). Funktioniert sowieso nur in seltenen Fällen. Mit 40 Minuten Verspätung hebt dann ein voll besetzter A321 Richtung Spanien ab. Heute mit Frau am Steuer (ohne Wertung)
Kurz vor Mitternacht erreichen wir die katalonische Hauptstadt. Niemand muss auf Gepäck warten, aber auf uns sollte ein Fahrer warten. Hinter dem Ausgang stehen genug nette Herren mit Schild herum, nur der richtige ist nicht dabei. Wäre ich jetzt alleine unterwegs, würde mein Adrenalinspiegel langsam ansteigen, während ich wie ein eingesperrter Tiger immer wieder an der Reihe der Schildträger vorbei hasten würde. Aber zehn Augenpaare sehen doch mehr als zwei und irgendwann sitzen dann alle im Bus. Im NH Collection Constanza werden wir von den Kollegen schon sehnsüchtig erwartet. Ein paar von uns entscheiden sich noch für einen Absacker, aber mich zieht es Richtung Zimmer.

Wasserspeier und enge Gassen
07.07.2018


Der Wecker klingelt eindeutig zu früh, aber wir sind ja hier nicht auf Urlaub und ich möchte das Frühstück genießen, bevor wir mit dem Tagesprogramm starten. Die Auswahl ist wirklich groß und es gibt sogar baked Beans (ein weiterer Pluspunkt auf meiner Wohlfühlskala, wobei das Rührei hätte besser sein können) Den kleinen Manko machen die frische Früchte und der leckere spanische Schinken aber mehr als wett. Selbst für Kinder gibt es ein eigenes Buffet, nicht unbedingt gesund, aber meine Drachen finden es toll.

Aber soweit sind wir noch lange nicht. Vor der Tür steht abfahrbereit der Bus zur Citytour. Stadtbesichtigungen per Bus sind ja nun gar nicht mein Ding. Für Fotografen eine absolute Katastrophe, denn Fotos aus dem Bus funktioniert in den seltensten Fällen. Entweder es spiegelt, es fährt dir im entscheidenden Moment einer vor die Linse oder das Gebäude ist so nah, dass du mal so gerade zwei Fenster und die Eingangstür auf SD-Karte brennen kannst. Meine Laune steigt also gewaltig, als wir nach wenigen Minuten anhalten und uns zu Fuß auf den Weg in die Altstadt machen. Eine Stadt muss man erlaufen, sich treiben lassen. Nur so entdeckt man die vielen bemalten Rollläden der Geschäfte. (Nicht immer schön, aber originell)

Auch sonst lohnt es sich die Augen offen zu halten, denn es gibt hier auch Verzierungen an Hauswänden, kunstvolle Türklopfer oder Schilder an den Mauern, wie die alten Einbahnstraßen-Zeichen für Pferdefuhrwerke. Schon praktisch in den engen Gassen, denn wenn sich hier zwei begegnet wären... Da kann man nicht mal eben den Rückwärtsgang einlegen.
Ziel ist die Plaça de Sant Jaume. Hier befindet sich die Touristinfo für das Gotische Viertel, dem geographischen und historischen Stadtkern von Barcelona. Hier werden wir mit Audiosystemen ausgerüstet und dann geht es mit Guide auf Tour durchs Barri Gòtic. Besser hätte ich es gar nicht treffen können, denn genau die Ecke hätte ich in den zwei Stunden Freizeit am Nachmittag erkunden wollen.

Auf der einen Seite steht der Palau de la Generalitat. Dort hat die katalanischen Autonomieregierung ihren Sitz.

Doch zurück zur Plaça de Sant Jaume, auf der wir jetzt stehen. Sie ist das politische Zentrum der Stadt. Schon zu Zeiten der Römer kreuzten sich hier zwei Handelsrouten und 1931 rief man die Republik aus.

Genau gegenüber, im Rathaus, regiert der Oberbürgermeister. 1847 wurde die Hauptfassade im klassizistischen Stil renoviert.
Man muss aber nur einmal um die Ecke schlendern und bekommt eine Ahnung, wie das Originalgebäude im gotischen Stil aussah. Und da sind sie dann auch, meine geliebten Wasserspeier. Immer, wenn ich diese Figuren sehe, muss ich an Disneys "Glöckner von Notre Dame“ denken. Ich hätte auch gerne so ein paar Wasserspeier, die des Nachts lebendig werden. Wir werden heute übrigens noch so einigen begegnen und wer weiß, vielleicht hat der eine oder andere mir sogar zugezwinkert.

Machen wir doch mal einen kurzen Zeitsprung ins Jahr 133 v Chr. Damals wurde genau an dieser Stelle eine Siedlung mit dem klangvollen Namen Colonia Faventia Julia Augusta Pia Paterna Barcino gegründet. Und wer hat's erfunden (äh gegründet)? Nein, nicht die Schweizer, sondern die Römer unter Kaiser Augustus. Da ist es dann auch kein Wunder, dass sich hier angeblich die größten römischen Ausgrabungen außerhalb Roms befinden. Und ich dachte immer Trier hätte viele römische Trümmerhaufen. Zugegeben, in Barcelona fallen sie nicht so direkt ins Auge oder sind versteckt, wie der Temple d'August. Wäre da nicht ein Hinweisschild, man käme sicher nicht auf die Idee, was für ein historischer Schatz sich da im Innenhof eines Wohnblocks verbirgt. Einst stand er auf dem höchsten Punkt der Stadt und demonstrierte die Macht des Kaisers. Doch dann kam das Christentum, der Tempel verlor seine Bedeutung und war irgendwann nur noch Lieferant von Baumaterial. Schön, dass wenigstens drei von ehemals 66 Säulen erhalten geblieben sind.
Weiter geht es durch die engen und verwinkelten Gassen des Viertels. Hier und da trifft man auf Übergänge zwischen den Häusern,


verzierte Balkone,
alte Straßenlaternen
und enge, verzweigte Gassen


Doch nicht alles, was uns hier als antike Gotik verkauft wird, ist es auch. Das Viertel ist wunderschön, keine Frage, doch es hat auch was von Disneyland. Viele Gebäude sind rekonstruiert oder aus anderen Stadtzentren hierher versetzt. Andere sind neu im gotischen Stil erbaut oder erhielten einfach ein paar gotische Elemente verpasst. Enttäuscht? Keine Sorge, den meisten Geschichtsbanausen (wie mir) fällt das gar nicht auf und so lasse ich mich trotzdem vom Zauber des Viertels in den Bann ziehen.

Ich frage mich, ob man ohne Guide und nur mit Stadtplan all die versteckten Plätze des Barri Gòtic finden würde. Vielleicht, wenn man sich einfach treiben lässt und keine Scheu hat, aus dem Strom der Touristen auszubrechen und in leere Gassen abzubiegen. Dann kommt man vielleicht auch am Plaça de Sant Felip Neri heraus. Dieser Platz hat eine besondere Atmosphäre, aber auch eine traurige Geschichte. Die Schlichtheit fasziniert mich. Da ist die kleine Kirche mit angeschlossenem Kloster, das Hotel Neri und in der Mitte ein Springbrunnen. Angenehm ruhig ist es hier und nicht so wuselig, wie vor dem Rathaus oder der Kathedrale. Ob es hier nachts wohl spukt? Schließlich befand sich hier im Mittelalter ein jüdischer Friedhof und während des Spanischen Bürgerkrieges erlangte der Platz traurige Berühmtheit. Was war passiert? Ein Blick auf die Fassade der Kirche lässt es erahnen. Dort sind noch heute die Spuren der Bombensplitter zu sehen, die 42 Menschen das Leben kosteten. Die meisten waren Schüler der angrenzenden Schule, die in der Kirche Schutz während der Bombardierung gesucht hatten.
Auf unserem Weg zur Kathedrale kommen wir am Casa de l'Ardiaca vorbei. Hier, im Haus des Erzdiakons, war die kirchliche Hierarchie zuhause. Kein Wunder, die Kathedrale ist ja praktisch um die Ecke. Heute ist hier das Geschichtsarchiv der Stadt untergebracht.


Und wenn wir schon mal hier sind, können wir uns auch noch ein Stockwerk höher begeben und einen Blick auf die Capella de Santa Llúcia werfen. Ich sag doch, die Arbeitsstätte des Hausherrn war genau gegenüber.

Für einen Geschichtsstudenten sicher ein interessanter Ort, aber nicht für einen unter Zeitdruck stehenden Touristen. Ein Blick ins Innere lohnt aber trotzdem, denn man betritt einen hübschen Innenhof mit Brunnen, umgeben von einem Kreuzgang.



Die steht dann auch als nächstes auf dem Programm. Vorher jedoch ein Stopp auf der Plaça Nova, aber nicht etwa wegen der römischen Überreste. So eindrucksvoll sind die paar Steine der alten Stadtmauer und des Aquäduktes jetzt auch wieder nicht.


Nein, ganz simpel. Gruppen sind in der Kathedrale nicht zugelassen, also müssen wir den ältesten Reiseleitertrick der Welt anwenden und das Gotteshaus einzeln betreten. Ein paar Informationen gibt es vorab und dann haben wir 20 Minuten Zeit das Innere der Kathedrale im Schnelldurchlauf zu erkunden. Zum Glück ist die Schlange am Eingang gerade nicht sehr lang, dass wir keine kostbaren Minuten verlieren. Geführte Touren haben halt auch ihre Nachteile. Man erfährt viel, kommt an Plätze, die man alleine nicht gefunden hätte, aber ist auch ständig unter Zeitdruck und kann sich nichts in Ruhe anschauen, will man nicht Gefahr laufen die Gruppe zu verlieren.


Doch zurück zur Kathedrale. Wie in vielen anderen Städten auch, stand auf diesem erhöhten Platz bereits zu römischen Zeiten ein Gotteshaus. Die Überreste davon haben wir heute ja bereits gesehen. Das heutige Gotteshaus ist der Märtyrerin Santa Eulàlia geweiht, die unter den Römern zu Tode gefoltert wurde. Sie ist die Schutzpatronin von Barcelona und in der Krypta befindet sich ihr Grab. Normalerweise würde ich jetzt eine Kerze anzünden, doch hier ist man etwas moderner. Vielleicht ist es bei der Masse der Menschen, die hier täglich durchziehen auch einfach nur sicherer. Gegen einen Obolus erleuchtet hier eine elektrische Kerze. Nicht mein Ding und so wird das heute nichts mit dem Anzünden einer Kerze.

Fast noch schöner als die Kathedrale finde ich den anschließend Kreuzgang. Es ist aber sicher nicht nur seine Schönheit, die die Touristen herlockt, sondern die 13 Gänse, die hier leben. Doch was haben die hier zu suchen? Es ist ja bekannt, dass Gänse gute "Wachhunde“ sind und so haben wohl beim Bau der Kathedrale ein paar der dort lebenden Tiere den Raub von Baumaterial lautstark verhindert. Zum Dank durften sie dann bleiben.


13 an der Zahl sind es übrigens, da Eulàlia 13 Qualen erleiden musste, weil sie nicht vom katholischen Glauben abweichen wollte.
Zurück auf den Gassen bleiben noch ein paar Minuten, um die Kathedrale auf der Suche nach meinen geliebten Wasserspeiern zu umrunden




und das mächtige Portal mit den vielen Figuren zu bewundern.

Ach wie schön, dass es in Barcelona noch Ecken gibt, die der Durchschnittstourist nicht findet und die daher nicht so überlaufen sind. Dazu gehört auch die schöne Plaça del Rei, der Königsplatz. Der ist eigentlich sogar relativ groß, aber gut versteckt zwischen historischen Gebäuden. Dazu kommt, dass er nur zwei Zugänge hat. Wir wählen den Weg durch einen kleinen Garten oder besser Innenhof, umgeben von Veranden und mit einem Springbrunnen.

Der Platz ist heute so idyllisch und man kann sich kaum vorstellen, dass hier früher Inquisitionsgerichte stattfanden.
Mein geschultes Auge hat sie gleich entdeckt: Wasserspeier. Grund genug für mich auch der obigen Etage einen Besuch abzustatten.

Hinter dem Garten treten wir dann auf die Plaça del Rei mit dem Königspalast und fühlen uns ins Mittelalter versetzt. Einst lebten hier die Grafen von Barcelona und die aragonesischen Könige. Adelige findet man hier aber schon lange nicht mehr. Um den Königen die Hand zu schütteln, müsste man schon nach Madrid reisen, denn seit sich im 15. Jhdt die Königreiche von Kastilien und Aragonien vereinten wurde alles nach Madrid verlagert. Zum Glück, denn sonst dürften wir hier sicher nicht stehen und die alten Gebäude bewundern.



Wie war das jetzt? Der Platz hat zwei Zugänge? Dann wählen wir für den weiteren Weg doch einfach den anderen und stehen schon auf dem
nächsten Platz, der Plaça Ramon Berenguer mit blühenden Bäumen und dem Reiterstandbild
desselben in der Mitte.

Ebenfalls am Platz die Kapelle der Santa Àgatha, erbaut auf römischen Ruinen.

So langsam machen sich die Füße und der Magen bemerkbar. So eine kleine Pause und ein paar Tapas wären jetzt nicht schlecht. Doch einer geht noch und so folgen wir unserem Guide durch weitere Gässchen zur Plaça de Sant Just. Kaum zu glauben, dass dieser abgeschiedene Platz zur Römerzeit Handelsplatz der Juden und Christen war. Die Basilika am Platz ist angeblich die älteste Kirche der Stadt. Fragt sich jetzt nur, wie hier gerechnet wurde. Die heutige gotische Kirche stammt aus dem Jahr 1342. Erbaut wurde sie aber an der Stelle einer romanischen Kirche und die stand dort seit 801.


Die gleiche Frage stellt sich mir beim Brunnen. Der gilt nämlich angeblich als älteste Quelle der Stadt und wurde 1367 erbaut. Wahrscheinlich war die Quelle schon vorher da. Die Römer werden ja nicht nur Wein getrunken haben.



Damit ist unsere Tour durchs Barri Gòtic beendet. Schade eigentlich. Hier gibt es noch so viel mehr zu entdecken, doch die Pflicht ruft und im NH Collection Calderon wartet man schon auf uns.





