goldene Pagoden - Bagan


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Pagoden bis zum Horizont

26.11.2019


35 km
35 km

Neben Mandalay fällt den meisten auch direkt Bagan ein, wenn es um Myanmar geht. Eigentlich habe ich in den letzten drei Wochen ja schon genug Pagoden gesehen, aber Bagan ist anders, deshalb gibt es zum Abschluss der Reise noch mal Pagoden und Buddhas satt. Ich fürchte leider auch Touristen. Zweimal die Woche fliegt hier eine Maschine aus China Touristen ein. Damit es für mich kein zweites Mandalay wird, habe ich diesbezüglich vorgesorgt. Doch dazu später mehr.

Flüsse haben ja schon immer eine große Anziehungskraft gehabt und das überall auf der Welt. So verwundert es auch nicht, dass immer mehr Bamar aus dem Norden sich am Ayeyarwady niederließen. Fruchtbare Reisanbaugebiete gab es auch; die Versorgung war also gesichert. Man musste nur noch eine Stadt (Pukam) erobern und schon hatte man ein neues Königreich. Das geschah im Jahre 849. Es sollte aber noch weitere 200 Jahre dauern, bis daraus ein Großreich mit der Hauptstadt Bagan werden würde.

Der Verantwortliche dafür war der ambitionierte König Anawrahta, der 1044 den Thron bestieg. Ihm sollten in den nächsten 268 Jahren noch weiter 12 Herrscher folgen. Mit ihm begann auch der religiöse Bauboom, dem wir die vielen Tempel in Bagan zu verdanken haben. Wie das unter Männern so ist, wird wohl jeder der 12 Herrscher noch mehr und größere Pagoden und Tempel in Auftrag gegeben haben. Doch nicht nur den Königen haben wir es zu verdanken, dass hier heute noch 3400 Bauwerke stehen. Auch Minister, Kaufleute und betuchte Bürger wollten sich mit dem Bau von Pagoden eine bessere Wiedergeburt erkaufen. Ob das wohl im Sinne des Erfinders ist? Und ob sie damit nicht unbewusst zum Niedergang des ersten birmanischen Reiches beigetragen haben? Die Landschenkungen an die vielen buddhistischen Klöster dürften dabei eine Rolle gespielt haben. Die Klöster waren nämlich von Steuerabgaben befreit, hatten aber irgendwann 60% der Anbaufläche für Reis in ihrem Besitz. Kostspielige Tempelbauten und das Fehlen von Arbeitskräften (die waren ja mit Tempelbau beschäftigt) taten ihr übriges und so war Mitte des 14. Jhdts Schluss mit der ganzen Herrlichkeit, als in Sagaing ein neues Machtzentrum entstand.

Doch genug zur Geschichte. Ich habe jetzt zwei Tage Zeit mir ein paar der 3400 Tempel, Stupas, Klosteranlagen, Ordinationshallen und Schreine anzuschauen. Aber wie gehe ich am besten vor? Unser Mr Han hat eine Tour mit unserem Bus geplant, die zu den Haupttempeln führt. Klingt interessant, aber ich glaube ich passe heute. Erstens ist mir nach einem Tag ohne Gruppe (nur ich und mein Guide) und zweitens bin ich seit Inwa nicht mehr scharf auf bekannte Tempel voller Touristen. Was also tun? Zum Glück gibt es zwei gute Myanmargruppen auf Facebook. In einer wurde ein TukTuk Fahrer aus Bagan lobend erwähnt, da er die vielen geheimen Ecken bestens kennt. Da er selber fotografiert und einen Blick für gute Fotos hat, ist er mein Mann. Über Facebook nehme ich Kontakt mit ihm auf und so steht er pünktlich um 09:00 Uhr mit seinem TukTuk vor der Hoteltür und unterhält sich mit Mr Han. Warum verwundert es mich jetzt nicht, dass die beiden sich kennen?  

Ich will jetzt aber endlich los. Unser erstes Ziel ist ein unbekannter Tempel.

Buddha in Bagan

Im Inneren dann gleich die ersten Buddhas. Na, das wird wohl wieder ein buddhalastiger Tag.


Ich werde heute so viele Tempel sehen, dass ich schon abends nicht mehr von allen weiß, wie sie heißen. Selber schuld, ich wollte ja abseits der Touristenwege unterwegs sein. Doch Frau ist schlau. Wo immer vorhanden habe ich ein Foto der Beschreibung gemacht und hoffe, dass ich damit unseren Weg durchs Pagodenfeld einigermaßen nachvollziehen kann.

An irgendeine zeitliche Reihenfolge werden wir uns heute aber nicht halten. Der nächste Tempel, der Loka Hman Kin oder auch Ywa Haung Gyi, stammt zum Beispiel aus dem Ende der Ära, dem 13. Jhdt. und wurde mit deutschen Geldern 1981/82 restauriert.

Ywa Haung Gyi in Bagan

Im Inneren treffe ich auf einen Buddha, der unter einem gemalten Bodhi-Baum sitzt. Schaut man sich genau um, kann man noch viele weitere Wandmalereien entdecken.

Buddha unterm Bodhibaum in Bagan
Malereien im Ywa Haung Gyi Bagan
Malereien in Bagan

Wir folgen den Pferdekutschen. Nicht, dass Win Tun die bräuchte, um irgendwelche Tempel zu finden, aber sie haben leider manchmal denselben Weg wie wir. Zum Glück biegen wir aber rechtzeitig ab und stehen auf dem Gelände des Shwe Nan Yin Taw Klosters.

Shwe Nan Yin Taw Klosters in Bagan

Einst war es von einer Mauer umgeben, von der aber nur noch Reste erhalten sind. Gut erkennen kann man hingegen noch die quadratischen Gebäude der Mönche und den kleinen Stupa.

Shwe Nan Yin Taw Klosters in Bagan

Bevor wir uns dem Inneren des nächsten Tempels widmen, schleift Win mich erst mal auf einen Hügel. Da man die meisten Pagoden nicht mehr besteigen darf, wurden überall Hügel aufgeschüttet, um den Touristen trotzdem eine Übersicht zu ermöglichen. Ich finde es gut, dass das Klettern verboten wurde. Viele Tempel sind doch recht baufällig und müssen durch das Gekraxel nicht noch mehr zerstört werden. Außerdem sollte man nicht vergessen, dass es sich hier um religiöse Stätten handelt. Man klettert doch in Bayern auch nicht auf irgendwelche Kapellen, nur weil der Blick auf die Berge von dort oben schöner ist. Mir jedenfalls reicht der Hügelblick vollkommen und ich entdecke von hier immer neue Pagoden.

Pagoden in Bagan

Das Innere der nächsten Pagode ist eigentlich gar nicht so spektakulär. Es finden sich kaum Malereien an den Wänden und die Buddhas ähneln sich sowieso alle.

Was mich hier aber fasziniert ist, wie das Licht durch die Fenster fällt. Zum Glück haben wir die Pagode ganz für uns allein und können in aller Ruhe Fotos schießen.

Wir gehen zurück ins Jahr 1183, der Regentschaft von König Narapatisithu (nicht dass das jetzt eine Rolle spielen würde). Er ließ den Sulamani Tempel ("krönendes Juwel“) bauen, damit die Menschen dem Pfad folgen und Nirvana erlangen. So besagt es zumindest eine Inschrift. Sein Shikhara (Tempelturm) stürzte beim Erdbeben 2016 bereits zum zweiten Mal nach unten. Ich bin mir aber sicher, es wird genug Spenden geben, um ihn wieder zu errichten.

Sulamani Tempel in Bagan

Na, dann lass mal sehen, was sich im Inneren für Schätze verbergen. Bisher bin ich von meinem Guide noch nicht enttäuscht worden und das ändert sich auch vorerst nicht. Der Wandelgang im unteren Block ist voll mit gut erhaltenen Wandmalereien.

Was es da nicht alles zu entdecken gibt, da werden die Buddhas glatt zur Nebensache.

Weiter geht es mit dem TukTuk in rasantem Tempo durch Bagan. Ich weiß nicht mal, in welchem Teil wir uns gerade befinden. Doch egal, ob Neu- oder Alt-Bagan oder was auch immer, an jeder Ecke gibt es neue Ausblicke auf Pagoden.

Mal wieder Lust auf einen liegenden Buddha? Den hatten wir schon mindestens zwei Tage nicht mehr. Da wird es echt Zeit. Dem kann aber abgeholfen werden, denn jetzt steht die Shwesandaw Pagode auf dem Programm. "Goldene Haarreliquie“ heißt die auf gut deutsch. Lässt vermuten, dass da irgendwo ein Haar Buddhas drinsteckt und so ist es auch. Unser erster Herrscher Anawrahta ließ sie nach seiner siegreichen Rückkehr aus Thaton errichten. Das besondere an ihr waren die Treppen. Das gab es so zu der Zeit noch nicht. In den Nischen befanden sich damals Terrakottatafeln mit Jataka-Geschichten und die sollten die Gläubigen betrachten können. Heute sind die alle futsch. Genau wie die Ganesha-Darstellungen an den Ecken der Terrassen.

Goldbuddha in der Shwesandaw Pagode

Schade, ich mag Ganesha. Der Tempel wäre zu meinem Lieblingstempel geworden. Ein liegender Buddha reicht dazu leider nicht aus und sei er mit 21 m auch der längste in Bagan.

 

 

 

 

liegender Buddha in der Shwesandaw Pagode

Win hat sich jetzt wohl in den Kopf gesetzt, mich mit den Buddhas von Bagan bekannt zu machen, also düsen wir mit dem TukTuk weiter zu den weniger bekannten Exemplaren.

Bin aber auch ein wenig froh darüber, denn den Buddha im Buddha hätte ich alleine bestimmt nicht endeckt.

Buddha im Buddha

Patho Hta Mya Tempel in Bagan

Und dann liegt gleich noch ein Schmankerl auf unserem Weg, der Patho Hta Mya. Genau weiß man nicht, wann er erbaut wurde, doch die winzigen gitterförmigen Fenster deuten auf eine frühe Bauphase hin. Warum aber soll ich jetzt durch die dunklen Gänge eines Tempels laufen? Noch dazu barfuß, da ja heilige Stätte? Unser Mr Han, hatte nämlich empfohlen immer schön aufzupassen, wo man hintritt. In Bagan gibt es erstaunlich viele Schlangenspezies und die lieben dunkle Tempelbauten. Daran muss ich jetzt beim Betreten dieses Tempels gerade denken. Egal, Augen zu und durch. Oder besser nicht zu. In den Tempel fällt zwar nur wenig Licht durch die kleinen Fenster, aber irgendwie wirkt es magisch. Ein Lichtstrahl beleuchtet exakt das Gesicht Buddhas. Hier ist er im wahrsten Sinne der Erleuchtete.

That Bin Nyu Tempel in Bagan

Auf den letzten Kilometern hatten wir ständig einen Tempel im Blick. Ich glaube, von dem habe ich Bilder von allen Seiten. Ist ja auch kein Wunder, denn der That Bin Nyu ist das höchste Bauwerk im ganzen Pagodenfeld und von überall sichtbar. Na, welcher König wollte denn hier mit einem 61 m hohen Bauwerk protzen und dem Nirvana ein wenig nachhelfen? Es war König Alaungsithu, der den Koloss im 12.Jhdt in Auftrag gab. Da sollte ich jetzt wohl auch einen Blick hineinwerfen. Nun ja, außen kommt er mit schönen Verzierungen einher, aber das Innere finde ich eher langweilig. So geht es mir übrigens mit vielen der Must-See-Tempel von Bagan. Ich finde es viel spannender, was sich in den eher kleinen und unscheinbaren Gebäuden an Schätzen so findet.

Blick auf den That Bin Nyu Tempel in Bagan

Viele dieser Tempel haben nicht mal Namen, sondern nur Nummern und doch sind sie außergewöhnlich, wie der kleine Tempel mit den vielen Figuren in den Außennischen.

Bevor wir uns ein nettes Plätzchen fürs Mittagessen suchen, erkunden wir noch einen weiteren Komplex mit Türmchen und Buddhas.

 

Unter schattigen Bäumen lasse ich mich nieder und genieße einen wirklichen leckeren Fisch.

 

Dann brauch ich aber unbedingt eine Pause. Erstens knurrt mein Magen und zweitens bin ich gerade nicht mehr aufnahmefähig und sei die Pagode noch so faszinierend und einmalig.


Nat Taung Kyaung in Bagan

Gestärkt kann es weiter gehen. Zur Abwechslung steht jetzt ein wunderschönes Holzkloster auf dem Programm.

 

Keiner weiß so genau, wann das Nat Taung Kyaung erbaut wurde, doch man geht davon aus, dass es das älteste, der noch erhaltenen Holzklöster der Gegend ist. Obwohl sie aus strapazierfähigem Teakholz erbaut sind, sind sie doch sehr anfällig. Feuer, Insekten, Feuchtigkeit und auch Erdbeben setzten ihnen zu. Ich vermute mal, dass eine Spende für den Erhalt einer Pagode mehr Punkte fürs Nirvana bringt, als der Erhalt eines Holzklosters. Schade eigentlich. Ich finde die nämlich wunderschön.  

Nat Taung Kloster in Bagan

Unsere Rundtour hat uns wieder nach Neu-Bagan geführt und wir stehen jetzt vor einem massiven Bauwerk, der Sitanagyi Pagode. An den Außenmauern finden sich noch Überreste von Lotusblumen und eine Arme von 39 Elefanten. Die waren bestimmt mal hübsch anzuschauen; heute kann man sie nur noch erahnen. Angeblich soll das Innere der Stupa von Tunnels durchzogen sein. Wir beschränken uns jedoch auf die Außenansicht.

Den nächsten Stopp legt Win an einer sehr unscheinbaren Pagode ein. Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, hier mal einen genaueren Blick drauf zu werfen. Tja, individuell und auf eigene Faust unterwegs zu sein hat sicher seine Reize, aber gerade in Bagan ist ein guter Guide sein Geld mehr als wert. Und was versteckt sich jetzt in dieser Pagode? Win hat inzwischen den Tempelwächter ausfindig gemacht, der uns in die heiligen Hallen eintreten lässt. Wow, das hätte ich jetzt hier nicht erwartet. In einem Rundgang befinden sich hunderte von Steintafeln mit allen möglichen Abbildungen. Ich bin geflasht. Auch wenn es ein anstrengender Tag ist und ich des öfteren die Orientierung verloren habe, in solchen Momenten weiß ich, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe und nicht mit der Gruppe losgezogen bin.

Kurze Zeit später sind wir am Fluss angelangt und

werfen einen kurzen Blick in die Lawkananda Pagode. Die wirkt jetzt gar nicht so alt und doch stammt sie aus dem Jahr 1059 und beherbergt eine Kopie der Zahnreliquie aus Sri Lanka. Bagans erster König, Anawrahta ließ sie zusammen mit vier weiteren Pagoden zum spirituellen Schutz der Stadt errichten. Ob sie wohl deshalb in den 1990igern vergoldet wurde?

 

Ich werde jetzt mal ordentlich die Glocke schlagen. Dreimal versteht sich.

Steinkloster in Bagan

Nicht weit entfernt zeigt Win mir noch ein weiteres Schmankerl. Das Ingyin Steinkloster ist komplett aus versteinertem Holz erbaut. Wirkt auf mich ein wenig, wie aus einem Disneyfilm entsprungen.

Kloster aus versteinertem Holz in Bagan

Eigentlich bin ich für heute auspagodet, aber Win will wohl jede Minute Sonnenlicht nutzen und so geht es zum nächsten Komplex. Hier stehen zwei größere Monumente recht nah beieinander, was wohl für Bagan eher unüblich ist. Es handelt sich dabei um die Sein Nyet Ama Pagode und den Sein Nyet Nyima Stupa.

Sein Nyet Ama Pagoda in Bagan

Auch diese beiden haben unter dem letzten großen Erdbeben 2016 gelitten, sind aber inzwischen wieder restauriert. Mir gefallen ja besonders die vielen Miniaturstupas an den Ecken und die kleinen Figuren in den Nischen.  

Bevor wir uns dem Sonnenuntergang widmen, kommen wir noch an einem weitere Klosterkomplex, dem So Min Gyi Kloster vorbei. Viel steht von diesem recht großen Komplex nicht mehr, aber man kann gut erkennen, wie so ein Kloster mit seinen Mönchszellen aufgebaut war. Einen Buddha gibt es dann zum Abschluss des Tages auch noch.

Lieber Win, wenn du mich jetzt zu noch einer Pagode führst, verweigere ich die Mitarbeit. Ich bin jetzt definitiv nicht mehr aufnahmefähig. Zum Glück ist es aber bereits kurz vor Sonnenuntergang und so suchen wir uns ein Plätzchen am Fluss. Ok, da steht auch eine Pagode, aber die lass ich jetzt mal durchgehen. Mit uns sind nur wenige Touristen an diesem Platz, aber ausgerechnet die eigenen Landsleute müssen sich danebenbenehmen. Man sollte sich im Vorfeld vielleicht doch ein wenig mit dem Land beschäftigen, dass man besuchen möchte. Dann wüsste man nämlich, dass Pagoden auch dann noch heilig sind, selbst wenn sie halb verfallen sind. Deshalb heißt es trotzdem Schuhe aus. Die Burmesen sind ja erstaunlich gelassen, was das angeht, aber als dann noch die Bierdosen geöffnet werden, spricht ein junger Mann die Gruppe an. Ob die wohl in einer deutschen Kirche auch die Kronkorken fliegen lassen würden?

Tuk Tuk in Bagan

Ich habe mir ein Plätzchen außerhalb des Tempels gesucht und Bier mag ich sowieso nicht. Na, liebe Sonne, dann tauche mal ein in den Ayeyarwady.

Sunset am Ufer des Ayeyarwady

Ziemlich ko, aber voller Eindrücke bin ich zurück im Hotel und muss jetzt erst mal das Gesehene sacken lassen.

Morgen ist mein letzter Tag in Myanmar. Eigentlich wollte ich mit der Gruppe zum Mount Popa, aber nach der Erlebnis mit den Affen in Monywa, finde ich die Idee nicht mehr so prickelnd. Ich glaube, ich dreh lieber mit Win und seinem TukTuk noch eine Runde durchs Pagodenfeld.


goldene Pagoden - Bagan 2