Langsam wird das Wetter wieder besser, aber für eine Tagestour auf dem Burgensteig ist es Frauchen noch zu unsicher. Wir wollen aber nicht noch eine Tag daheim bleiben und Frauchen hat da so eine Idee. Es gibt da die Grenzenlos-bewegen-Projekte von Annette Egarnter. Die sind zwar eigentlich für Kinder gedacht, aber wer sagt denn, dass Drachen daran nicht auch Spaß haben können?
Wir werden uns also auf eine Art Schnitzeljagd im Auenwald begeben. Da das Ganze mit Märchen zu tun hat, habe ich (Wotan) so lange gequengelt, bis Frauchen mich und meine neue Drachenfreundin Akemi mitgenommen hat. Akemi war auch gleich Feuer und Flamme.
An manchen Stellen hat Frauchen die Geschichte etwas umgeschrieben, denn Drachen sind ja schließlich keine Königskinder und reisen nicht mit der Kutsche an.
Die steinernen Bänke, an denen die Tour beginnt, eignen sich aber nicht nur als Kutschenausstieg, sondern geben auch einen perfekten Drachenlandeplatz ab.

Das nenn ich doch mal eine perfekte Punktlandung.
Hier wartet bereits die erste Aufgabe auf uns. Wir Drachen kennen uns ja bestens mit den Pflanzen des Waldes aus, besonders wenn sie essbar sind. Akemi muss mich gleich mal testen. "Na, schreib doch mal den deutschen Namen der Corylus Avellana in den Sand", fordert sie.
"Hi hi, glaubst du ich bin blöd? Erstens weiß ich die Antwort und zweitens steht sie doch auf dem Schild."
Im Wald wachsen jedoch noch viele andere Pflanzen. Habt ihr gewusst, dass einige davon auf der Roten Liste stehen und geschützt sind?
Die darf drache weder ausgraben noch pflücken.

Hüpfend soll es nun die sandige Treppe nach oben gehen. OK, das ist jetzt für Königskinder etwas leichter zu bewältigen, als für uns Drachen, aber wir haben es geschafft.

Wir sind an der Zeitschranke angekommen. Hier ist der Eingang zur Märchenwelt. Frauchen sagt, die könne drache nicht so einfach durchschreiten. Zuerst seien fünf Liegestütz fällig. Ist doch kein Problem für einen durchtrainierten Drachen, wie mich.

Anschließend soll ich im Limbo-Dance unter der Schranke durch tanzen. Echt jetzt?
Das stellt sich als etwas schwierig heraus, denn irgendwie ist mein Drachenschwanz dabei im Weg. Ich habe die Aufgabe aber trotzdem gemeistert, auch wenn es vielleicht nicht so elegant aussah.

Akemi lacht sich schlapp und marschiert dann hoch erhobenen Hauptes unter der Schranke durch.
"Musst nicht alles glauben, was Frauchen dir erzählt", kichert sie.

Wie gut, dass ich ihr nicht böse sein kann und so laufen wir gemeinsam weiter und biegen laut Plan in den Kammerwörth ein.

Man munkelt, dass die große graue Mamba hier gerne ihr Mittagsschläfchen hält. Und richtig, ich kann ihr Schnarchen schon hören. Akemi will jetzt ganz mutig sein und balanciert auf ihr herum. Sie hat wohl noch nie eine wütende Mamba erlebt, die man aus dem Schlaf geweckt hat. Zum Glück ist sie heute nicht aufgewacht. Sie schuppt sich wohl gerade und hat deshalb einen besonders tiefen Schlaf. Trotzdem machen wir uns schnell wieder auf den Weg. Man weiß ja nie.

Nach einer Weile treffen wir auf einen Steinblock. Ist ja eigentlich nichts außergewöhnliches, aber der rostige Bügel hat es uns angetan. Was wohl passiert, wenn wir daran ziehen?
"Komm, lass uns mutig sein“ ruft Akemi und schon hat sie den Bügel zwischen den Pfoten.
Kaum hat sie daran gezogen, ertönt eine Stimme. Wer mag das sein? Wir schauen uns genauer um und entdecken eine kleine Schnecke. Sie erklärt uns, wo es weiter lang geht. Hoffentlich haben wir das alles richtig verstanden. Sie hat nämlich ein wenig genuschelt.

Eigentlich wollte Schneckchen uns begleiten, aber sie hat heute keine Zeit und ist in Eile. Hihi, geht das überhaupt bei einer Schnecke?
Da wir Drachen sind, rät sie uns, den Baum mit Punkt zu suchen. Dort würden wir auf einen Kumpel treffen, der uns den weiteren Weg erklären könne. Königskinder würde sie dort normalerweise nicht hinschicken, da die in der Regel Angst vor Drachen hätten. Dabei sind wir doch so liebenswerte Wesen.
Der Drache ist jedenfalls sehr nett und wir quatschen ein wenig, doch irgendwann müssen wir weiter.

20 Schritte sollen es von hier zum nächsten Waldbewohner sein. Sind das jetzt aber Drachen- oder Menschenschritte? Ist ja schon ein kleiner Unterschied. Wir entscheiden uns dafür, erst mal 20 Schritte zu gehen und dann nach einem Trampelpfad Ausschau zu halten. Akemi hat super scharfe Drachenaugen und hat den Pfad sofort entdeckt.

Wir hören jemanden ein leises Liedchen trällern und folgen dem Gesang. In einem Baumstumpf treffen wir auf die Elfe Fiona, die sich sofort bereit erklärt, uns ein Stück durch den Auenwald zu begleiten. "Damit ihr mir nicht verloren geht", trällert sie leise.

Wir sind noch nicht weit gekommen, da stoppt sie an einem riesigen Baum und pfeift dreimal kurz. Rosalie, die kleine Eule lebt hier und sie beschließt sich uns anzuschließen.
Nicht ganz uneigennützig, wie sich herausstellt, denn sie braucht unsere Hilfe. Der liebe Rotmütz hat sein Herz verloren und wir sollen ihr helfen, es zu finden.

Mit verlorenen Herzen kenne ich mich aus und rasch habe ich es gefunden. Aber was ist das? Das Herz lässt sich nicht anheben. Es ist fest im Boden verankert. Da ist guter Rat teuer oder du fragst einfach eine kluge Eule.

Sie rät mir, das Herz zu berühren und dann hoch in die Luft zu springen. Das Ganze zehn mal. Au weh, das artet hier ja in Arbeit aus, aber es klappt und nach dem 10ten Sprung ist das Herz frei.

Akemi nimmt es vorsichtig in die Schnauze und bringt es zum hohlen Baumstumpf.
Dort wartet Rotmütz schon sehnsüchtig darauf. Er bedankt sich tausendmal bei uns und fragt, ob er uns zum Dank den weiteren Weg weisen darf. Klar darf er. Wir verabschieden uns von Fiona und Rosalie und folgen Rotmütz, vorbei am Grenzstein bis zur übernächsten Kreuzung.
Da schallt plötzlich ein Hilferuf aus dem Wald. Wir folgen dem Rufen und müssen erst mal kichern.
Ein Riese steckt bis zu den Schultern im Boden. Hat wohl beim Kopfstand üben sein Gewicht unterschätzt.
Na, hättet ihr den Riesen auch sofort erkannt?

Akemi hat Mitleid mit dem armen Kerl und versucht verzweifelt ihn am Hosenboden aus dem Waldboden zu ziehen. Doch er ist einfach zu schwer. Den bekommen selbst wir beide zusammen mit vereinten Kräften nicht frei. Was nun?

Doch da kommt uns schon Radagast, der Zauberer zu Hilfe. Während wir den Riesen umkreisen, spricht er den Zauberspruch: "Kopfstand hin – Kopfstand her – der Riese war zu schwer. Lass du Boden des Waldes locker – wir fallen nicht vom Hocker - gib den Riesen frei der Erde – auf das es endlich hell für ihn werde.“
Und was sag ich euch, es funktioniert. Ach, was sind wir wieder gut heute.

Irgendwie ist allen Bewohnern des Märchenwaldes heute langweilig und so begleitet auch Radagast uns ein Stück. Er will uns in die Zukunft schauen lassen und führt uns zur Röhre. Viel zu sehen ist da nicht, aber immerhin ist Licht am Ende des Tunnels und dann kann ich sogar Akemi sehen. Ob mir meine Fantasie da wohl gerade einen Streich spielt? Oder ist das ein gutes Zeichen für unsere Beziehung?
Ich denke noch über meine Zukunft nach, da taucht Fiona wieder auf. Sie braucht Hilfe bei der Kontrolle der Nistkästen.

Was die Königskinder hier so alles verlieren? Sogar ihre kostbaren Kronen. Wie mag die wohl in den Nistkasten gekommen sein?

Akemi will gerade Nummer vier kontrollieren, da schnauzt sie ein wütender Kraken an. "Was machst du denn mitten im Wald?“ fragt sie ihn. Hank, so heißt er, erklärt ihr, er hätte sich verlaufen und wolle einfach nur zurück in seinen Zaubersee.

Akemi schaut das glitschige Wesen etwas irritiert an. Sie weiß nicht so recht, was sie davon halten soll. Sie hat aber ein gutes Herz und nachdem Hank sich für sein doch etwas rüdes Verhalten entschuldigt hat, darf er auf ihrem Rücken zum See reiten.

Kurze Zeit später erreichen wir den Zaubersee. Wird auch Zeit, denn der Kraken ist nicht so leicht, wie Akemi dachte.
Doch der Weg ans Wasser ist durch umgefallenen Baumstämme versperrt.
Da werden wir uns wohl einen anderen Zugang suchen müssen.

Ein Stück weiter finden wir zum Glück eine passende Stelle.
Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie glücklich der gute Hank war, als er endlich wieder ins kühle Nass eintauchen konnte. Wir winken ihm zum Abschied und schwupps ist er in den Fluten verschwunden.

Unser Weg führt uns jetzt zum mächtigen Vater Rhein. Hier verlassen uns Fiona und Radagast. Ihnen ist der Fluss nicht geheuer und sie bleiben lieber im schützenden Auenwald. So ziehen wir alleine weiter. Wir mögen Flüsse, auch wenn wir keine Wasserdrachen sind. Es ist immer wieder toll, Schiffe zu beobachten oder Steine ins Wasser zu werfen.

Ein Pusteblumen-Wettpusten ist unter Feuerdrachen immer wieder ein geliebter Wettstreit. Klar, dass ich die Drachenlady gewinnen lasse. Bin ja schließlich Kavalier.

Akemi meint gehört zu haben, dass am Stein Nummer neun eine kleine Nixe wohnt. Da wir gerade in der Nähe sind, begeben wir uns hinab zum Flussufer.

Wenn wir daheim einen Ausflug zum Rhein machen, warnt Frauchen uns immer, nicht zu nahe ans Ufer zu gehen. Die großen Schiffe können nämlich ordentliche Wellen produzieren und keiner von uns möchte gerne in den Rhein gesogen werden.
Wir konzentrieren uns so sehr auf den Fluss und eventuelle Schiffe, dass wir beinahe über Amarine, die kleine Meerjungfrau gestolpert wären.
Sie nimmt gerade ihr tägliches Sonnenbad zwischen den Steinen und freut sich über einen Plausch mit uns.
Nach einer Weile drängt Frauchen jedoch zum Aufbruch.

Kurz darauf erreichen wir die Mauer des alten Schlossgartens. Ich bin neugierig und will da unbedingt hoch klettern, um einen Blick auf den Palast zu werfen.
Nun, so toll ist er jetzt auch wieder nicht. Da bleib ich doch lieber mit meinen Kumpels in der Drachenburg wohnen.

So langsam wird es für uns auch Zeit, den Heimweg anzutreten. Am Rhein sind wir wohl zu früh abgebogen. Kommt davon, wenn Frauchen die Route nicht ausdruckt. Deshalb konnten wir auch das magische Buch nicht finden, um uns darin zu verewigen. Hätten wir mal besser Radagast nicht gehen lassen.
Akemi hat wohl noch zu viel Energie, denn sie fordert mich zu einem Wettrennen auf. "Wer zuerst an den dicken Bäumen ist“, ruft sie und saust los.
Wow, das Drachenmädchen ist richtig schnell, aber gewonnen hat sie nur, weil sie bereits einen Vorsprung hatte, bevor ich reagieren konnte.

Obwohl wir uns verlaufen haben, sind wir kurze Zeit später auch schon wieder an der Zeitschranke angelangt und verlassen die Märchenwelt.
Und glaubt ja nicht, ich mach euch nochmal den Limbo Dance. Darauf falle ich nur einmal rein.
Aber die Tour war super und hat uns riesigen Spaß gemacht. Wir freuen uns jetzt schon auf die Veröffentlichung der nächsten Tour.
Kommentar schreiben