Gestern noch Antwerpen, heute schon Amsterdam. So schnell kann es gehen.



Tulpen und Grachten
06.11.2018



Schon früh um 06:00 Uhr legt das Schiff in Amsterdam an. Perfekt, da ich nur den Vormittag für Amsterdam habe. Unser Schiff liegt genial am Anleger Nähe Hauptbahnhof, wenn auch in zweiter Reihe. Mit uns liegen da nämlich noch sieben andere Schiffe und es ist nicht mal mehr Saison.
Auch Amsterdam hat einen wunderschönen Bahnhof, aber im Gegensatz zu Antwerpen nur von außen. Er ruht auf drei Inseln und wird getragen von 8700 Pfählen. Nicht jeder war bei seiner Erbauung glücklich über die Lage. So imposant und prächtig er auch sein mag, er versperrt den Blick auf den Ij.
Hier starte ich meinen Vormittagsrundgang durch die Stadt und werde die ganze Zeit immer irgendwie am Wasser entlang laufen.


Ich folge der Damrak bis zur Börse. 1903 war ihre dreieckige Form aus Ziegeln, Stahl und Glas etwas Neues und Besonderes in Europa und wurde sicher mehrfach kopiert.
Schräg gegenüber entdecke ich eine nette Passage mit Fischen und anderem Seegetier.
Der folge ich jetzt aber nicht, sondern kehre zurück zur Damrak, die mich direkt zum Königspalast führt. Königspalast ist vielleicht ein wenig übertrieben, auch wenn hier die Straßenlaternen Krönchen tragen. Früher war das das Rathaus der Stadt und auch heute lebt die Königsfamilie hier so gut wie nie. Die haben zwei Paläste in Den Haag und bringen hier nur Staatsgäste unter. Deshalb weht hier auch keine Flagge am Haus.

Manchmal übernachten sie hier wohl doch. Obwohl, Krönungen und Hochzeiten stehen ja jetzt nicht so häufig an.
Wie praktisch aber, dass neben dem Palast die Nieuwe Kerk steht. Sie ist seit 1814 Krönungskirche der Niederlande und manchmal wird hier auch königlich geheiratet. Neue Kirche ist jedoch etwas irreführend, denn sie ist mit 600 Jahren die zweitälteste Kirche der Stadt.

Amsterdam ist ja bekannt für seine Grachten. Alle werde ich nicht ablaufen können, dazu gibt es zu viele und für eine Grachtenfahrt reicht mir leider nicht die Zeit.
Ich habe inzwischen den Singel erreicht. Dieser Grachtengürtel liegt direkt an der Innenstadt und galt früher sogar als Stadtgrenze.
Überall queren kleine Brücken die Grachten und doch ist Amsterdam nicht die Stadt mit den meisten Brücken. Venedig übrigens auch nicht. Die Torensluis-Brücke ist eine davon und gilt als älteste erhaltene Brücke der Stadt. Ist jetzt aber auch nicht viel anders, als die anderen und die Hebebrücken, die ich später noch sehen werde, gefallen mir sowieso besser.

Ich war ja schon viel in der Welt unterwegs und mich schockt wenig, aber es ist weniger gefährlich in Dehli oder Kairo eine viel befahrene Straße zu überqueren, als in Amsterdam eine Nebenstraße. Du läufst immer Gefahr, dass dich ein Radfahrer über den Haufen fährt. Die schleichen sich vollkommen lautlos an. Zebrastreifen scheinen für sie nicht zu gelten und selbst auf Fußwegen geben sie den Takt an. Ein Grund, warum es Amsterdam nie auf die Liste meiner Lieblingsstädte schaffen wird.
Ein wenig schlendere ich noch entlang des Singel und an der Herrengracht zurück. Hier stehen die einzigartigen Häuser, für die Amsterdam so bekannt ist. Schon seltsam, dass in einer Großstadt so schmal und niedrig gebaut wurde. Das hatte aber seinen Grund. Früher wurden die Steuern nach Gebäudebreite am Kanal berechnet. Klar wollte da jeder ein schmales, aber dafür langes Haus haben. Irgendwo musste man ja den Wohnraum unterbringen. Hatte aber zur Folge, dass die Treppenhäuser entsprechend eng und schmal waren. Da kam kein Möbelpacker durch. Was nicht durch die Tür geht, geht aber vielleicht durch die Fenster und dazu bedarf es nur eines Flaschenzugs. Die hervorstehenden Balken kann man heute noch bewundern.
Mir fällt auch auf, dass einige der Häuser recht schief stehen. Kein Wunder. Der Boden ist hier feucht und sandig und die Gebäude stehen auf Holzpfählen. Kein besonders stabiler Untergrund und so hat man sich auch nicht getraut viel höher als fünf Stockwerke zu bauen. Die Bebauung ist aber dicht genug, da werden die schiefen Häuser wohl hoffentlich von den anderen gehalten.
Nach zig Brücken, die die Herrengracht überspannen, biege ich wieder Richtung Singel ab.
Wer kennt nicht das Lied "Tulpen aus Amsterdam“. Klar, dass es in Amsterdam auch einen Blumenmarkt gibt. Der besteht aus lauter schwimmenden Ständen. Ich finde ihn aber eher enttäuschend. Blumen gibt es fast keine, nur Zwiebeln. Vielleicht ist es aber auch die falsche Jahreszeit. Dafür gibt es Holztulpen und anderen Touristenkitsch im Überfluss.

Für heute habe ich den weitesten Punkt meines Rundgangs erreicht. Hier mündet der Singel in die Amstel, von der Amsterdam ihren Namen hat und hier wacht der Münzturm.
Ich folge der Binnenamstel ein Stück und treffe endlich auch auf die schönen Hubbrücken.

Für mich wird es jetzt höchste Eisenbahn für den Rückweg zum Schiff. Dabei komme ich an der De Waag vorbei. Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich dabei um die ehemalige Stadtwaage. Ursprünglich diente sie als Stadttor, doch ab dem 17.Jhdt wurden hier schwere Gegenstände, wie z.B. Anker gewogen. Im Oberen Stockwerk waren die Zünfte zu finden, jede mit einem eigenen Zugang.
Rundherum ist das chinesische Viertel, erkennbar aber nur an den chinesischen Schriftzeichen. Da habe ich schon schönere Chinatowns gesehen.
Aber auch hier am Kanal Häuser, die gleich umzukippen scheinen.
Zurück am Liegeplatz muss ich nicht durch ein fremdes Schiff steigen, denn inzwischen liegt die BRAVA in erster Reihe und hat Besuch von einem Reiher bekommen.

Mir bleibt noch etwas Zeit für ein Mittagessen und dann geht es weiter auf Ausflug. Auf dieser Reise ist das mein einziger gebuchter Ausflug. Städte wie Antwerpen und Amsterdam kann man wunderbar auch auf eigene Faust erkunden.
Edam und die Zaanser Windmühlen sind zwar mit öffentlichen Verkehrsmittels erreichbar, aber nicht in einem halben Tag.
Was fällt einem zu Holland als erstes ein? Klar, Tulpen, Käse und Windmühlen. Tulpen, zumindest in Zwiebelform, hatte ich heute schon. Windmühlen stehen jetzt auf dem Programm. Leider verschwinden die typischen Windmühlen immer mehr. Sie sind einfach zu teuer im Unterhalt und nicht mehr auf dem neusten Stand der Technik. Deshalb findet man sie oft nur noch in Freilichtmuseen. Zaanse Schans ist so eines. Es ist sogar das bekannteste in den Niederlanden. Wie gut, dass die Saison zu Ende ist. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was bei einer Million Besucher pro Jahr während der Tulpenblüte hier los ist.

So kann ich in Ruhe einen Blick auf die wunderschönen Windmühlen und die historischen Gebäude werfen. Einige standen bereits hier und andere wurden aus ganz Holland hertransportiert und originalgetreu wieder aufgebaut. Es gibt sogar noch Häuser, die bewohnt sind.
Der Eintritt auf das Gelände ist frei, aber für den Besuch der Mühlen muss man zahlen. Dafür haben wir aber sowieso keine Zeit, leider.
Für einen Besuch beim Holzschuhmacher reicht aber die Zeit und der eine oder andere wird wohl auch ein Souvenir gekauft haben, ganz im Sinne des Erfinders.

So schade, dass die Sonne bereits um 17:00 Uhr untergeht. Da bleibt jetzt nicht mehr viel Zeit für die kleine Stadt Edam. Edam kennt wohl jeder, kommt doch da der Käse her.
Edam ist jetzt aber nicht so groß und hat auch nicht so viele Sehenswürdigkeiten, dass wir es bis zur Dunkelheit sogar noch schaffen alles zu sehen. Edam stand immer auf der Liste der Städte, die ich gerne mal sehen wollte. Jetzt steht es auf der Liste "kann man, muss man aber nicht“
Am Eingang der Stadt begrüßt uns die Grote of Sint Nicolaaskerk. Der große Kirchturm ist schon von weitem zu erkennen und von oben hatten man den perfekten Blick auf jeden Feind, der sich der Stadt nähern wollte.
Einst war sie katholisch, doch von den Heiligen ist nichts mehr zu sehen, nur noch leere Sockel. Seit 1979 ist sie offiziell wieder in Gebrauch (auf evangelisch)
Mitten im Ort der Markt, wo früher Käse gehandelt wurde und noch heute die Kaaswaag steht. Im Mittelalter war hier der Mittelpunkt des Geschehens. Hier wurde Käse gewogen, gehandelt und in die ganze Welt verschickt.
Als die Käseproduktion 1922 zunehmend in Fabriken erfolgte, war Schluss mit dem Markt.
Heute, in Zeiten des Internets, wird online gehandelt, aber während der Sommersaison wird den Touristen hier einmal wöchentlich Käsemarkt vorgespielt.

Wo es eine Grote Kerk gibt, gibt es in der Regel auch eine Kleine Kerk. Von der ist aber nur noch der Turm vorhanden. Dafür aber mit einem wunderschönen Glockenspiel, dem wir jetzt in der Dämmerung lauschen.
Von hier geht es durch den Ort retour zum Bus. Dabei kommen wir an einer Apotheke vorbei.
Interessant, wie die früher gekennzeichnet wurden. Lesen konnten ja viele Menschen nicht und so waren im Fenster ein paar Köpfe mit offenen Mündern und Pillen zu sehen.
Zurück nach Amsterdam geht es über die Autobahn. Ohne Stau, denn der ist in die andere Richtung. Die Pendler sind auf dem Heimweg.
Alle Mann an Bord heißt es um 18:30 Uhr und die BRAVA macht sich auf den Weg nach Düsseldorf.








auf dem Fluss
07.11.2018


Heute ist ein Tag auf dem Fluss. Wir fahren bergauf und brauchen einen ganzen Tag bis Düsseldorf. Bedingt durch den niedrigen Wasserstand sind wir noch langsamer unterwegs. Geplante Ankunft in Düsseldorf ist um 17:00 Uhr. Da braucht man dann nichts mehr planen, denn dann ist es dunkel.
So ein Flusstag hat aber auch etwas Entschleunigendes. Man kann ein Stündchen länger schlafen und statt Frühstück gibt es heute Brunch bis 13:30 Uhr. Allerdings macht es durchaus Sinn am Abend einen Blick ins Bord-Journal zu werfen. Die werden nämlich aus einem bestimmten Grund verteilt, nämlich dem, die Passagiere zu informieren. Dann bräuchte frau sich auch nicht zu beschweren, wenn um 13:30 Uhr das Buffet abgeräumt wird, obwohl es doch normalerweise bis 14:00 Uhr Mittagessen gibt. Oh weh, wieder ein Passagier, der mit knurrendem Magen bereits um 18.45 Uhr im Restaurant sitzt, damit er nur ja nicht den Startschuss zum Abendessen verpasst. Wie gesagt, es könnte ja um 19:15 Uhr bereits alles weg sein.
Ich habe meine Hausaufgaben gemacht und kann mich gesättigt aufs Sonnendeck zurückziehen und die Landschaft an mir vorbeiziehen lassen.

Düsseldorf erreichen wir dann tatsächlich bei Dunkelheit. Da das Schiff aber bis 23:00 Uhr hier liegt, beschließe ich doch einen kurzen Bummel am Rhein entlang zur Altstadt zu machen. Auf Bier steh ich nicht, aber ein Eis gönne ich mir doch. Schon verrückt, dass man Mitte November noch geöffnete Eisdielen findet. Viele Restaurants haben sogar im Freien gedeckt.
Bleiben will ich in der Stadt aber nicht. Es hat angefangen zu nieseln und da ist der Gedanke an einen letzten Cocktail in der gemütlichen Lounge an Bord doch zu verlockend.




bis bald
08.11.2018


Schon irgendwie gemein, dass um 05:45 Uhr der Wecker klingelt, damit man um 06:00 Uhr den Koffer pünktlich vor der Tür platzieren kann. Da ich mich aber für die individuelle Abreise entschieden habe (mit dem Transfer zum Bahnhof Duisburg wäre ich viel zu früh gewesen) und das Frühstück bis 08:30 Uhr serviert wird, kann ich mich noch mindestens ein Stündchen aufs Ohr legen.
Bin jetzt nur mal gespannt, wo mein Koffer landet. Eigentlich hätte er ein grünes Band bekommen sollen (= individuelle Abreise), bekommen hat er ein graues (= Transfer nach Köln) mit dem Vermerk individuelle Abreise. Entweder sind die grünen aus oder jemand hat geschlafen.
Zum Glück hat aber ein Crew-Mitglied aufgepasst, denn er war schon auf dem Weg zum Bus nach Köln. Da hat A-ROSA aber noch mal Glück gehabt. Ich wäre ihm jedenfalls nicht hinterher gefahren.
Um 08:30 Uhr heißt es dann auch für mich bye-bye BRAVA. Schön war es wieder.




Fazit meiner dritten A-ROSA Flusskreuzfahrt:
Man fühlt sich auf den Schiffen sofort zuhause und das Essen ist sehr lecker. Die Themen der jeweiligen Buffets hätte ich ohne Bord-Journal aber weder an der Deko noch an den Gerichten erkannt.
Wie bereits auf der Seine-Tour sind manche Nachmittagsausflüge leider nicht Fotografen freundlich.
Ob man eine Käserei bei Dämmerlicht besichtigt, wäre ja ziemlich egal, bei einer Stadt wie Edam ist das eher von Nachteil.
Auch habe ich wieder die Panoramalounge vermisst, die ich auf der Rhone-Tour so geliebt habe. Da hatte man freien Blick nach vorne. Wozu braucht ein Spa Blick auf den Fluss?





