Weiter geht es in die südliche Toskana. Ob wir dann endlich die typischen Zypressenalleen sehen werden?
Vorher muss ich aber noch einen Tag Kunst in Florenz über mich ergehen lassen.

Florentiner Meisterwerke
20.04.2022

Heute geht es noch mal nach Florenz. Florenz ist ja die Stadt der Kunstwerke und da ist ein Besuch der Uffizien Pflicht. Ich sehe das ein wenig anders. Ok, ich bin ein Kunstbanause und muss mir nicht jedes wichtige Gemälde in echt anschauen. Außerdem gibt es in den Uffizien so viele Kunstwerke, dass drache die gar nicht an einem Tag sehen kann. Ich hätte jetzt kein Geld dafür ausgegeben, aber der Besuch ist nun mal dabei und irgendwie werde ich die zwei Stunden schon herumkriegen. Ich hätte es ja viel spannender gefunden den alten Schleichweg der Medici zu laufen. Der führt von den Uffizien über die Ponte Veccio bis zu deren Palast. Eine Kirche lag auch auf dem Weg, wenn die Herrschaften mal Lust auf Gottesdienst hatten. Natürlich ist auch dieser Geheimgang mit Kunstwerken bestückt. Und nein, die sind nicht lang gelaufen, sondern wurden in Sänften getragen. Doch zurück zu den Uffizien. Ich glaube in der Renaissance hat gefühlt jeder Maler die Madonna mit Kind gemalt. So viele Madonnen habe ich ja noch nie auf einem Haufen gesehen. Irgendwann ist es mir dann auch egal, ob die ihr Kind unlogisch trägt, der Engel von links einschwebt oder die Perspektive stimmt. Frauchen, ich will hier nur noch raus.

Zum Glück bin ich irgendwann erlöst und weil es Frauchen so ähnlich erging, wie mir, gönnen wir uns jetzt erst mal einen leckeren Erdbeerbecher mit einer Kugel Zitroneneis.

Die restlichen Stunden bis zur Abfahrt schauen wir uns ein wenig die Umgebung rund um die Piazza della Signoria an.
Da zieht doch ein gut gebauter Jüngling meine Blicke auf sich. Nicht, dass ich neidisch wäre. Ich finde, ich bin auch ein sehr gut gebauter Drache. Frauchen meint zwar, ich hätte nicht so einen tollen Waschbrettbauch, sondern eher einen Waschbärbauch. Ne oder, was weiß die denn schon. Ihr habt es sicher erkannt, das ist der berühmte David von Michelangelo. Allerdings nicht das Original.

Eigentlich wollten wir ja wenigstens einen Blick in den Innenraum des Palazzo Vecchio werfen, aber irgendwie ist die große Eingangstür verschlossen. Ein Blick ins Internet sagt uns aber, dass er eigentlich offen sein müsste. Dann sollten wir mal schauen, ob es vielleicht noch einen Nebeneingang gibt.

Bingo, ein mal um die Ecke und wir können eintreten. Den Museumsteil sparen wir uns. Für heute habe ich mehr Kunstwerke gesehen, als ich verkraften kann. Der Innenhof mit seinem Säulengang und den Fresken ist aber schon sehenswert. Hätte ich jetzt nicht gedacht, dass sich hinter der schlichten Fassade des Palastes so ein schöner Innenhof versteckt.

Warum der Löwe jetzt aber so grimmig schaut, weiß ich wirklich nicht. Ich habe den nicht geärgert, ich schwöre es. Vielleicht würde er auch lieber draußen in der Sonne stehen, wie der David.

Frauchen meint, wir hätten noch Zeit bis zur Abfahrt und könnten uns noch ein Kirche anschauen. Echt jetzt? Können wir nicht lieber noch ein Eis essen? Frag mich ernsthaft, was mit Frauchen los ist. Die steht doch sonst nicht so auf Kirchen.

Santa Croce hat aber wohl die meisten Kunstschätze aller Kirchen von Florenz zu bieten und sie ist so eine Art Ruhmeshalle. Hier ist nämlich begraben, wer in Florenz Rang und Namen hatte. Michelangelo und Galilei sind nur zwei davon. Doch nicht überall ist drin, was drauf steht. Der Dichter Dante Alighieri hat hier zwar einen Sarkophag rumstehen, aber begraben ist er in Ravenna und die wollen ihn auch nicht rausrücken.

Schließlich müssen wir uns doch auf den Weg machen, denn wir wollen heute noch nach San Gimignano, wo wir die letzten Nächte wohnen.
Auf dem Weg zum Bus kommen wir an der berühmten Ponte Vecchio vorbei. Lange war sie die einzige Brücke über den Arno und auch der Geheimgang der Medici führt ja oben über diese Brücke.
Ursprünglich hatten hier Handwerker, vor allem Metzger, ihre Verkaufsstände. Da die Läden ja mehr oder weniger in der Luft hingen, mussten keine Steuern gezahlt werden. Kühlschränke gab es ja zu jener Zeit noch nicht und so könnt ihr euch sicher vorstellen, wie es dort gestunken hat. Im wahrsten Sinne des Wortes, hat es auch den Medici gestunken, wenn sie in ihrer Sänfte dort entlang getragen wurden. So beschlossen sie, dass von nun an Goldschmiede in die Verkaufsbuden einziehen sollen. Gold (äh Geld) stinkt ja bekanntlich nicht.

Unser Hotel für die letzten Nächte liegt in San Gimignano und gefällt mit tausend mal besser, als das andere. Es ist in einem ehemaligen Palazzo untergebracht und die Zimmer haben was von Burg. Da fühle ich mich als Drache doch gleich so richtig heimisch.


Manhatten des Mittelalters
21.04.2022

Für den heutigen Tag ist Regen angesagt. Deshalb wird das Programm umgestellt und wir fahren erst nach Volterra.
Gegründet wurde die Stadt von den Etruskern und war einst ein wichtiges Handelszentrum.
550 Meter liegt der Ort hoch und von hier oben kann ich einen ersten Blick auf die toskanische Landschaft werfen.

Wir betreten die Stadt durch die Porta all'Arco, das alte etruskische Tor. Später haben die Römer es dann etwas umgebaut und im zweiten Weltkrieg wäre es beinahe zerstört worden. Doch die Einwohner der Stadt haben den Torbogen einfach mit Steinen ausgefüllt. Gut gemacht, denn so können wir das Tor heute noch bewundern.

Durch enge Gassen geht es hinauf zur Piazza die Priori mit dem gleichnamigen Palast. Der ist übrigens das älteste Rathaus der Toskana. Kommt der euch irgendwie bekannt vor? Wo haben wir den schon mal gesehen? Na? Richtig, der Palazzo Vecchio in Florenz ist eine Kopie.

Irgendwie wirkt hier alles ein wenig düster.
Ich schaue mich immer mal wieder vorsichtig um und kontrolliere auch die Seitengassen. Warum ich plötzlich so ängstlich bin? In Volterra leben die Volturi, einer sehr mächtigen Vampirfamilie. Wer die Bücher über Bella und ihren Vampirfreund Edward gelesen hat, weiß wovon ich rede. Nicht, dass die noch irgendwo hervorkommen und mich abschleppen. Deshalb bin ich um jeden Sonnenstrahl dankbar. Vampire mögen doch keine Sonne, oder?
Wie gut, dass gleich um die Ecke der Dom steht. Nicht, dass ich jetzt so scharf darauf wäre noch einen Dom von innen zu sehen, aber dort hinein wird sich sicher kein Vampir verirren. Auch hier wieder eine angeblich sehenswerte Kanzel. Ich kann langsam keine mehr sehen, aber ich glaube noch zwei, drei Kanzeln mehr und ich kann die Führung übernehmen und die Figurengruppen erklären.

So und jetzt ratet mal, was gegenüber liegt? Richtig, ein weiterer Whirlpool. Frauchen schaut mich ganz böse an und meint, mir würde der nötige Ernst fehlen. Nach gefühlt hundert Baptisterien ist das ja auch kein Wunder und ich kann mit diesen Ganzkörpertaufbecken auch nicht wirklich was anfangen. Ich mag die Vorstellung nicht, dass drache da komplett unter Wasser getaucht wird.

Es wird jetzt glaube ich mal Zeit, der Renaissance und dem Mittelalter den Rücken zuzukehren und uns in die Zeit der Römer zu begeben. In Volterra ist das möglich, denn hier stehen noch die Überreste eines alten Theaters. Von oben kann drache sogar die Wasserbecken der angeschlossenen Thermen erkennen. Bin ja ein neugieriger Drache und möchte wissen, wo denn die Löwen und anderen Raubtiere untergebracht waren. Doch Frauchen schüttelt den Kopf. Hier hat es wohl nur harmlose Theateraufführungen gegeben. Doch nur ein kleines Stück entfernt hat man gerade die Überreste eines Kolosseums entdeckte und da hat es dann ganz sicher auch Gladiatorenkämpfe mit Löwen gegeben.

Bis zur Abfahrt haben wir noch ein wenig Zeit und so schlendern wir noch zu einer weiteren Ausgrabung, der ehemaligen Akropolis. Leider braucht es da sehr viel Fantasie, auch nur irgendetwas zu erkennen. Spannend finde ich die alte Zisterne, die noch erhalten ist. Eine schmale Wendeltreppe führt hinab. Auf halber Strecke murmelt Frauchen was von Vampiren und dreht wieder um. Ich glaube ja, dass ihr die Wendeltreppe nicht so geheuer war und sie deshalb nicht bis ganz nach unten gehen wollte. Ich tu mal so, als würde ich ihr die Story mit den Vampiren abkaufen.

Bisher hat das Wetter ja zum Glück gehalten. Wir hatten sogar ein paar Sonnenstrahlen in Volterra. Doch jetzt fängt es an zu regnen und es wird ungemütlich. Den geführten Rundgang durch San Gimignano beschließen wir daher zu schwänzen und ich möchte ausdrücklich erwähnen, dass es nicht sehr schwer war, Frauchen dazu zu überreden. Sie schiebt es zwar auch aufs Wetter, aber ich glaube, sie mag auch keinen Dom mehr von Innen sehen und hätte er noch so tolle Fresken. Ich bin ja sowieso der Meinung, drache muss nicht jeden Dom in Italien gesehen haben.
Nach reiflicher Überlegung entschließen wir uns aber trotz Nieselregen zu einem Rundgang durch diese mittelalterliche Stadt. Wer weiß schon, ob das Wetter am Abreisetag besser ist.
Der alten Stadtmauer folgend, geht es einmal um den Ort und und immer wieder hat drache Einblicke in alte, enge Gassen und auf die vielen Türme, die der Stadt den Beinamen Manhatten des Mittelalters gegeben haben. Wenn ich nicht wüsste, dass wir in Italien sind, würde ich ja sagen, der alte Disney hat sich hier ausgetobt oder wir sind in einem Filmset in Hollywood gelandet. Sieht richtig toll aus, aber ich kann mir auch vorstellen, dass der Unterhalt dieser alten Häuser mächtig ins Geld geht.

Diese schlanken, hohen Türme prägen das Bild der Stadt. Was soll ich euch sagen. Unter den herrschenden Familien der Stadt entstand ein Wettstreit. Jeder wollte den höchsten Turm sein eigen nennen. Doch war ihnen eine Grenze gesetzt. Höher als das Rathaus durfte keiner bauen.
Ich glaube ja nicht, dass die in den Türmen gewohnt haben. Dazu sind die Fenster jetzt wirklich zu klein, aber von oben hatte man bestimmt eine prima Sicht und wusste sofort, wenn ein Feind sich näherte. War ja nicht nur die Höhe des Turmes, um die gewetteifert wurde, nein es wurde sich auch gekloppt: papsttreue Guelfen gegen kaisertreue Ghibellinen. Da hat sich so manch einer eine blutige Nase geholt.

Am Ende unseres Rundgangs sind wir dann doch wieder am Dom und dem Rathaus angelangt. Irgendwie kann man die in keiner toskanischen Stadt umgehen. Irgendwann steht drache doch auf dem Domplatz.
Im Palazzo Comunale, dem Rathaus wurde im Mittelalter Recht gesprochen. Dass das wohl nicht immer mit rechten Dingen zuging, beweist ein Spruch an der Wand, der besagt: "Ich verspreche, du wirst siegen, wenn du dich mit dem Geldbeutel beeilst". Also wirklich. Da heißt es doch immer, Geld sei nicht alles, aber irgendwie regiert es doch die Welt. Bin ich froh, dass ich mir als Drache da keine Gedanken drum machen muss.


Zypressen und Fresken
22.04.2022

Am Morgen höre ich schon die Regentropfen aufs Dach hämmern. Das kann ja ein toller Tag werden. Ausgerechnet heute, wo wir die typische Landschaft der Toskana anschauen wollen.
Südlich von Siena liegt die Crete und hier findet man sie, die typischen sanften Hügel, unterbrochen von den Zypressenalleen, die zu den Gehöften oder Weingütern führen.
Diese Zypressen sind ja typisch für die Toskana. Spricht man über die Toskana, fallen sie einem sofort als erstes ein. Witzigerweise sind sie überhaupt nicht typisch für die Gegend. Sie wuchsen hier früher gar nicht, sondern wurden aus Afghanistan hierher gebracht. Da sieht man mal wieder, was den Touristen so alles als Original verkauft wird und die glauben das auch noch.
Heute mal kein Dom sondern ein Kloster. Auch nicht viel besser, aber die Abtei Monte Oliveto Maggiore ist nun einmal ein bedeutendes Benediktinerkloster des Landes. Drei Adelige beschlossen 1313 ein gottesfürchtiges Leben in Abgeschiedenheit zu führen. Wäre jetzt so überhaupt nicht mein Ding, aber jeder wie er möchte und ihr könnt mir nicht erzählen, dass so mancher Mönch nicht auch mal schwach wird und hübschen Mädels hinterher schaut. Glaubt ihr nicht, dann schaut euch später mal die Fresken im Kreuzgang genauer an.
Übrigens lebten die Jungs mehr oder weniger nach den Regeln der Benediktiner, aber sie wollten wohl doch ein wenig anders sein und nannten sich Olivetaner. Der Mitbegründer Bernado steht als Statue vor dem Kloster. Besonders hübsch war der jetzt nicht. Ob er sich wohl deshalb für das Klosterleben entschieden hat?

Das Kloster hat natürlich auch eine Kirche. Die muss man jetzt aber nicht unbedingt gesehen haben, genauso wenig wie die Bibliothek.
Spannend finde ich aber den Kreuzgang mit seinen 36 Fresken, die Szenen aus dem Leben des heiligen Benedikt zeigen. Unter anderem auch die oben genannte Szene mit dem Verführungsversuch durch die jungen, leicht bekleideten Damen. Da half dann nur ein nacktes Bad im Dornbusch. Na, ob das wirklich geholfen hat?
Zum Glück müssen wir uns nicht die Geschichte zu jedem der Fresken anhören, obwohl ich die heute mal recht interessant finde. Drache erkennt schon mehr Zusammenhänge, wenn ihm die Szenen erklärt werden. So, wie die Geschichte mit dem Mönch, der das Kloster verlassen wollte und vor den Toren von einem Ungeheuer bedroht wird. Der war wohl schneller wieder im Kloster, als er Olivetaner sagen konnte. Warum das Monster jetzt aber einem Drachen ähnelt, kann ich so gar nicht verstehen. Ich jedenfalls hätte ihn nicht so verschreckt.

Nach so vielen religiösen Geschichten, verspüre ich doch ein leichtes Hüngerchen. Wie gut, dass heute ein Imbiss im Programm vorgesehen ist. Hier in der Gegend gibt es spezielle Nudeln, die wie dicke Spaghetti aussehen. Wir halten an einem Biobauernhof und können bei der Herstellung zusehen.

Ich finde ja, die sehen aus, wie ein Wollknäuel. Zuerst lausche ich noch ganz brav den Ausführungen des Meisters, aber irgendwann ist es mir so was von egal, wofür welche Mehlsorte genutzt wird. Ich habe jetzt Hunger und einen hungrigen Drachen lässt man besser nicht warten.

Zuerst gibt es einen leckeren Vorspeisenteller mit den verschiedenen Wurst- und Schinkensorten der Gegend und natürlich dem Pecorino, für den die Gegend berühmt ist. Das ist ein Schafshartkäse und es gibt ihn in drei Reifestufen. Lecker waren sie alle. Im Anschluss kommen dann die Pici mit einer Soße aus Tomaten und Knoblauch auf den Tisch. Ui, die hätten wir mal vor dem Besuch in Volterra essen sollen. Dann wäre uns kein Vampir zu nahe gekommen. Oder vielleicht doch? Der Knoblauch hier ist nämlich ein besonders milder, der auch nicht so extrem riecht. Ich kann also ohne Reue zuschlagen.

Zum Abschluss des Tages steht dann noch Pienza auf dem Programm. Pienza ist der Geburtsort von Papst Pius II und der wollte hier eine Musterstadt im Stil der Renaissance errichten. Ist ihm glaube ich auch ganz gut gelungen.
Pienza ist nicht sehr groß. Zentrum und Hauptplatz ist der Piazza Pio II. Hier stehen die bedeutenden Bauwerke der Stadt, wie der Palazzo Piccolomini., wo der Papst residierte. Natürlich bevor er in den Vatikan einzog. Wir werfen nur einen Blick auf den Kreuzgang. Zeit für eine Besichtigung haben wir leider nicht.

Da der Hauptplatz doch recht klein ausgefallen ist, hat man damals die Paläste an beiden Seiten im spitzen Winkel zur Kathedrale gebaut. Lässt den Platz nicht nur größer wirken, sondern ist auch typisch für die Renaissance, wo man viel mit Perspektive gearbeitet hat. Ganz schön clever, die Baumeister von damals.
Den schönen Dom hat es leider böse erwischt. Er steht auf einer Wasserader und seit einem Erdbeben 1545 sinkt der Chorraum ab. Da sind schon mächtig große Risse im Inneren. Was machen diese ach so tollen Baumeister nur? Bauen auf Schwemmland und Wasseradern und wundern sich, wenn ihre Bauwerke im wahrsten Sinne des Wortes den Bach runtergehen. Ich gehe dann mal lieber wieder vor die Tür. Die Risse werden zwar überwacht, aber drache weiß ja nie. Nicht dass plötzlich der ganze Chorraum unter mir wegbricht .Und wer ist es dann gewesen? Der kleine Drache natürlich.

Pienza ist jetzt wirklich nicht sehr groß und so drehen wir noch eine kleine Runde durch den Ort und kommen an den päpstlichen Sozialwohnungen vorbei. Die finde ich jetzt aber eigentlich ganz schick. In der Mitte war jedes mal ein Pferdestall und darüber die Wohnungen.
Der Papst hat sie damals bauen lassen, weil er in der Innenstadt ja Platz für seinen Palast und den Dom brauchte. Da muss das gemeine Volk eben weichen.
Vielleicht wollte man die auch einfach nicht in der Stadt haben. Da wohnten ja schon die Beamten und Militärangehörigen.


Zebrastreifen
23.04.2022

Jetzt ist schon der letzte Tag unserer Reise angebrochen. Irgendwie geht das immer viel zu schnell.
Ich bin schon mal in den Bus gehüpft und habe mich verkabelt, damit ich auch ja alles mitbekomme. Ist ja wichtig zu wissen, warum die Maria auf dem Gemälde ein blaues Kleid trägt oder die Engel nach links schauen. Scherz beiseite, so wichtig ist das für einen Drachen nicht und Frauchen darf den Kopfhörer gleich wieder haben, um den ausführlichen Erläuterungen zu Altären und Domfassaden zu lauschen. Ich glaube ja, dass sie auch nicht immer so genau hinhört. Zum Glück gibt es am Ende der Reise keinen Wissenstest. Den würden wir beide nicht bestehen.

Vom Busparkplatz kann ich einen ersten Blick auf die Stadt werfen, die malerisch auf einem Hügel liegt. Bedeutet für mich heute aber auch mal wieder bergauf, bergab. Über alles hinaus ragt der Dom mit seinem zebragestreiften Turm. Der ist aber noch ganz schön weit weg und steht bestimmt auf dem Programm.

Na, dann lass uns mal die Stadt erkunden. Überall in Siena trifft man auf die Wölfin mit den säugenden Jungen. Ich dachte immer, das wäre das Wahrzeichen von Rom. Doch angeblich wurde Siena von Senio und Ascanio, den Söhnen von Remus gegründet. Der Onkel Romolus war ihnen wohl nicht so wohlgesonnen und so mussten sie zu Pferd aus Rom fliehen. Die Pferde waren schwarz und weiß und deshalb findet man noch heute diese Zebrastreifen überall in der Stadt. Und nein, ich bezweifle, dass die beiden auf Zebras geritten sind.

Im Laufe der Zeit hat sich die Stadt dann zu einer mächtigen Stadtrepublik und Konkurrentin von Florenz entwickelt. Es gab sogar eine Münzprägestätte und dann lag die Stadt auch noch an der Via Francigena, der Handelsstraße zwischen Nordeuropa und dem Orient. Die haben wir ja in Pistoia schon als Pilgerstraße kennengelernt.
Kein Wunder also, dass hier das älteste Bankgebäude der Welt steht. Wusstet ihr, dass viele Begriffe aus dem Bankwesen aus dem italienischen kommen?
Kredit kommt zum Beispiel von credere, was so viel wie vertrauen bedeutet. Noch schöner finde ich aber Bankrott (banca rotta im italienischen). Die Geldwechsler der Renaissance hatte einfache Tische, an denen sie ihre Dienste anboten. Konnte jetzt einer seinen Verpflichtungen nicht nachkommen, wurde einfach sein Tisch zerstört > banca rotta. Drache lernt doch tatsächlich auch noch was fürs Leben auf dieser Reise.

Bevor wir uns auf dem Weg zum Dom machen (der bleibt mir in keiner toskanischen Stadt erspart), muss ich euch noch etwas über die Contraden erzählen. So heißen die Stadtteile von Siena. 17 Stück gibt es davon und wenn drache in den Straßen genau hinschaut, erkennt er kleine Keramiktäfelchen mit dem Symbol des jeweiligen Stadtteils. Die meisten haben ein Tier als Symbol und es gibt sogar die Drachen. Ist ja wohl klar, wo wir einziehen würden, sollte es uns mal nach Siena verschlagen. Ich muss jetzt gleich mal schauen, ob ich hier die Flagge der Drachen finde.
Früher waren die einzelnen Contraden fast wie kleine Städte. Jedes hatte seine eigene Verwaltung und Gerichtsbarkeit und natürlich eine Kirche. Wie das so ist gibt es befreundetet und verfeindete Contraden. Besonders die Feindschaften werden beim jährlichen Pferderennen gerne wieder aufgewärmt. Ich glaube, die wissen selber nicht mehr so genau, warum die überhaupt verfeindet sind. Da hat bestimmt der eine dem anderen mal die Freundin ausgespannt oder ihm einfach nur eins auf die Nase gegeben. Zum Palio komme ich dann später zurück. Jetzt geht es erst mal zum Dom.

Wow, das ist doch mal eine Fassade. Da hat sich der Baumeister aber ausgetobt und mit Ornamenten, Statuen, Mosaiken und Skulpturen nicht gegeizt.
Im Inneren ist er genau so gestreift, wie der Turm von außen. Beeindruckend ist aber der Domboden. Der ist über und über mit Einlegearbeiten aus farbigen Marmor bedeckt. Leider kann drache nur ein paar wenige sehen. Die meisten sind abgedeckt. Wäre ja aber auch schade, wenn dieser kunstvolle Marmorteppich von den vielen Touristen zertrampelt werden würde.

Wie war das doch noch gleich mit dem Wissenstest? Hatten wir so eine Kanzel nicht schon mal auf dieser Reise? Genau, so einer stand auch im Dom von Pisa rum. Frauchen meint ja, ich soll mit mehr Ernst an die Sache gehen. Verstehe ich gar nicht. Ich habe doch nur erwähnt, dass die für mich ein wenig wie die kleinen Kinderkarussells auf der Kerwe aussehen. Zwar ein wenig langweilig, nur mit Löwen als Reittier, aber immerhin.

Erinnert ihr euch an den Dom in Florenz, wo die ganze Stadt reinpassen sollte? Das schwebte wohl auch den Baumeistern in Siena vor. Schon bald empfanden sie ihren Dom als zu klein. Kann ja nicht sein, dass die Konkurrenzstadt einen größeren Dom hat. Doch es hat nicht sollen sein. Wirtschaftskrise und die Pest beendeten 1348 die Arbeiten und so ist heute nur ein Teil des neuen Längsschiffs zu sehen.
Ich wäre ja so gerne mit Frauchen oben auf die Plattform gestiegen. Von dort hätte man einen super Blick über die Stadt und den Dom gehabt. Leider war die Schlange viel zu lang. Immer wenn wir dachten, wir hätten es gleich geschafft wurden wir in den nächsten Raum mit einer noch längeren Schlange gelotst.
Irgendwann haben wir es dann aufgegeben.

Den Rest unserer Freizeit verbringen wir auf dem Il Campo. Dort steht in der Mitte die "Fröhliche Quelle", die Fonte Gaia. Heißt wohl so, weil die Menschen bei ihrer Einweihung in Jubelstürme ausbrachen. Die haben wohl nicht geglaubt, dass das über ein Aquädukt geleitete Wasser wirklich aus dem Brunnen sprudelt.

Dieser Platz im Zentrum von Siena ist wirklich wunderschön mit seinen vielen mittelalterlichen Häusern und Palästen.
Jetzt komme ich zum Abschluss noch mal auf den Palio zurück. Das ist ein Seidenbanner und das wollen die Contraden unbedingt gewinnen. Das geschieht beim Pferderennen, das hier zweimal im Jahr stattfindet. Da auf dem Rundkurs nur Platz für zehn Pferde ist, wird gelost. Die sieben Verlierer sind dann im zweiten Rennen automatisch dabei. Das ganze Rennen ist schon nach 80 Sekunden vorbei und dafür machen die so einen Aufwand. Übrigens ist es egal, ob der Jockey ins Ziel kommt. Reicht vollkommen, wenn das Pferd als erstes die Ziellinie überschreitet. Bereits vier Tage vor dem Rennen beginnen die Vorbereitungen und Zeremonien und danach wird der Sieger ordentlich gefeiert.

Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass es Zeit für den Rückweg ist.
Erstens bin ich müde und zweitens gibt es ja am Abend noch unser toskanisches Abschiedsessen. Viel Zeit bleibt uns nach der Ankunft in San Gimignano nicht
und dann schlagen wir zu. Es gibt wieder eine lecker Vorspeisenplatte mit Salami und Schinken und danach Tagliatelle mit Wildschwein-Bolognese. Die schmeckt richtig lecker. Schade, dass wir in Montecatini nicht so leckeres Essen hatten.

Arrivederci!
24.04.2022

War doch gut, dass wir am ersten Nachmittag noch unsere kleine Tour durch San Gimignano gemacht haben. Heute schüttete es wie aus Kübeln und ich bin heilfroh, einigermaßen trocken in den Minibus zu kommen, der uns zum Flughafen bringt.
Der Flughafen Florenz ist sehr übersichtlich, doch am Lufthansa-Schalter hat sich schon eine lange Schlange gebildet. Wie gut, dass wir auf dem Rückflug in Business fliegen. An dem Schalter stehen nur fünf Leute vor uns und trotzdem geht es nicht voran. Die werden doch nicht wegen dem Wetter die Flüge stornieren? Scheinbar hat Florenz aber ähnliche Probleme, wie Frankfurt. Das Kofferband streikt. Zum Glück geht es aber schon bald weiter und wir können uns auf den Weg Richtung Gate machen.
Business bedeutet ja auch Lounge-Zugang. Logisch, dass Lufthansa hier keine eigene Lounge hat, aber mit unserer Bordkarte dürfen wir in die VIP-Lounge. VIP ist die jetzt zwar nicht wirklich. da gehört mal aufgeräumt und die Tische abgewischt. Wenigstens gibt es einen Nudelsalat und ein Käsebrötchen.
Mit einer Stunde Verspätung starten wir dann Richtung Frankfurt. Das Essen an Bord entlockt mir jetzt auch keine Lobeshymnen, obwohl der Käsekuchen schon recht lecker war. Ehrlich gesagt, hätten wir für die Business bezahlen müssen, wäre es das Geld nicht wert gewesen.

Mir hat diese Reise gut gefallen. Ein wenig mehr Landschaft und dafür weniger Fresken und Kirchen wäre schön gewesen, aber ich wusste ja, auf was ich mich da einlasse. Eines weiß ich aber nach zehn Tagen Toskana; kennst du einen Dom, kennst du alle und das gleiche gilt für die Baptisterien.
Und wenn ihr mir jetzt alle Bilder durcheinander würfeln würdet, weiß ich nicht, ob ich die Kirchen und Doms den einzelnen Städten zuordnen könnte. Bei den Plätzen und Silhouetten bekäme ich das eher hin.
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