Mandelgebäck und steinerne Säulen
12.04.2016




Über Serpentinen geht es dann hoch hinauf zu unserem ersten Ziel, der alten Stadt Erice.
Eigentlich haben wir ja noch nichts geschafft, aber gegen eine kleine Stärkung ist doch nichts einzuwenden, oder? Schließlich ist der Ort bekannt für sein Mandelgebäck, die Pasticcini di Mandorla. Es handelt sich dabei um Mandelplätzchen, die mit Pistazien, Schokolade oder kandierter Zitronenschale verfeinert werden. Das schmeckt richtig lecker und die Sache mit den Kalorien vergessen wir erst mal. Die werden auf dem anschließenden Gang durch die Altstadt hinauf zum Kastell sowieso wieder verbrannt. Jetzt weiß ich auch, warum die Verkostung am Anfang ist.
Durch die Porta Trapani geht es in die Altstadt und schnell zeigt sich, dass wir noch längst nicht am höchsten Punkt angelangt sind.


Gleich neben dem Stadttor steht die Chiesa Madre mit dem 28 Meter hohen Glockenturm. Der sieht ein wenig aus, wie ein Wehrturm und kaum habe ich den Gedanken laut ausgesprochen, wird es vom Reiseleiter bestätigt. Er ist auch nicht direkt mit dem Kirchengebäude verbunden, denn der Turm gehört dem Bürgermeister, der Rest der Kirche.
Im Inneren ist sie ganz anders, als die, die wir bisher besichtigt haben. Keine goldenen Mosaiken blenden, sondern die ganze Kirche ist mit Stuck verziert, aber in einer angenehmen und nicht so aufdringlichen Art.

Von hier geht es jetzt durch enge Gassen steil nach oben. Wie gut, dass ich meine Stöckelschuhe heute im Koffer gelassen habe, denn bei dem 400 Jahre alten Kopfsteinpflaster wäre das eine zusätzliche Challenge geworden.
Und wie gut, dass wir es geschafft haben vor den anderen Gruppe Erice zu erreichen. Sonst wäre meine zweite Challenge geworden: wie fotografiere ich Gassen, die ich vor lauter Menschen nicht sehe?

Verdient haben wir uns die kleine Verschnaufspause im Stadtpark mit der Ruine des Castello di Venere, einst eine stolze Normannenburg.
Die Hafenstadt Trapani liegt uns zu Füßen, und in der Sonne glitzern nicht nur die Salzgärten sondern auch das blaue Meer. In der Ferne kann man sogar die Ägadischen Inseln erkennen.

Doch allzu lange darf der Blick nicht in die Ferne schweifen. Wir haben noch einiges vor am heutigen Tag und so geht es durch weitere enge Gässchen, vorbei an Kirchen und Klöstern zum Herz der Altstadt,
der Piazza Umberto I. Der könnte echt von Disney stammen oder als Kulisse für einen Mafiafilm dienen. Italienischer geht fast nicht.

Das kleine Städtchen Selinunte direkt am Meer bietet sich für eine Mittagsrast an. Gut, dass wir heute so früh dran sind, denn kaum haben wir uns niedergelassen, fällt der Rest der deutschen Veranstalter über den kleinen Ort her. Und wir haben noch nicht mal Hochsaison.


Dieser Kleine wäre doch der perfekte Zweitwagen: klein und wendig und mit der Bemalung findet man den auf jedem Parkplatz wieder.
Gibt es etwas schöneres, als eine Tempelstadt am Meer?

Wohl kaum und Selinunte ist eine davon.
Die alten Griechen gründeten sie 650 v.Chr. und nannten sie nach dem Wildsellerie (selinon), der hier reichlich wuchs. Die Lage auf einer Hochebene, eingerahmt von zwei Flüssen war ideal und schon bald florierte der Handel mit Olivenöl, Wein und Getreide. Das Geld floss und so konnte man sich prachtvolle öffentliche Gebäude und Tempel leisten. Hätte man es mal dabei belassen, doch Selinunte wollte mehr und versuchte ihrer Nachbarstadt den Hafen zu entreißen. Der Schuss ging nach hinten los, denn Segesta ließ sich das natürlich nicht gefallen und holte sich kurzerhand Hilfe bei den Karthagern. Die machten Selinunte dem Erdboden gleich und davon hat sich die Stadt nie mehr richtig erholt.
Die heutige archäologische Stätte erstreckt sich über ein großes Gebiet. Wir beginnen unseren Rundgang mit dem Heiligtum auf dem Osthügel. Leider wurden alle drei Tempel durch Erdbeben zerstört und bisher nur der E-Tempel wieder aufgebaut.

Bei dem Trümmerfeld, dass vom F- und G-Tempel übrig geblieben ist, braucht es schon einen guten Plan, um die Säulen und Bruchstücke in einen Tempel zu verwandeln. Wahrscheinlich wären am Ende doch ein paar Teilchen über, wie man das von IKEA Aufbauanleitungen kennt.

Gegenüber auf dem Hügel liegt die Akropolis.
Wie bei vielen antiken Städten üblich, waren auch hier Wohnbereich und öffentlicher Bereich klar getrennt.
Leider ist vom Stadtteil der Götter nicht viel erhalten geblieben. Nur eine einzige Säulenreihe hat man wieder errichtet. So kann man sich wenigstens ein Bild machen, wie es früher wohl gewesen sein mag.

Zwischen den Trümmern grünt und blüht es und so manche Eidechse sonnt sich auf einem der Steine.
Was da sonst noch so im Gestrüpp rumkriecht, mag ich mir lieber nicht vorstellen.
Mit ein wenig Fantasie, werden auch Wohn- und Arbeitsbereich wieder lebendig. Schön zu erkennen sind die breiten Hauptstraßen mit den Überreste von Geschäften, aber auch Privathäuser. In der Luxusvariante kamen die mit Badewanne daher.
Ein Blick auf die Uhr zeigt, es wird schon wieder Zeit sich auf den Weg zu machen. Bis zu unserem heutigen Hotel sind es noch gute 100 Kilometer.

Den Abend beenden wir mit einem kurzen Bummel und einer wunderschönen Aussicht auf die beleuchteten Tempel im Tal.

im Tal der Tempel
13.04.2016


Als hätten wir gestern nicht schon genug Trümmerhaufen gesehen, nein es geht heute gleich weiter mit den alten Griechen (dabei sind wir doch in Italien). Wie schon Selinunte, wurde auch das damalige Akragas zwischen zwei Flüssen errichtet, deren Mündung den Hafen der Stadt bildete.
Dazwischen entstanden prächtige Tempel, unterirdische Wasserkanäle und sogar ein künstlicher See. Aber wie das so ist in der Geschichte, immer wenn es dir gut geht, kommt ein fremdes Volk daher und erobert. In Fall von Agrigent, waren es erst 210 v.Chr. die Römer, gefolgt von den Vandalen, Goten und Byzantinern. Die sorgten dafür, dass von der einstigen Metropole nicht mehr als ein Dorf übrig blieb. Doch dann kamen die Araber und mit ihnen der Handel und ein erneuter Aufstieg zur Berberhochburg. Die Wehrmauer um den ehemaligen Akropolishügel und die Kathedrale am höchsten Punkt, hat die Stadt den Normannen zu verdanken.

Unser Fokus liegt aber heute auf den ersten Siedlern, den Griechen. Wie sich herausstellt, ist Tal der Tempel eine etwas irreführende Bezeichnung. Suggeriert es doch einen angenehmen Spaziergang zwischen griechischen Tempeln. Aber ich hätte ja gewarnt sein müssen. Schließlich liegt die Akropolis von Athen auch hoch oben auf einem Hügel und erfordert die Gene einer Bergziege, um zu ihr zu gelangen. Und tatsächlich ist es in Agrigent nicht anders, nur dass es hier mehr als einen Tempel gibt. Das mit der Kletterei hat sich aber Dank mitdenkendem Reiseleiter erledigt. Wir starten am höchst gelegenen Punkt und wandeln hinab. Dort unten sammelt der Busfahrer uns wieder ein. Genial und um die Glaubwürdigkeit der Sizilianer wieder herzustellen: vom heutigen Agrigent aus gesehen, liegen die Tempel wirklich im Tal, einem Tal mit Hügeln.
Warum man aber jetzt ausgerechnet hier Sicherheitskontrollen eingerichtet hat, verstehe ich überhaupt nicht. Hier tagt 100% kein Parlament und die Schlange, die sich jetzt vor dem Eingang bildet wäre ein besseres Ziel, als die verstreuten Gruppen auf dem riesigen Tempelgelände. Zum Glück ist unser Hotel keine 5 Minuten mit dem Bus entfernt, so dass wir Dank gutem Timing nur eine Schulklasse vor uns haben. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie das ein paar Stunden später aussieht, wenn Studiosus und Co auch eingetroffen sind.

Hoch oben auf der Spitze steht der Tempel der Hera. Von den ehemals 78 Säulen sind noch 25 erhalten. Die Frontseite war mit einer breiten Freitreppe versehen und vor ihr ein großer Opferaltar.
Hier fanden gemeinschaftliche Zeremonien statt und wurden den Göttern Schlachtopfer gebracht.
Wie sich das für eine anständige griechische Stadt gehört, gibt es natürlich auch eine Nekropole. Denkt man, doch der Weg führt uns vorbei an Mandel- und Olivenbäumen zur ehemaligen Stadtmauer. Dort finden sich zwar Gräber, aber die stammen aus byzantinischer Zeit und sind Familiengräber. Über jedem Grab wölbt sich ein Sonnenbogen.

Der berühmteste Tempel im Tal ist zweifelsohne der Concordia Tempel. Ist er doch neben Athen und Paestum einer der besterhaltenen griechischen Tempel und ein Wahrzeichen der Insel.
Das unebene, felsige Terrain, machte es nötig ihn auf einen Sockel zu stellen. Warum aber ist ausgerechnet er so gut erhalten? Liegt daran, dass er zweckentfremdet wurde und daher länger in Gebrauch war. Wobei zweckentfremdet nicht ganz korrekt ist, denn er blieb ein Haus der Götter.
Bischof Gregorius ließ in 597 kurzerhand in eine christliche Basilika umwandeln. War ganz einfach: Zwischenräume zwischen den Säulen zumauern, Eingang an die Westseite verlegen, Sakristei einbauen und die alten Götter vor die Tür setzten. Voilà, fertig ist die Basilika.
Erst 1748 wurde aus ihr wieder, was sie einst gewesen, ein griechischer Tempel.

Vor ihm liegt in voller Pracht der Liebling aller weiblichen Besucher, der ins Meer abgestürzte Ikarus. Zwar ist es eine moderne Bronzeskulptur, aber dennoch der Traum von einem Mann. Ob der Tempel im Hintergrund wohl deshalb so oft fotografiert wird?

Der älteste von allen ist der Tempel des Herakles. Seine Trümmer sind über das Areal verstreut und nur die acht Säulen der Südseite wurden wieder errichtet. Einst befand sich eine riesige Heraklesstatue aus Bronze im Inneren. Wie auch heute noch überall auf der Welt üblich, waren Lippen und Kinn von den Berührungen der Pilger abgenutzt. Verres, Statthalter auf Sizilien und bekannt dafür, dass er sich gerne widerrechtlich Kunstwerke aneignete, hatte ein Auge auf die Statue geworfen. Der Raub konnte ihm aber nie nachgewiesen werden.
Der Tempel des Olympischen Zeus war anders als die restlichen Tempel von Agrigent. Leider ist von diesem, einst größten sizilianische Tempel, nur ein riesiges Trümmerfeld übrig geblieben. Sonst würde man erkennen, dass dieser statt von Säulen von einer geschlossener Mauer mit Halbsäulen umgeben war.


Erbauen ließ ihn um 480v Chr. der Tyrann Theron nach dem Sieg über die Karthager, oder besser dem Sieg des griechischen Geist über die Barbaren. Bildlich dargestellt auch durch 8 Meter hohe Giganten mit karthagischen Zügen, die die Last des Gebälks tragen mussten. Kein Wunder also, dass der noch nicht ganz fertig gestellte Tempel 406 v Chr. bei der Eroberung durch die Karthager zerstört wurde. Kann ich den Jungs nicht verübeln.
Eine gute Stunde später sind wir in Piazza Armerina. Das hat seinen guten Grund und nicht nur, weil es sich als Stopp fürs Mittagessen anbietet. Die barocke Altstadt mit ihren engen Gässchen ist aber viel zu hübsch, um sie links liegen zu lassen. Ich verzichte aufs Mittagessen (ein Eis tut es auch) und mache mich auf den Weg.

Vom Parkplatz geht es vorbei am Theater


und der Kirche Santo Stefano, durch enge Altstadtgassen
bis zur Piazza Garibaldi mit einer weiteren Kirche und dem Rathaus. Hier genehmige ich mir dann auch mein Eis. Der Eisverkäufer meint es gut mit mir und türmt eine ordentliche Portion auf die Waffel mit dem Effekt, dass ich mein Eis vor der Tür fast schon wieder verloren hätte. Aber nur fast!

Ein kurzer Blick auf die Uhr bestätigt mir, dass ich es noch bis zum Dom schaffen könnte. Der befindet sich natürlich, wie sich das für eine sizilianische Stadt gehört on Top. Wie war das doch gleich mit der Bergziege?
Ich schaff das aber mit links und bin bereits 15 Minuten vor Abfahrt wieder am Bus.
Der Mittagsstopp war jetzt aber nicht der eigentliche Grund für die Fahrt hierher. Bevor wir uns auf den weiteren Weg zu unserem Tagesziel machen, steht noch ein Höhepunkt auf dem Programm, die Villa Casale.
In der spätrömischen Kaiserzeit stand hier einst eine prachtvolle Villa. 50 Räume hatte sie, aufgeteilt in einen privaten und einen öffentlichen Bereich. Von denen ist nicht viel übrig geblieben, konzentriert man sich auf die Architektur.

Zum Glück befindet sich das Besondere dieser Villa aber auf der Erde und das sind 120 Millionen farbige Würfelchen.
Wellness stand bei den alten Römern bekanntlich hoch im Kurs und so wundert es auch nicht, dass sich in dieser Villa ebenfalls eine große Thermenanlage befand. Zu sehen sind noch die Mosaiken im großen Auskleideraum,



Wir verlassen die Thermen und stehen im Atrium und dem Eingangsbereich der Villa. Hier befand sich einst ein rechteckiger Hof, der von einer Säulenhalle umgeben war. Der Boden des Wandelganges ist in quadratische Felder unterteilt. In diesen finden sich Tierköpfe, die von Lorbeergirlanden umgeben sind.
Faszinierend finde ich den Wandelgang der großen Jagd. 65 Meter lang ist der Korridor und das Mosaik zeigt die Jagd auf exotisches Großwild. Und was die nicht alles gejagt haben.
Nachdem wir Frauen ja bereits am Morgen unseren Traummann hatten, sind jetzt die Männer dran. In einem der Räume treffen wir auf die Bikinimädchen; Frauen die sich beim Sport ertüchtigen. Ganz ehrlich, da fand ich unseren Ikarus aber um Welten knackiger.


Abschließend gelangen wir in die Privaträume des Hausherrn, wo sich untere anderem der Speisesaal befand. Hier wurde sicher das eine oder andere Festessen abgehalten. Ich kann mir genau vorstellen, wie die Gäste auf den Speisesofas liegen und sich die Bäuche vollschlagen. Leider hat das Mosaik über die Taten des Herkules im Laufe der Jahre etwas gelitten.

Witzig finde ich auch die Wagenrennen mit dem Federvieh.
Ob die wohl einst ein Kinderzimmer geziert haben?

Nach so viel geistiger Nahrung an einem einzigen Tag, fordert der Bauch jetzt aber auch sein Recht.
Da passt es doch hervorragend, dass wir heute wieder mit sizilianische Spezialitäten verwöhnt werden.

der Feuerberg der Insel
14.04.2016


Ätna, brennender Berg der Berge. Wer kennt ihn nicht? Und ist er nicht auch einer der Gründe, warum man nach Sizilien reist?
3323 Meter ist er hoch und gilt als höchster und aktivster Vulkan Europas. Und ich dachte immer, auf Island hätte ich auf dem Pulverfass gesessen. Also lieber Ätna, lass dir noch wenigstens fünf Tage Zeit, bevor du wieder einen deiner 15 größeren Ausbrüche pro Jahrhundert in Angriff nimmst.
Der alte sizilianische Name lautet übrigens Mongibello und setzt sich zusammen aus den italienischen (mont) und arabischen (gebel) Wörtern für Berg und dem italienischen Wort für schön (bello).


Wer will kann aber noch höher. Das geht dann aber richtig ins Geld. Ob man die 63 Euro ausgeben möchte, um bis fast an den Gipfel zu kommen, muss jeder selber entscheiden. Nur bis Parkplatz macht meiner Meinung nach wenig Sinn. Man ist dann zwar auf dem Ätna, kann aber keinen der Hauptkrater sehen und muss ca 3 Stunden Zeit tot schlagen.
Klar könnte man von hier bis hinauf laufen, wenn man Zeit, Puste und die Bergziegengene hat, aber bei Rundreisen mangelt es ja schon an der Zeit und besonders schön ist der Weg hinauf nun auch nicht.

Bis auf 1900 Meter wagen wir uns heute mit dem Bus über eine der serpentinenreichen Bergstraßen.

Für mich stellt sich die Frage erst gar nicht, denn das Wetter ist super und der Wind noch so schwach, dass die Gondeln auch fahren. Also geht es mit denen vom Parkplatz aus erst mal auf 2500 Meter.Auch von hier könnte man jetzt theoretisch laufen (und 33 Euro sparen), aber der Weg wird nicht unbedingt schöner, deshalb gibt es für mich das volle Programm und ich lasse mich mit dem Allrad bis auf knappe 3000 Meter fahren. Wenn schon Ätna, dann so hoch wie möglich. Wer weiß, ob ich noch mal her komme.
Und hatte ich schon erwähnt, dass eine kleine Gruppe Gold wert und ein Reiseleiter, der das
bisschen mehr macht, das Tüpfelchen auf dem i ist? Bestimmt, aber man kann es nicht oft genug erwähnen. Unsere Gruppe hat das Glück, dass der Reiseleiter mit hoch fährt und seine Schäfchen schön zusammen hält. Das beschert uns einen eigenen Truck und Erklärungen in Deutsch. (nicht, dass ich mit Englisch Probleme gehabt hätte)
Und dann stehe ich endlich hoch hoben vor einem der vier Hauptkrater.

Von hier geht es nur mit Bergführer weiter und auch nicht höher. Schließlich ist der Ätna ein aktiver Vulkan, der zwar rund um die Uhr überwacht wird, aber man weiß ja nie.
Heute scheint er einen guten Tag zu haben; kein Grollen und Beben und das obwohl er seit einigen Tagen wieder raucht. Wie gesagt, halte dich noch ein wenig zurück liebe Oma. Für die Sizilianer ist es nämlich die Ätna. Liebevoll auch Oma genannt, weil sie so grummelig wie eine Oma sein kann, aber ohne will man auch nicht sein. Der Opa ist übrigens der nicht weit entfernte Stromboli.
Auf unserem kurzen Spaziergang kommen wir auch am Nebenkrater vorbei, der für die Zerstörung des Parkplatzes und der Seilbahn im Jahre 2012 verantwortlich war. Wie das aber so ist, wird immer wieder aufgebaut und zwar an der selben Stelle. Der Ort Zafarana am Hang des Ätna wurde bereits mehr als 50 Mal wieder aufgebaut. Ich glaube, man muss Sizilianer sein, um das verstehen zu können.
Zurück am Parkplatz bleibt noch ein wenig Zeit einen der Nebenkrater zu umrunden. Der Ätna hat vier Hauptkrater und inzwischen 350 Nebenkrater. Wie wir heute gelernt haben, entsteht ein Nebenkrater einmalig, wenn der Druck zu groß wird und kommt immer im Doppelpack daher. Hier wird es auch kein zweites Mal zu einem Ausbruch kommen. Also, wenn schon auf dem Vulkan bauen, dann am besten in unmittelbarere Nähe eines Nebenkraters.
Den Nachmittag verbringen wir weniger gefährlich in Taormina. Obwohl das wohl eher relativ ist, denn so weit entfernt ist der Ätna ja nicht und die Einwohner von Pompeji fühlten sich auch sicher. Eine trügerische Sicherheit, wie die Geschichte beweist. Wir verdrängen jetzt einfach mal den Ätna und widmen uns den Schönheiten Taorminas. Wobei das mit dem Verdrängen nicht so einfach ist, denn der phänomenale Ätnablick lockte schon Persönlichkeiten wie Kaiser Wilhelm II und Sissi.

Dabei war die Stadt nicht immer ein Tourismus-Hotspot. In der Römerzeit ließen hier hohe Beamte ihre Stadthäuser bauen. Mit der muslimischen Herrschaft konnte und wollte man sich aber nicht abfinden und rebellierte heftig. Keine Gute Idee, denn die Araber machten daraufhin die Stadt platt.
Richtig florierte sie dann erst wieder unter den Staufern im 13.Jhdt. Eine Zeit, in der viele der heute noch zum Stadtbild gehörenden Palazzi entstanden.
Die Rebellion muss den Einwohnern im Blut liegen, den nach einem Hungeraufstand im 17. Jhdt und dem damit verbundenen Entzug seiner Privilegien, verarmte Taormina.
Zum Glück kam 1863 der Landschaftsmaler Otto Geleng vorbei, ließ sich verzückt nieder und begann die romantischen Ruinen zu zeichnen und die Bilder in Paris auszustellen.
Das brachte die Wende und von nun an reisten Künstler und Hocharistokraten in die Stadt um die langen Winter im milden Klima zu verbringen. Und wenn die Einwohner nicht wieder glauben, gegen irgend etwas rebellieren zu müssen, wird das wohl auch so bleiben, wie die jährliche Million von Touristen beweist.

So manchen mögen die seltsamen Gebäude im Stadtpark verwundern, erinnern sie doch ein wenig an verfallene Tempel. Ende des 19. Jhdt. legten Engländer diesen Garten an. Ein Mitglied dieser englischen Gemeinde ließ die Gebäude zur Beobachtung von Vögeln bauen.
Da unser Hotel praktisch am Fuß der Altstadt liegt, lassen wir den Bus stehen und machen uns zu Fuß auf den Weg. Unser erster Stopp ist im englischen Stadtpark. Von hier hat man ebenfalls einen wunderschönen Blick auf die Grande Dame Ätna und die Küste.


Hauptanziehungspunkt von Taormina ist aber das Theater mit Traumblick auf Vulkan und Meer.
(Und da ist er wieder unser Ätna) Ursprünglich wurde das Theater von den Griechen erbaut und 500 Jahre später von den Römern überbaut und umgestaltet. Von da an diente es auch nicht mehr der Aufführung von Theaterstücken, sondern nur noch als Veranstaltungsort der, bei den Römern beliebten, Gladiatoren- und Tierkämpfen.
Ist ja toll für die Stadt Taormina, dass man das Theater im Sommer wieder als solches nutzt und einer Aufführung in eben diesem beizuwohnen ist bestimmt ein Erlebnis, aber mich stören die modernen Sitzreihen auf den alten Steinen ganz gewaltig.
Vom Theater führt der Weg durch Altstadtgassen (und hier gibt es wieder Balkone ohne Ende zu bewundern)

zur Kirche Santa Caterina >>



und dahinter ein weiteres kleines Theater aus der Römerzeit. Man vermutet, dass dieses Theater einem auserwählten Publikum vorbehalten war und neben Theateraufführungen auch Diskussionen und Vorträge stattfanden.
In der Antike war die Stadt durch einen Befestigungsring gesichert. Den gibt es nicht mehr, aber zwei der Stadttore sind noch erhalten, die Porta Messina und die Porta Catania.
Verbunden sind sie durch die Corso Umberto, eine etwa einen Kilometer lange Fußgängerzone mit vielen hübschen Nebengässchen. Taormina ist so hübsch, wenn nur die vielen Touristen (und leider auch Souveniergeschäfte) nicht wären. Jetzt ist noch nicht mal Saison, wie mag das dann nur in der Hochsaison sein, wenn sich Busladung um Busladung durch die Gassen schiebt.


Mich faszinieren ja die vielen Marzipanfrüchte, die es zu kaufen gibt. Die sind so gut gemacht, dass man sie für echtes Obst halten könnte.
In den kleinen Cafes gibt es aber auch Cannoli zu kaufen und die fehlen mir noch auf meiner Liste der sizilianischen Spezialitäten. Es handelt sich dabei um Röllchen, die mit Ricotta gefüllt sind. In meinem Fall sind noch Pistazien dabei und das Teil schmeckt echt nach mehr.

Der Fußgängerzone folgen wir jetzt einfach mal bis zum Piazza IX. Aprile mit Blick aufs Meer.
Hier stehen auch die Kirche San Agostino >>
und der Torre dell'Orologio. Einst war er ebenfalls Durchgangstor und bekam im 17.Jhdt. eine große Uhr verpasst.

Natürlich hat die Stadt auch einen Dom zu bieten. Wir sind ja schließlich in Italien und da gibt es Gotteshäuser wie Sand am Meer. Im Vergleich zu dem was wir bisher bereits gesehen haben, finde ich ihn aber nicht wirklich beeindruckend.


Ebenfalls am Platz die Kirche San Giuseppe.


Interessanter finde ich da schon den Barockbrunnen mit der Centauressa. Sie ist das offizielle Wahrzeichen der Stadt. Der Stierkörper symbolisiert den Hausberg, den Monte Tauro und der Frauenkörper mit Zepter und Erdkugel die Stadt Tauromenion.

Eine Besonderheit Taorminas sei aber noch erwähnt. Um sie zu entdecken, muss man den Blick nach oben auf die vielen Balkone werfen. Die sind ja an sich oft schon Kunstwerke, aber ich spreche von den eigenartigen Pflanzgefäßen in Form von Köpfen. Je nach Bepflanzung haben sie eine mehr oder weniger prachtvolle Frisur und sehen von weitem fast wie Menschen aus. Und das war auch Zweck der Übung. Man wollte damit den Piraten suggerieren, dass die Gebäude bewacht wären. Ganz schön trickreich und schön sieht es noch dazu aus.
Bevor ich mich mit Catania auseinandersetzte, geht es morgen noch für einen Tag in den Südosten - noch mehr Tempel gucken.